Grafik zu Post 1

Grafik zu Post 1

Hallo!

Ich habe versucht eur Anmerkungen zur ersten Grafik zu berücksichtigen und diese überarbeitet:

mountain_wave_2015c.jpg


LG Michael
 
ok, gibt es Wissen über den Abstand zur Primärwelle, in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit, Höhe über Kamm des Berges, Art der Luftschichtung (stabil/labil) usw.? Bildet ein symmetrisch dreieckiger Kamm bessere Wellen als ein Sägezahn mit schräger Flanke im Luv oder mit Steilhang im Luv und Flanke im Lee? Gibt es überhaupt Primärwellen in weniger als 2 km vom Gipfelgrat entfernt? Oder müsste man wenn man in die Primärwelle einsteigen will das unbedingt von unten aus tun? Was wissen Segelflieger über die tiefstmögliche Einstiegshöhe?

Bertram
 
Wellengleichung

Wellengleichung

Hallo Bertram!

Das sind wirklich viele (gute) Fragen. Zunächst mal als Ergänzung zur Abbildung: Es gibt auch den Fall bei dem die Luftströmung im Luv zunächst ganz flach an den Berg strömt - das heisst im Luv ist z.B. eine Inversion mit ruhender Luft unterhalb des Kammniveaus - und hinter dem Bergkamm durch die plötzlich abfallenden Hang nach unten ausgelenkt wird (einen Art "Lee-Sog" nach unten). Dann fehlt im Luv der Hangaufwind völlig, trotzdem können im Lee Wellen entstehen.

Die Amplitude der Welle (vertikale Auslenkung der Schwingungen), aber auch der Abstand zwischen den Wellen lässt sich prinzipiell berechnen. Das ganze System kann mit einer Schwingungsgleichung (bzw. eigentlich Wellengleichung abgeleitet aus einer Bewegungsgleichgung plus Gasgleichung plus Energieerhaltungsgleichung) idealisiert berechnet werden. Dazu braucht man zunächst Informationen über die horizontale Windgeschwindigkeit und die Stabilität der Atmosphäre (Änderung der Temperatur mit der Höhe) sowie die Infos zur Form und Oberfläche des Berges. Je stabiler die Atmosphäre geschichtet ist (je stärker die Temperatur mit der Höhe abnimmt), desto kleiner ist die Amplitude der Wellen. Damit überträgt sich die Welle nicht weit nach oben (stark gedämpfte Schwingung). Bei mäßiger Stabilität reicht die Energie aus um eine Welle mit großer vertikaler Mächtigkeit anzustossen. Die Grenze ist dann erreicht, wenn die Atmosphäre indifferent (neutral) geschichtet ist, dann kann sich keine stabile Welle ausbilden. In diesem Fall kommt es zu einer turbulenten Durchmischung der Luftmassen im Lee, die ganze Energie geht in Reibung über und es bilden sich keine stabilen Wellen.

Wie weit die Wellen im Lee stromabwärts zu finden sind, hängt zum einen wieder von der Schichtung ab (je stabiler desto mehr Schwingungen stromabwärts), wird aber natürlich auch durch die Energiemenge bestimmt, welche in der ersten Auslenkung an die Luft abgegeben wird. Das kannst Du Dir so vorstellen wie eine Kugel die oben und unten von einer Feder im Raum gehalten wird. Sobald Du die Kugel mit der Hand nach oben oder unten ziehst überträgst Du Energie (entgegen der Federkraft) auf die Kugel. Wenn Du loslässt schwingt die Kugel rauf und runter, solange bis die Energie im System durch Reibung dissipiert ist. Damit ist die Größe und Form des Berges der die Wellen auslöst, entscheidend für die Größe und Form der Wellen dahinter. Vorraussetzung für eine starke Auslenkung der Luft ist somit, dass die Strömung genügend Energie mit bringt bevor sie auf den Berg trifft (Windgeschwindigkeit).

Im Falle der Wellen erfolgt die erste Auslenkung durch eine Umwandlung von kinetischer (Geschwindigkeit) in potentielle (Höhenänderung) Energie. Die Rückstellkräfte (entsprechend der Federn) werden aber jetzt durch die Erdanziehung zum Einen und die Auftriebskraft des Luftpakets (über Temperatur/Dichte/Druck Änderungen) geleistet.

Die ganze Energie wird einfach im Lee abgebaut (im Wesentlichen durch Reibung/Turbulenz), meistens kollabieren die Wellen aber auch ab einem bestimmten Punkt. Meistens weil im Lee auch andere Luftmassen, Berge oder eine neue Windrichtung/-stärke sind.

Alles nicht ganz einfach, kann man alles unter idealiserten Verhältnissen (theoretisch) berechnen oder am Besten numerisch (am Computer) simulieren.


Im Übrigen strömt die Luft bei sehr stabilen Schichtungen gar nicht mehr über die Berge drüber sondern weicht unten, rundherum aus.


PS: Ich denke es gibt Fälle bei denen zwar Wellen über den Bergen stehen, diese aber nicht in tieferen Luftschichten zu finden sind. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Luftschichtung unten neutral ist (Wellen brechen ständig und verändern bzw. verlagern sich / Turbulenz) und oberhalb aber Wellen in stabileren Luftschichten ausgelöst werden. (z.B. wenn sich unterschiedliche Luftmassen zu überlagern beginnen)


OK, Ende, der Kopf raucht schon.
LG Michael

(Wer nicht genug hat kann sich hier oder hier weiterbilden. Durran ist der Wellenpapst!!)
 
Je stabiler die Atmosphäre geschichtet ist (je stärker die Temperatur mit der Höhe abnimmt)...

Das ist für mich ein Widerspruch in sich, Mike.:) Je stärker die Temperaturabnahme mit der Höhe, desto labiler ist doch die Schichtung.:confused:

Ein aufsteigendes Luftpaket wird immer wärmer als die Umgebungsluft bleiben und weiter aufsteigen...
 
Hallo Michael,

vielen Dank für die anschauliche Erklärung der Welle! Den kleinen Fehler betr. labiler / stabiler Schichtung hat enzo schon aufgegriffen :)

lg
Hannes
 
Vielen Dank für die bisherigen Erklärungen!!

Also am besten wenig stabile Luft (die Bedeutung der Luftstabilität und Effekte wie das die Luft sich manchmal eher seitlich als in die Höhe quält sind mir als 90%-Hangflieger sehr geläufig).

Vom Hauptkamm aus werde ich wohl alleine aus Sichtgründen nicht in die erste Welle im Lee kommen, 4km und mehr sind etwas anstrengend.

Die in der Zeichnung gezeigte Formel ergibt, dass bei uns die Primärwelle u.U. genau auf den nächsten Berg trifft. Eine solche Paarung wäre hier Stuglser Grat und Erbalp. Auf ersterem war ich einmal bei Föhn (55km/h), da war es extrem laminar, auf letzterer war ich schon öfter bei starkem Föhn mit unterschiedlicher Stabilität fliegen, habe aber keinen durch Welle verstärkten Hangwind finden können, höchstens viel Turbulenz und manchmal Abwinde, die man im freien Fall kaum erreicht... Vielleicht ist da gerade der Wellenabwind vom Stuglser Grat auf den Hang geprallt.
Ich werde mir das in Zukunft noch mal genauer anschauen und vermutlich nicht nur zu Erbalp hochlaufen (1 Std), sondern mal bis zum Grat (2,5 Std., oh je...)

Bertram
 
ähem..

ähem..

Hallo Bertram, Hannes und Enzo!

Da ist mir ein Verdreher beim vielen Tippen passiert ist, vielen Dank für den Hinweis! Ich war anscheindend schon etwas müde.

Natürlich ist die Schichtung (in ungesättigter Luft) stabil wenn die Temperatur mit der Höhe weniger (<1°/100m) rasch abnimmt als im neutralen Fall (~1°/100m). Die stabilste Schichtung ist jene bei der ein richtiger Temperatursprung stattfindet. So etwas gibt es immer wieder bei Inversionswetterlagen wie zum Beispiel am 1.Feb 2006 über Mitteleuropa:

Die Grafik zeigt im grünen Bereich die hochreichende Inversion. In dieser Schichte nimmt die Luft nach oben hin weniger rasch ab als man dies bei neutraler Mischung erwarten würde.
An der rechten Linie (Lufttemperatur) sieht man dass es am Boden etwa -2° hat. Wäre die Luft zwischen Boden und 1500m einigermaßen durchmischt (durch Wind oder Konvektion/Thermik), dann wären sicher bis zu 13° möglich gewesen an diesem Tag. Ein richtiger Temperatursprung wäre hier z.B. im Bereich von etwa 700m Höhe zu sehen.

(Quelle: University of Wyoming)
temp_2006_02_01.jpg
 

Nimeta

User
Impression vom Wellenflug

Impression vom Wellenflug

Hi Welleninteressierte,
Sehr interessantes und spanendes Thema.
Bin ja auch bei den großen Aktiv und bin selbst auch schon Welle geflogen.
Dies Bilder enstanden beim Wellenfliegen im Jahr 2011 in Südfrankreich.

CIMG9354k.jpg

CIMG9384k.jpg

Gruss Christian
 

PIK 20

User
Jochen von Kalkreuth

Jochen von Kalkreuth

Einer der besten Kenner und Autoren zum Thema "Föhnflug, Rotoren und Wellen" ist Jochen von Kalkreuth (+1970 Flugunfall).

"Kalckreuth schrieb über seine Flüge (Alpenüberquerungen, Dreiecks- und Langstreckenflüge) einige Bücher, deren Charakter von halb technisch bis zum Bildband reicht.

Sein wichtigstes, reich illustriertes Buch „Segeln über den Alpen“ geht neben der Geschichte des motorlosen Flugs auch auf Flugmeteorologie, auf alpine Flugtechnik und auf die Taktik beim Streckenflug ein. Laut Klappentext schrieb die FAZ 1972: „Die Überquerung der Alpen ist das große Einmaleins der Segelflieger. Zwischen Genf und Wien, zwischen Allgäu und Tessin haben sie sich eine grandiose Spielwiese erobert. Jedes Jahr bringt neue Bestleistungen und Eroberungen.“
Faszination Wetter

Kalckreuths Erfolgsgeheimnis war sein wissenschaftliches und intuitives Begreifen der atmosphärischen Vorgänge. Er wurde ein Meister im Finden und Ausnützen der Aufwinde und ihrem rechtzeitigen Verlassen zum rasanten Streckenflug. Gleichzeitig konnte er die unter ihm ziehende Landschaft genießen.

So beschreibt er einen 7000 Meter hoch reichenden Aufwind unter einer Tessiner Leewolke: „Nun kann ich in weiter Panoramaschau die Steigbewegung auch ohne Höhenmesser verfolgen. Das eben noch kantige Bergrelief beginnt sich zu glätten, verliert seine Konturen, bleibt in der Tiefe als Landkarte zurück ... Die Himmelskuppe verfärbt sich langsam in ein dunkles Höhenblau, der lichtlose Weltraum schimmert durch die nahe Stratosphäre.“

Zu den Turbulenzen in einer Föhnmauer schreibt er: „Im wilden Lufttanz dieser Stunde wurde das leichte Flugzeug so geprüft wie sein Pilot. Die schmalen Flächenspitzen schlugen meterweit um sich. Arme und Beine schwebten schwerelos im Sturz plötzlicher Fallwinde.“"

Auszug Wikipedia

Für Flugtaktik, Wetterkunde, Thermikschnüffeln ist sein Buch "Segeln über den Alpen" zusammen mit den darin enthaltenen Flugabenteuern ein Muss für jeden Luftsportbegeisterten.
 
Hallo (Modell) Flieger,
es müssen nicht immer die Alpen sein. Bei einem Mittagsschlaf auf meinem Balkon sah ich plötzlich diese Wolken.

DSCF1103.jpgDSCF1110.jpg DSCF1104.jpg

Der Wind kam stark aus Südwest. Ich wohne in Solingen und der Wind kam aus der Eifel über Köln usw.
Man sah richtig wie sich die Wolke bewegte aber keinen m die Pos. veränderte. Da war an einen Mittagsschlaf nicht mehr zu denken. Ich mußte immer dort hin gucken.
Mit freundlichen Grüßen Manfred :cool:
 
Hallo Manfred!

Seehr schön! Hast du bitte das Datum von Deinen Bildern? Ich würde mir mal gerne den Radiosondenaufstieg und ein Satellitenbild von diesem Tag bei Dir ansehen.

lg michi
 
Hallo Michi,
es ist schon eine Weile her. Aber als das Thema im Forum eröffnet wurde fiel mir der Tag wieder ein.
Aufgenommen wurden die Bilder am 30.05.2011 um 14:25
Was mir damals besonders auffiel waren die extrem weiß leuchtenden Wolken mit einer sehr scharfen Kante auf der einen Seite, und "zerbröselnden" Wolkenfetzen auf der anderen Seite. Und obwohl diese "zerbröselnden" Fetzen sich sehr schnell bewegten, wanderte die Wolke nicht weiter. Das ganze hat ca. eine halbe Stunde gedauert, dann wurden die Zwischenräume zwischen den Wolken immer größer.
Mit freundlichen Grüßen Manfred
 
Dannstadt ist heute noch einer der aktivsten Vereine im Wellenfliegen!
Anbei ein Video aus Dannstadt aus 2011. Damals reichte die Welle auf 7000m:

https://www.youtube.com/watch?v=C6pf4MzArEY


Einspruch - das Video ist aus Landau. :)
Damals hatten wir gedacht, daß 7.000m kaum noch zu toppen wären - mittlerweile wissen wir es besser.

Der aktuelle Rekord in der Leewelle des Pfälzer Waldes liegt mittlerweile bei über 9.000 m - bei einer maximalen Berghöhe von gerade einmal 450 m. Dieses Überhöhungs-Verhältnis dürfte vermutlich Weltrekord sein.



So sieht unser aktuelles Video aus, mittlerweile in HD:


Es gibt auch Leewelle bei völlig klarer Luft. Hier die Aussicht bei Ostwelle aus 7.000m vom 29.9.2015. Standort ist Hornisgrinde bei Baden-Baden in der Leewelle des Schwarzwaldes, Flugzeugtyp Duo Discus. Im Hintergrund die Alpen, Sichtweite ca. 400 km.

7000m Hornisgrinde.jpg



Andreas
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten