Rumpfformen der Meter-Boote (IOM und F5E)

ulfbodo

User
Ich sehe das anders - Schön ist was schnell ist!

Für mich geht Funktionalität immer vor Ästhetik. Mein M Boot ist sehr minimalistisch aufgebaut. Mehr als 20 Jahre Regattasegeln in verschiedenen RC Klassen haben mir gezeigt wie wichtig die einfachen Lösungen sind. Was nützt mir die super dichte, unsichtbare Schotführung wenn ich bei einem Leinenriss eine Stunde brauche um eine Neue einzufädeln? In der Zeit habe ich vier, fünf oder mehr Läufe verpasst. So viele Streicher kann ich gar nicht mehr einfahren um eine Chance auf eine vordere Platzierung zu haben.
Da gehe ich voll mit dir, wenngleich mein Anspruch ans Regattasegeln nicht übertriebener Ehrgeiz ist. Gewinnen und Spaß haben!
Aber eine einfache Segelsteuerung mit allen Trimmmöglichkeiten bei solider Bauausführung ist meine bewährte Philosophie zur Funktionität.

Das schließt eine gute Ästhetik aber nicht aus !!!
Wer grenzwertig baut, lebt immer mit der Gefahr eines Funktionsverlustes.
 

ger61

User
Gottseidank hat sich jetzt auch Torti zu dem thread dazu gesellt. Die Incognito GER 88 ist hier das erste design, dem ich bei einer meiner zahlreichen IOM - Regatten schon in Wirklichkeit auf dem Wasser begegnet bin.
In Anlehnung an eine alte Fußball-Weisheit frage ich: Wo sind bloß all die anderen "Wunderdesigns" wenn es darum geht, die "Wahrheit" auf das Wasser zu bringen?
 
Es gibt keine Wunderdesigns. Es gibt gute und nicht so gute.
Es gibt Designs, die in den richtigen Händen mehr können als sie sollten.
Es gibt ganz selten Designs, die die gesamte Entwicklung beeinflussen. Michael Scharmer hat so einen Fußabdruck hinterlassen mit seiner MK14.
Im Allgemeinen sieht man Evolutionen. Manche haben Sinn...viele sind Blender und zielen nur auf den Verkauf.
 
Michael Scharmer hat mit seinen Designideen der IOM Szene mehr als einen signifikanten Impuls gegeben.

Das andere herausragende Design der letzten Jahre ist ohne Frage die BritPop von Brad Gibson. Kein anderes IOM Design ist zu mehr WM, EM und unzähligen Nationalen Titeln gesegelt worden als dieses Boot. Und auch 13 Jahre nach dem ersten Regattaeinsatz, ist das Design in der Lage in der Spitze jedes Regattafeldes mitzufahren.
 
Genau das meinte ich, Nigel.
Brad hat in einem Interview mal gesagt, dass der Grundgedanke der Britpop auf die 14 von Michael zurück geht. Die Ähnlichkeiten sind ja auch da.
...aber auch da sieht man wieder, dass ein gutes Boot allein nicht reicht! Michael war ein sehr guter IOM-Segler und seiner Zeit voraus. Leider hat es nie für den ganz großen Titel gereicht.
Stollery soll mal gesagt haben "Wenn Michael segeln könnte..." Muss nach einem kleinen Matchrace gewesen sein, das er chancenlos gegen Michael verloren hat.

...und grundsätzlich halte ich die Geschichte hier für absolut ok! Es ist ne nette Datenbank, ein kleiner Blick in die Geschichte und vielleicht wird ja noch bisschen mehr draus.
Vielleicht ne Design - und Technikdatenbank. Ein paar nützliche Tipps kommen vielleicht auch dazu.
 

Shark_PS

User
Ahoi zusammen,

ich greife mal ein paar Themen aus verschiedenen Posts auf ...

Zuverlässige, robuste und auch einfache Technik bzw. Equipment sind für mich auch das A. und O. für jedes Regattaboot. Reparaturen auf einem Wettbewerb sind für mich das lästigste was es gibt, egal wie schnell die von der Hand gehen. Aber das ist aus meiner Sicht mit allen Rumpfdesigns vereinbar zumindest was das Unterwasserschiff angeht und darum geht es hier ja hauptsächlich, oder ... ?

Was die die Ästhetik angeht, harmonische kontinuierliche Linien gefallen nicht nur dem Auge sondern auch der Strömung, die mag keine abrupten Änderungen. Schöne Linien sind aber kein Garant für gute Performance, machen aber einen völligen Fehlgriff ehr unwahrscheinlich aus meiner Sicht.
Eine entsprechende farbliche Gestaltung kann die Optik und damit das persönliche Gefallen noch mal anheben, das interessiert die Physik aber nicht das geringste. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein gefälliges Design mehr Potential aus dem Skipper heraus holt, weil er sich freut und Spaß hat, als wenn er sein Boot nicht leiden Mag.
Rein optisch gefällt mir persönlich der Entwurf mit den Scow-Bow von Georg (vht) sehr gut, auch der RG Entwurf den er mal im RG-Forum gezeigt hat. Wenn ich mir dann aber so ein paar Details und Daten anschaue, glaube ich nach meinen aktuellen Kenntnisstand, dass man mögliches Potential verschenkt, was aber nicht heißen soll, das diese Designs nicht auch gut segeln !

Was mich halt am meisten interessiert ist, was für Eigenschaften ein Design zu einem performanten Design macht und durch welche Geometrienformen diese zustande kommen. Festzustellen, das gewisse Designs immer oben auf Ergebnislisten zu finden sind und dann was ähnliches nachzubauen / nachzuahmen empfinde ich als trivial. Erst wenn man die komplexen physikalischen Zusammenhänge verstanden hat kann man entsprechend optimieren und gezielt verbessern. Mit reinem Bauchgefühl kommt man da meiner Meinung nach nicht mehr weiter bzw. nur sehr langsam, da Try and Error Methode. Man muss da wissenschaftlicher ran gehen.

Und da erhoffe ich mir hier im Thread noch mehr Erkenntnisse für mich durch Input von anderen...


Zum Schluss dieses Beitrages möchte ich noch mal auf einen Designpunkt, der hier bei der Vorstellung schon mal angeschnitten wurde, etwas genauer eingehen und der Allgemeinheit die zusammenhänge etwas näher bringen. Und zwar die benetzte Rumpffläche.
Die benetzte Fläche trägt wesentlich zum Widerstand bei, Anteilsmäßig vor allem bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten unterhalb der Rumpfgeschwindigkeit und später deutlich überhalb dieser. Eine Optimierung hinsichtlich der Oberfläche scheint daher logisch. Der Halbkreis als Spantfläche hat das beste Verhältnis bezüglich Oberfläche und Flächeninhalt und ist somit prädestiniert für solch ein Vorhaben. Da das Verhältnis immer besser wird je größer die Kreisfläche ist, ist es logischerweise sinnvoll um die benetzte Fläche zu minimieren, wenn man einen großen Teil des benötigten Volumen mit einer großen Spantfläche in der nähe der Mitte (in Längsrichtung) des Rumpfes spindelartig konzentriert. Das ergibt dann automatisch einen kleinen prismatischen Koeffizienten (cp-Wert), welcher vorteilhaft für die Wellenbildung (Wellenwiderstand) bei kleinen Geschwindigkeiten ist. So ein Konzept mit sehr geringer benetzten Fläche ist dann ein sehr guter Glattwasserracer für wenig Wind.
Aber benetzte Fläche ist nicht gleich benetzte Fläche hinsichtlich des Widerstands, auch wenn diese gleich groß sind. Es kommt auch immer noch auf die lokale Strömungsgeschwindigkeit (nimmt zu bei voluminösen Spanten) an und die dazugehörige lokale Re-Zahl. Bei gleicher Strömungsgeschwindigkeit haben gleich große Flächen mit hoher Re-Zahl (z.B. Rumpf) einen geringeren Reibungswiderstand als welche mit kleiner Re-Zahl (z.B. Kielflosse).
Obwohl die benetzte Fläche ein relativ einfach zu bestimmender Parameter ist, ist das optimieren anhand dessen trotzdem nicht trivial wie man erkennen kann. Und die aktuellen IOM Rumpfformen und die Entwicklung dahin zeigen, dass auch noch eine Reihe anderer Faktoren mit berücksichtig werden müssen um ein performantes Design zu bekommen bzw. den besten Kompromiss über eine Vielzahl von Randbedingungen ...
 

ulfbodo

User
Guter Beitrag Shark,
Aber der Rumpf ist nur die halbe Miete.
Das Rigg und die Segel bieten mE viel mehr Optimierungspotential.
Ein effizientes "Flügel /Vorflügelsystem" und deren Trimm Möglichkeiten bieten wirkungsvolle, aber sensible Effizienzunterschiede. Die Beherrschung der Trimmmöglichkeiten und gut trainierte Taktik- und Steuerfähigkeiten haben mE den größten Einfluß aufs Vornesegeln oder Hinterherfahren 😉
Und das ist ein ständiger Prozeß, weil die Windbedingungen variabel sind.
 

ulfbodo

User
Und noch ein Nachtrag zum "Segelmotor" :
warum wird eine 7/8 Takelung verwendet?
Der aerodynamische Übergang von dem Kopf der Fock zum schön profilierten Großsegel ist mE mit wenig harmonischer Strömung möglich (Wirkungsgradverluste)
Das 7/8 Rigg verwendet man gerne an manntravenden Booten, um das Händeln der Fock auf dem Vorschiff zu erleichtern.
Man sollte doch mal auf die Fliegerei schauen - zB Fieseler Storch - Hochauftriebssystem über die ganze Flügelspannweite.
Ein weiterer Vorteil einer Toptakelung ist ein kürzerer Mast mit niedrigerem Segeldruckpunkt bei eicher Fläche und vor dem Wind eine symmetrische Segelfläche- weniger Gegenruder.
 
Thema Rigg ist relativ simpel abzuhaken.
Da es hier um F5-E / IOM geht, gibt es Klassenvorschriften. Die geben den Segelschnitt genauestens vor. Nicht nur die Fläche, sondern auch den Schnitt!
Da bei IOM auch noch Mast und Bäume definiert sind, bietet die tiefer angeschlagene Fock erweiterte Trimm-Möglichkeiten. Durch entsprechende Biegekurven des Mastes, kann durch Mastram und Achterstag sehr stark auf die Biegung und damit Trimm des Groß eingewirkt werden. Die Wanten samt Saling werden als weitere Trimm-Möglichkeit genutzt. So eine IOM ist ein kompliziertes Scheißerchen in Bezug auf den Trimm. Der Rumpf ist billigste Machart, aber der Rest ist nicht ohne.
 
Rumpfsteifigkeit: Leider bin ich in anderen Klassen unterwegs (Bigboat ORC und DF65, Mini40), stelle aber immer wieder Unterschiede im Bootshandling und der Geschwindigkeit bei gleichen Geometrien aufgrund unterschiedlicher Festigkeiten fest. Als ich meinen DF65 im Kielbereich (unrechtmäßig) verstärkt habe, konnte ich einen deutlichen Leistungsanstieg feststellen. Ähnliches beobachte ich auch bei großen Booten. In meinem nächsten Einrumpf-Modellboot werde ich darauf besonders achten und frage hiermit, ob es Aufzeichnungen dazu gibt.

Nachtrag zu den Wanten: Gibt es Modell-DNS-Module? Also Dehnungsmessstreifen-Teile? Wir verwenden dies bei großen Booten an wichtigen Elementen wie Großschot, Achterstag, Vorstag und Vorliek, um präzise Messungen durchzuführen. Auch ein Vario aus dem Flugmodellsegelsport in Verbindung mit einem Pitotrohr könnte eine gute Messgröße beim RCSegeln sein.

Dritter Punkt: Decksgeometrie. Alles Wasser, das auf das Deck gelangt, muss beschleunigt werden. Daher werden die Boote langsam wieder trockener. Ein negativ schräges Vorschiff trägt nicht dazu bei, hat aber den riesigen Vorteil einer saubereren Anströmung der Fock bei großen Booten. Beim Modellboot habe ich jedoch das Gegenteil beobachtet. Wer kann mir dazu mehr sagen? gerade im betracht auf grenzschicht modelle bei Welle (auch hier ist wieder CP der Luft auf dem wasser relevant)

Liebe Grüße aus Kiel.
 
Rumpfsteifigkeit sollte bei einem IOM kein Thema sein.

a) aufgrund des mind. Gewicht kann ich den Rumpf ohne Nachteile ausreichend steif aufbauen.
b) durch das Alurig ist die Spannung im Rig nicht so hoch, als das sich der Rumpf damit verziehen sollte

Beim 10R ist das durchaus ein wichtiges Thema aber da sprechen wir über Rümpfe die 160 bis 170cm und dem Ansinnen diese maximal leicht zu bauen. Wir arbeiten da in Längsrichtung tatsächlich mit versteifenden Maßnahmen um dem Bananeneffekt entgegen zu wirken.

Ich kann nicht sagen ob es DNS Module in der benötigten Größe gibt. Wenn, wären diese aber auch nur für Test und Entwicklung relevant. Während Regatten ist die Übertragung von Daten vom Boot zum Skipper mit Ausnahme der Batteriespannung durch die Klassenvorschriften untersagt.
 

ulfbodo

User
Dritter Punkt: Decksgeometrie. Alles Wasser, das auf das Deck gelangt, muss beschleunigt werden. Daher werden die Boote langsam wieder trockener. Ein negativ schräges Vorschiff trägt nicht dazu bei, hat aber den riesigen Vorteil einer saubereren Anströmung der Fock bei großen Booten. Beim Modellboot habe ich jedoch das Gegenteil beobachtet. Wer kann mir dazu mehr sagen? gerade im betracht auf grenzschicht modelle bei Welle (auch hier ist wieder CP der Luft auf dem wasser relevant)
Ja, das ist ein wichtiger Aspekt.
Der negative Vorsteven macht richtig Sinn bei den Ocean race Booten. Die heizen mit 20 bis 40kn übers Wasser. Da hat allein die Reduzierung des Windwiderstands des Rumpfes einen beträchtlichen Einfluß. Der wächst ja bekanntlich quadratisch mit der Geschwindigkeit.
Weiter erreicht man darüberhinaus aber auch Wavepiercereigenschaften, was ein weicheres Stampfen im Seegang ausmacht.
Beim Modell ist der Windwiderstand des Rumpfes bei den relativ geringen Geschwindigkeiten unserer Boote vernachlässigbar. Interessant ist dann auf der Überwasserseite eher die bessere Anströmung des unteren Segelbereichs der Fock.
Der Kompromiß wird wohl darin liegen, die Deckskante gut zu verrunden und den Spalt zw UL und Deck über einen möglichst großen Anstellwinkel klein zu halten.
By the way : ich habe keine Ahnung von den Klassenvorschriften der IOMs.
Ich versuche die Problemstellungen frei von Einschränkungen zu bewerten.
 
Hallo zusammen,
gibt es eigentlich numerische Berechnungen von Modellbooten? Joachim Pelka beschreibt in ModellWerf 12/2023 die Berechnungen an seiner Figaro3. Sehr interessant und lesenswert, wie ich finde.
Es wird OpenFOAM verwendet. Eigentlich schon der Klassiker im universitäten Umfeld.
Folgende Gedanken habe ich für das Thema hier:

Im Falle der IOM könnte man damit die bestehenden Designs nachrechnen und versuchen die praktischen Erfahrungen in Einklang mit den Simulationen zu bringen. Auf dieser Basis wäre es ggf. möglich neue Designs zu erstellen. Nicht falsch verstehen: Das ist richtig Arbeit, aber es könnte sich lohnen.

Numerik hat die unschöne Eigenschaft NICHT konservativ zu rechnen, d.h. Fehler führen zu einem besseren Ergebnis als in der Realität.

Die Rechnerpower wird leider sehr bald ein Problem werden.

Besonders interessant sind sicher auch die Anhänge. Dabei sollte man drauf achten, dass die Lösungsverfahren für kleine Re-Zahlen (Drela) berücksichtigt werden.
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass die xfoil Routinen in OpenFOAM implementiert wurden.
Was sicher auch ein gewaltiges Optimierungspotenzial hat sind die Übergänge zwischen den einzelnen Bauteilen.

Schöne Grüße
Johannes

p.s. Bei den Modellfliegern hat die Etablierung von numerischen Verfahren einen spürbaren Leistungszuwachs gebracht.
 

Shark_PS

User
Das es im Endeffekt nachher immer auf das Gesamtpaket aus Rumpf, Segel, Trimm für die entsprechenden Bedingungen und dann dem Skipper ankommt ist glaube ich jedem bewusst. Wie sich das prozentual auf die einzelnen Teile verteilt kann jeder für sich ausmachen ...

Hier geht es aber um den Teilaspekt des Rumpfes und zwar spezifisch hinsichtlich Länge und Klasse ! Problemstellungen ohne irgendwelche Einschränkungen gibt es meiner Meinung nach nicht. Und Einschränkungen auszublenden führen dann auch nicht zur adäquaten Lösung einer Problemstellung ...

Denke auch die Gestaltung des Vordecks ist ist ein wichtiges Thema, gerade dann wenn's windig und wellig wird. Das "Green Water" muss so lange wie möglich fern gehalten werden und zur Not schnell wieder ablaufen können ...

CFD Berechnungen sind gutes Mittel für detaillierte Analysen und spätere Optimierungen. Leider ist das Problem mit der freien Oberfläche (Zweiphasenströmung) unter entsprechender Berücksichtigung eines realistischen Wellenspektrums und den daraus resultierenden Schiffsbewegungen sehr komplex. Das brauch entsprechen Erfahrung und vor allem Rechenpower. Mit einem Heim-PC kommt man da nicht weit und auswärts rechnen zu lassen wird dann schon teuer ...
Mit einfacheren Programmen wie xFoil etc. was die Modellflieger benutzen kommt man leider beim Entwurf eines Rumpfes nicht sehr weit ...
 
Die Referenz bei Software im Yacht Design und Entwicklung ist MaxSurf. Ich kenne aber in unserem Bereich nur ein Designer der es einsetzt da eine Lizenz bei rund € 9.000 liegt und zusätzlich eine sehr gute Ausgestattete Workstation als Hardware benötigt.
MaxSurf kann sehr detaillierte Berechnungen im Bereich VPP.
 
Moin Moin, Modellbauer und Segler,

In meinem Eingangspost habe ich den Fokus auf die Eigenschaften und Formgebung von
RC-Segelbooten gelegt, insbesondere in Bezug zu den Meter-Booten IOM und F5E.

Die gezielte Auswahl der Meter-Boote IOM und F5E erfolgte mit Bedacht, da ich davon ausgehe,
daß Erkenntnisse aus manntragenden Segelbooten auf RC-Segelboote übertragbar sind.
Meine Vermutung liegt dabei insbesondere darin, dass diese Bootsklasse aufgrund ihrer
Regelbeschränkungen geeignete Vergleiche ermöglichten. Dabei ist mir bewußt, daß der
Vergleich durch das Scaleproblem erschwert wird.

Mein Ziel ist es, durch diesen Vergleich Erkenntnisse im RC-Segeln zu gewinnen und dabei die
Parallelen zu manntragenden Booten herauszuarbeiten. Auf diese Weise hoffe ich, meinen
Kenntnisstand in beiden Bereichen zu erweitern.

Es tut mir leid, daß es am Anfang dieses Posts zu Verwirrungen und Unmutsäußerungen
gekommen ist. Das war nicht meine Absicht. Entschuldigt bitte meinen Fehler.


Patrick stellt in seinem Beitrag Nr. 31 eher eine allgemeine Frage. Die aus meinem Blickwinkel
sehr wichtig ist und eine Grundlage für die weiteren Überlegungen anspricht.

Zitat Patrick: „Was macht für mich ein gutes Design aus?“

Es wäre hilfreich, den Gedanken aus dieser gestellten Frage genauer zu strukturieren, um eine
präzisere und detailliertere Antwort darauf geben zu können. Nach meinen Überlegungen könnte
die Struktur folgendermaßen gestaltet werden:

  1. Rumpfform:
    • Hydrodynamische Effizienz
    • Gute Balance zwischen Länge und Breite
    • Geeignete Kielform für Stabilität
  2. Segelfläche und -form:
    • Optimale Segelgröße für das Boot
    • Effiziente Segelform und Profil
    • Möglichkeit zur Anpassung an verschiedene Windbedingungen
  3. Materialien und Konstruktion:
    • Leichtgewichtige, aber stabile Materialien
    • Robuste Konstruktion für Seetauglichkeit
    • Berücksichtigung von Langlebigkeit und Wartung
  4. Steuerung und Manövrierfähigkeit:
    • Gut ausgelegte Ruderanordnung
    • Effektives Steuersystem für einfache Handhabung
    • Wendigkeit und Reaktionsfähigkeit auf Steuerbefehle
  5. Stabilität:
    • Gute Segeleigenschaften bei verschiedenen Bedingungen
    • Ausgeglichenes Krängungsverhalten
    • Vermeidung des Unterschneidens auf dem Kurs Vor dem Wind
  6. Inneneinrichtung:
    • Ergonomische und funktionale Inneneinrichtung (Stichwort: Schotführung ,Ruderansteuerung)
    • Effiziente Nutzung des verfügbaren Raums
  7. Yachtdesign-Software:
    • Nutzung von 3D-CAD-Programmen wie FreeCAD, Fusion360, Blender, DelftShip etc.​
    • Simulationen für Strömungsdynamik und Belastungstests
  8. Ästhetik:
    • Ansprechendes, ästhetisches Design
    • Harmonie zwischen Form und Funktion

In dieser Aufzählung liegt mein aktuelles Interesse vornehmlich auf folgenden.

Rumpfform und deren Eigenschaften:

Stabilität:

  • Vermeidung des Unterschneidens auf dem Kurs Vor dem Wind
  • Erreichung einer guten Balance zwischen Länge und Breite
  • Auswahl einer geeigneten Kielform und -länge für maximale Stabilität
Steuerung und Manövrierfähigkeit:
  • Wendigkeit und Reaktionsfähigkeit auf Steuerbefehle
Rumpfform:
  • Hydrodynamische Effizienz
  • Die physikalischen Prinzipien, die ihr zugrunde liegen
  • Gezielte Anwendung der Rumpfform und ihre Auswirkungen
Yachtdesign-Software:
  • Nutzung von 3D-CAD-Programmen wie FreeCAD, Fusion360, Blender, DelftShip etc.
  • Durchführung von Simulationen für Strömungsdynamik und Belastungstests
Diese Strukturierung wird es uns ermöglichen, die bereits erfolgten Antworten besser einzuordnen und
zukünftige Antworten gezielt auf die relevanten Themenbereiche zu konzentrieren.

Gruß Kuddel
 
Ich möchte meine Überlegungen zur Kategorie der Rumpfformen teilen und dabei speziell auf die Boote der Class6.50 eingehen. Meine
Erfahrungen mit der Skow-Formgebung besprechen. Insbesondere da diese bereits im vorherigen Post erwähnt wurde und einen interessanten
Aspekt darstellt.

Unterpunkte:
  • Hydrodynamische Effizienz
  • Gezielte Anwendung der Rumpfform und ihre Auswirkungen
Kurzer Überblick über die Class6.50mini.
Die Class6.50, auch Mini 6.50 genannt, ist eine Segelbootklasse, die sich durch ihre spezifischen Designmerkmale auszeichnet.
Hier einige Schlüsselmerkmale:
Größe:
Die Boote sind auf eine Länge von 6,50 Metern begrenzt, was zu ihrer Namensgebung führt
Einhandsegeln:
Oft für Einhandsegeln konzipiert, stellen diese Boote hohe Anforderungen an Skipper, die alleine segeln.
Regattaausrichtung:
Die Class6.50-Boote sind für Regatten optimiert, insbesondere für Langstreckenregatten wie die Mini Transat, Mini-Fastnet,
Mini-Max, Transgascogne, und andere, küstennahe Rennen.
Das bedeutet, die Boote müssen gute bis sehr gute Allroundeigenschaften besitzen.
Leichtbauweise:
Um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, werden Materialien und Konstruktionstechniken verwendet, um das Gewicht zu minimieren.
Innovationen im Yachtdesign:
Die Class6.50 dient oft als Testfeld für innovative Yachtdesignkonzepte aufgrund der begrenzten Größe und der Notwendigkeit,
maximale Leistung zu erzielen.

Die Klassenregeln der Class6.50 sind in Form einer "box rule" vergleichsweise offen gestaltet. Das bedeutet, daß bestimmte Hauptmaße wie
Länge, Breite, Tiefgang und Masthöhe festgelegt sind, ebenso wie einige sicherheitsrelevante Maße. Ein interessanter Aspekt besteht darin,
daß zwischen Prototypen und Serienbooten unterschieden wird. Diese Unterscheidung zielt darauf ab, den Unterschieden zwischen Amateuren und Berufsseglern gerecht zu werden, indem sie verschiedene Bauarten und Designs ermöglicht. Im Allgemeinen gibt es bei Regatten zwei Wertungen, eine für jeden Bootstyp.

Es bleibt dem Konstrukteur ein breites Experimentierfeld offen. Viele Trends, wie beispielsweise der Neigekiel oder der Scow-Bug, haben ihren Ursprung in dieser Klasse. Diese innovativen Ideen können als Inspirationsquelle dienen, um eigene Bootsdesigns zu verbessern.

Mit 13 Jahren Erfahrung in dieser Klasse und der Teilnahme an sechs Mini Transat Regatten kann ich aus erster Hand über meine Erfahrungen
dieser Design-Ideen berichten. zB. der angesprochene Scrow-Bug.
 
Um circa 2010-2011 wurde die Skow-Bug Idee in der Class6.50 eingeführt. Es stellte sich jedoch schnell heraus,
daß die erwarteten Leistungsverbesserungen nicht erreicht wurden. Im Gegenteil, die Segelleistungen des Bootes waren
besonders Hoch Am Wind katastrophal schlecht. Die große Bugwelle, bedingt durch die spezielle Bugform, führte dazu,
daß das Boot regelrecht abgebremst wurde. Bei Seegang ab einer bestimmten Höhe schien das Boot regelrecht stehen zu bleiben.

Die erwarteten Leistungsverbesserungen auf dem Kurs Vor dem Wind und Raumschots wurden ebenfalls nicht erfüllt.
Der „Bullige Bug“ sticht in die vorauslaufende Welle ein, bleibt auf deren Wellenrücken hängen und bremst die Fahrt des
Bootes erheblich ab.

Es ist zu beachten, daß das Boot unter spezifischen Bedingungen, insbesondere bei Raumschotwinden von 5 bis 6 Beaufort
und glattem Wasser, herausragende Leistung und Geschwindigkeit zeigt. Unter diesen Bedingungen ist es möglich, daß das Boot
erheblich mehr Segelfläche tragen kann als frühere Modelle, und diese zusätzliche Segelfläche kann für eine verbesserte
Fahrleistung genutzt werden. Bedauerlicherweise sind diese optimalen Bedingungen äußerst selten und auf hoher See kaum realistisch anzutreffen.

Es hat sich gezeigt, daß ein Class6.50 mit Allroundeigenschaften und besonderer Schwerpunktsetzung auf Leistungsfähigkeit bei Kursen für Raumschot und Vor dem Wind besser geeignet ist. Sowohl Sportler als auch Konstrukteure haben schnell erkannt, daß die Skow-Bug Konstruktionsidee ein Irrweg ist, auch wenn dies offiziell nicht zugegeben wird.

Im Jahr 2011 gewann das Team "TeamWork-Magnum" die Transat-Regatta in der Gruppe der Prototypen-Boote und erhielt enthusiastische:D Feierlichkeiten sowie Lob von der Presse. Es ist jedoch wichtig, das Ergebnis zu relativieren.

Persönlich nahm ich in dieser Regatta in der Amateurgruppe teil, die traditionell 24 Stunden nach den Prototypen ins Rennen geschickt wird. Mein Boot erreichte das Ziel knapp 24 Stunden vor "TeamWork". In diesem Jahr gab es zudem nur etwas mehr als ein Dutzend Profiboote, von denen nur eines kein Skow-Boot war. Dies zeigt, dass die Boote nicht die erwarteten Segelleistungen erbracht haben und die Erwartungen nicht erfüllt wurden.
 
Ich werde nun endlich Bilder von der Konstruktion zeigen und gleichzeitig auf mögliche Lösungen hinweisen.
TeamWork-Magnum.jpg
Scrow-Bug Class6.50.png

Bild Quelle; TeamWork-Magnum

Im zweiten Bild habe ich das Boot in FreeCAD nachkonstruiert. Verzeiht mir die lieblose nach Konstruktion. Ich mag diese Boote nicht. Habe darum ihnen den Spitznamen "Entenschnabel"l verpaßt. ;)

In Verbindung mit der Flügeltechnologie erhält der Skow-Bug eine neue Bedeutung. Die Nachteile, die ich zuvor beschrieben habe, könnten dadurch beseitigt werden. Erste Ansätze sind durchdacht. Die Machbarkeit ist bewiesen. Boote werden aus dem Wasser gehoben.
Eine entschiedene Hürde ist von den Ingenieuren zu lösen. Es ist nicht genug Elektroenergie an Bord vorzuhalten. Um die Regeltechnologie für
die Höhen-Flügelregelung drei bis vier Wochen aufrechtzuerhalten. Die Boote sind zu klein und die Batterien oder andere stromerzeugende
Techniken zu schwer.
Der Anfang ist gemacht. Patrick, es wird dich freuen. Du führst Versuche in dieser Richtung durch........🧐

Class6.50 Flügel.jpeg


Hier habe ich die Neuartige Class6.50 mit Flügeln.
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Class6.50 der Serientyp-Boote erfolgt ebenfalls eine kontinuierliche Weiterentwicklung, wenn auch nicht so rasant wie im Prototypenbereich. Die Boote im Serienbereich unterliegen bedeutend strengeren Bauvorschriften, bei denen die Sicherheit im Vordergrund steht. Dennoch sind bemerkenswerte Ideen und Innovationen zu verzeichnen. Ich möchte einige besonders herausragende Beispiele für die in letzter Zeit gemachten Entwicklungen zeigen.
Pogo 3 L copie.jpeg

Bild Quelle: Firma Pogo zeigt eine Aktuelle Pogo III

Der leicht „wulstig“ ausgebildete Bug zielt darauf ab, das Volumen im Bugbereich zu vergrößern. Das Hauptziel besteht darin, in grenzwertigen Situationen mehr Reservevolumen zu haben. Auch in der manntragenden Welt der Segelboote ist das Thema „Unterschneiden des Buges“ von Bedeutung. Mit dieser speziellen Bugform versucht man, das Unterschneiden zu verhindern und gleichzeitig, soweit möglich, harmonische Linien beizubehalten.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch die Werft Beneteau mit der Figaro III. Hier bildet die "wulstige" Bugform ebenfalls die Grundlage. Allerdings geht man in der Konstruktion einen Schritt weiter. Ein im Vorschiff angebrachter Flügel unterstützt das Boot in seiner Stabilität und hilft beim Angleiten. Die Flügel sind dabei passiv gestaltet, das heißt, sie werden nicht gesteuert und geregelt.

Beneteau Figaro III.png




Hier habe ich ein Videobeispiel wie eine Figaro II in Bedrängnis kommt.
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten