Hallo zusammen,
bevor ich mich für die nächsten 4 Wochen hier abhänge, noch etwas zu der Schubformel von Gegie. Diese lautete:
S= 65*(Pw^2*(D*0.0254)^2*1.885)^(1/3)
mit
Pw = Wellenleistung [W]
D = Prop-Durchmesser [inch]
S = Schub [p]
(die "65" habe ich statt hinten an den Anfang der Formel geschrieben, s.u.)
Und jetzt wäre es noch schön, wenn wir statt "65" besser "0,65" schreiben, dann kommt das Ergebnis in [N] raus (2% Fehler vernachlässigt). Also von jetzt ab
S= 0,65*(Pw^2*(D*0.0254)^2*1.885)^(1/3)
mit
Pw = Wellenleistung [W]
D = Prop-Durchmesser [inch]
S = Schub [N]
Das Wichtigste zuerst:
1.
Die Formel ist so ok und sollte gute Ergebnisse liefern.
2.
Die Formel kann man natürlich auch "für sich allein" und ganz allgemein verwenden, wenn man den Zusammenhang zwischen Wellenleistung und Standschub wissen möchte. Beispielsweise für den Schub von Heli-Rotoren.
3.
Man kann die Gleichung auch nach Pw auflösen und erhält so die notwendige Wellenleistung für einen vorgegebenen Schub. Beispielsweise, wenn es darum geht, die zun "hovern" von Normalmodellen oder im Schwebeflug von Helis nötige Antriebsleistung abzuschätzen. Vielleicht ist es für den einen oder andern auch mal ganz interessant zu wissen, was z.B. "Piccolo" oder "TriBelle" so an Antriebsleistung brauchen (geht natürlich auch für größere Helis).
4.
Wer sich dazu durchringen kann, den Durchmesser in [m] einzugeben, kann die "0,0254" in der Formel streichen.
Und jetzt noch etwas Hintergrund, Oberlehrer <ON>
In der einfachen "Strahltheorie" des Propellers wird folgende Formel für den Standschub eines idealen Propellers hergeleitet:
S_ideal = (P^2*F*rho*2)^(1/3)
mit unseren üblichen Einheiten
F = Propellerkreisfläche [m^2]
P = Wellenleistung [W]
rho = Luftdichte [kg/m^3]
S_ideal = Schub [N]
Die Herleitung ist ziemlich einfach und steht in jedem besseren Lehrbuch zur Strömungslehre, Aerodynamik o.ä., deshalb verzichte ich hier darauf. Man sieht aus der Formel z.B. schon, daß man einen hohen Standschub erreichen kann, wenn man nur (in sinnvollen Grenzen) die Kreisfläche groß macht.
Den Idealschub erreicht man natürlich in der Realität nicht. Es wird zusätzliche Leistung gebraucht wegen des Luftwiderstands der Blätter (der Löwenanteil), ungleiche Geschwindigkeit im Strahl, Drall des Strahls , u.a.m.
Im Stand ist der Wirkungsgrad eines Props Null, da er keine "Nutzarbeit" in strengen Sinn leistet. Damit man trotzdem ein Maß für die Effektivität hat, führt man den sog. "Leistungsgütegrad" oder kurz "Gütegrad" ein, er wird üblicherweise mit dem griechischen Buchstaben "zeta" bezeichnet. Man versteht darunter das Verhältnis der idealen zur realen Leistung für gleichen Schub, also
zeta = P_ideal / P_real
Man vergleicht die notwendigen Leistungen bei gleichem Schub, und nicht den unterschiedlichen Schub bei gleicher Leistung !! Das ist sehr wichtig, denn die Ergebnisse sind unterschiedlich! Das zeta "gilt" für die Leistung. Der Idealprop hätte einen Gütegrad zeta von 1. Reale Modell-Props/Rotoren haben ein zeta zwischen etwa 0,5 und 0,65 (wenn es nicht ausgesprochene "Krücken" sind).
Mit dem zeta ist dann die Formel
S = ((P*zeta)^2*F*rho*2)^(1/3)
Jetzt kann man das zeta aus der Wurzel rausholen und als Faktor davorsetzen:
S = zeta^(2/3)*(P^2*F*rho*2)^(1/3) = zeta^(2/3)* S_ideal
Wenn man jetzt noch F = D^2*pi/4 (D in [m]), rho = 1,24 [kg/m^3], und die 0,025 für die Umrechnung [m] => [inch] einsetzt, ergibt sich die vom Gegie angegebene Formel.
Fehlen nur noch das zeta^(2/3) bzw. der Faktor 0,65. Die beiden sind natürlich identisch,
und es ist hier zeta^(2/3) = 0,65. bzw. zeta = 0,65^(3/2) = 0,52.
Man (nicht nur ich) weiß aus vielen Messungen, daß sich zeta nur in einem relativ kleinen Bereich bewegt. Modell-Props/Rotoren mit einem zeta kleiner als 0,5 gibt es gelegentlich, aber die sind dann eher zum Harz anrühren geeignet und wir sollten sie nicht berücksichtigen.
Zeta größer als 0,6 ist bei Modellen schon sehr gut, als Spitzenwert habe ich ein einziges mal 0,64 gemessen incl. evtl. Messfehler.
Es ist also sinnvoll, 0,5 kleiner/gleich zeta kleiner/gleich 0,6 anzunehmen, oder zeta = 0,55 +/- 0,05.
Daraus jetzt zeta^(2/3) berechnet ergibt Werte 0,63 -- 0,67 -- 0,71. Oder 0,67 +/- 0,04.
Da liegt Gegie mit seinen 0,65 sehr gut.
Es ist schon bemerkenswert, daß diese einfache Formel so gut funktioniert. Selbst bei den "Großen" wird z.B. bei ersten Abschätzungen des Schubs von Hubschrauber-Rotoren im Schwebeflug diese Formel verwendet. Die setzen ein etwas größeres zeta ein, und die Luftdichte müssen sie natürlich auch entsprechend der Höhe einsetzen.
Nach Details wie Steigung, Blattzahl und -form braucht niemand zu fragen; das gibt diese einfache Theorie nicht her. Das heißt nicht, daß die Theorie falsch wäre, sie erlaubt eben nur eine geringe "Eindringtiefe" in die Aufgabe. Für die Details gibt es dann aufwendigere Verfahren.
Zum Schluß noch einen ganz anderer Ansatz:
Ähnlich wie schon bei der Leistung verwenden die Propeller-Spezialisten einen Beiwert, diesmal CT (thrust coefficient) genannt, damit ist dann
S = CT*rho*(n/60)^2*D^4
(andere Exponenten als bei CP beachten!)
Dieser Beiwert CT gilt auch wieder allgemein (auch im Flug), er ändert sich mit dem Fortschrittsgrad, und der Stand ist ein Spezialfall davon (Fortschrittsgrad = 0). CT wird auch in Versuchen oder durch Rechnungen ermittelt und in Diagrammen dargestellt.
CT hängt auch wieder von der Prop-Geometrie (Steigung, Blattform usw.) ab.
Für Vergleiche könnte man CT (für den Stand) relativ leicht aus nur Standschub- und Drehzahlmessungen ermitteln. Wir könnten dann ein ähnliches Diagramm wie für CP erstellen. Daraus könnte man detaillierter den Einfluß von z.B. der Steigung sehen.
So, jetzt reicht´s aber eigentlich, Oberlehrer <OFF>,
und Grüße,
Helmut
[ 01. November 2002, 20:44: Beitrag editiert von: haschenk ]