Tiga schrieb:
Hallo Eike,
im Prinzip liest sich deine Idee nicht schlecht, aber wie schon Eric anmerkte: wer soll das alles kontrollieren? Diese einfach gehaltenen Regeln sind nämlich nur aufwendig zu kontrollieren. Nicht nur dass bei jeder Regatta eine "Kontrollhelling" für den Rumpf vor Ort sein müsste, es müsste ja auch alles andere gewogen bzw. nachgemessen werden (Rumpfgewicht, Kielgewicht, Schwertlänge, Rudergewicht- und größe usw.). Dazu noch ob diverse Teile von bestimmten Quellen stammen bzw. aus dem vorgegebenen Material sind.
...
Moin,
die meisten der zu kontrollierenden Punkte stammen nicht aus meinen Ideen sondern aus der Anforderung einer "Einheitsklasse". Auch wenn du einen Bausatz festsetzt, musst du kontrollieren, ob die Teile alle aus eben dem Bausatz stammen und auch dem Originalzustand entsprechen und das wird schwierig, sobald z. B. lackieren erlaubt ist.
Nehmen wir einfach mal die MC, die Boote werden nämlich mit einer Helling kontrolliert. Passt das Boot dort hinein? Passen Kielposition und Maße? Kumpel hatte sich den Einheitskiel gekauft und musste noch gut dran feilen, bis er für die Helling nicht mehr zu breit war... .
Um eine Helling kommst du halt bei einer Einheitsklasse nicht drum rum, wenn du verbogene Spantenrisse ausschließen willst und es nicht verboten wird, den Rumpf zu lackieren. Sonst ist das Reglement ein zahnloser Tieger. Außerdem brauchst du bei Freundschaftsregatten keine Helling. Das hat schon der Begriff Freundschaftsregatta so an sich, einzig wenn man eine echte Klasse aufzieht, dann kommst du in den Bereich von Freundschafts- und Ranglistenregatten und da wird es bundesweit nicht 5 Stück parallel geben. Bei einer Bootsgröße um Basic herum passt so eine Helling locker in ein Postpaket oder Leute nehmen sie mit. Wenn man das nicht hinbekommt, bekommt man auch keine Klasse hin, die nicht ein Windei wäre
.
Außerdem Kontrolle: Bei einer gescheiten Helling steckt man ein mal etwas Aufwand rein und hinterher ist eine Kontrolle Peanuts. Boot rein, damit steht der Mast an einer definierten Position zur Helling und sämtliche Maße, Kielposition, Tiefgang, ... sind automatisch kontrolliert. So eine Helling ist bei Booten in Basic-Größe kein Problem.
Wahrscheinlich fragt ihr euch, warum ich so auf einer Helling rumquengel aber ich bin ein paar Jahre "Einheitsklasse" bei den Modellautos gefahren. Die Elektromotoren waren versiegelt und du konntest trotzdem eine Menge dran machen, was legal war wurde immer weiter runter reglementiert aber die effektivsten Sachen waren eh nicht kontrollierbar, außer auf einem Prüfstand, so viel zum Thema Aufwand. Hilfe ich muss 3 Teile wiegen. Lachhaft. Es ging so weit, dass manche Kollegen auf der Geraden kein Vollgas geben konnten, weil sonst aufgefallen wäre, dass ihr Motor manipuliert ist - ohne dass das Siegel gebrochen gewesen wäre. Nur so viel dazu. Starterfelder von 40-50 Fahrern pro Wettbewerb waren keine Seltenheit. Und wenn über das Jahr so mehrere 100 Teilnehmer an einer Klasse zustande kommen, dann wird versucht zu betuppen, dann finden sich einfach ein paar Zeitgenossen, die über Massenselektion von Material und Regellücken ans Handwerk gehen. Das liegt in der Natur des Menschen und deshalb ganz ehrlich meine Meinung:
Wenn ein Reglement den Anspruch erhebt, ernst genommen zu werden, dann muss es unmißverständlich kontrollierbar sein.
Beispiel: Boot passt mit montiertem Ruder und Schwert in die Helling, d.h. Spantenriss ist i.O., Tiefgang ist i.O. Positionen der Teile sind i.O. Kontrollaufwand 10 Sekunden. Zweite Kontrolle beispielsweise: Ruder ab, ein Stellring, eine Schraube, geht fix - passen sie in ein ausgesägtes Brett? Ja/nein. Winkel von Ruderwelle passt also. Es ist halt zu vermeiden, dass überhaupt viel freihändig gemessen wird.
An der Helling sind ein paar Schnüre mit meinetwegen grünen Bereichen. Treffen sich davon 3 an bestimmten Stellen im Rig, sind die Maße innerhalb der erlaubten Toleranz und somit ok.
Kontrolle von Materialien sollte man schlicht vermeiden. Alle Materialien sind frei, Kontrolle von technischen Eigenschaften wie max. aufrichtendem Moment und Mindestgewicht können das locker ersetzen.
Ein Kontrollmast gehört dann quasi zur Helling, oben ein Blei dran und damit hat sich das Boot gerade so nicht mehr aufzurichten. Tut das Boot es doch, ist es irregulär.
Materialien im Rumpfbereich sind schlicht weg egal, wenn ein ausreichendes Mindestgewicht eingehalten wird, der Spantenriss passt und das Boot ein maximales aufrichtendes Moment nicht überschreitet. Dann musst du nur noch die Segel kontrollieren wie bei jeder anderen Klasse auch. Als vom Walicki IOM eine chemische Probe genommen wurde, hat sich die Klasse für mich abschließend lächerlich gemacht - sorry dass ich das so sage, aber Kontrollmechanismen sollten tunlichst so geartet sein, dass sie innerhalb von 5min ein komplettes Boot abdecken, wenn man es ganz genau wissen will. Wenn ich um es ganz genau zu wissen, ein chemisches Labor brauche, ist das Panne. Es muss schlicht weg egal sein, ob z. B. der Ballast aus Blei oder aus Unobtanium besteht
.
Eindeutigen Kontrollen entgehst du nicht, wenn du ein Baukastenboot nimmst, dann aber eine große Klasse draus wird und ein paar "kreative" Köpfe sich über die Optimierung Gedanken machen. Siehe die Motoren bei den Cars, die vom richtigen Hersteller waren, das Gehäuse war nach wie vor versiegelt, aber sie drehten schlicht 15-20% höher als alles, was mit normaler guter Pflege machbar gewesen wäre. Die dortige Einheitsklasse war so gesponnen, dass man mit mittelmäßigen Akkus mithalten sollte. Auf die Weise konnte man aber den Motor so tunen, dass man wieder Topakkus (Selektate) brauchte und auch die leer bekam. Ich könnte mir auch vorstellen, ein original lappig geschnittenes Herstellersegel unter Erwärmung auf eine profilierte Helling zu spannen, ist dann halt nach Sprechweise ein altes, lappiges, ausgeleiertes
. Es ist vom Hersteller aber halt bei weitem nicht mehr original. Bevor man also baukastenzugehörigkeit der Teile kontrolliert lieber technische Eigenschaften oder aber beides.
Es sind 2 Paar Schuhe, in Braunschweig sind jetzt die ersten IOMs aus unserem Gemeinschaftsprojekt fertig und wenn wir uns mal mehr oder weniger komplett zum Segeln treffen, brauchen wir nicht die Boote checken. Wir haben die gemeinsam gebaut und der Grill oder Picknickkorb nebendran ist mindestens genau so interessant wie das Segeln
, die Boote werden auch mal getauscht, ... und gegenseitig getrimmt, ...
Mit dem Anspruch einer Einheitsklasse stellt man sich aber auch der Herausforderung, die Einheitlichkeit der Boote kontrollieren zu können!