An:
poststelle@bfdi.bund.de,
poststelle@datenschutz.hessen.de
Betreff: Ersuchen um datenschutzrechtliche Einschätzung zur sogenannten "Drohnen-Verordnung"
Sehr geehrte Frau Voßhoff,
sehr geehrter Herr Ronellenfitsch,
sehr geehrte Damen und Herren.
Als betroffener Modellflieger und Bürger beschäftige ich mich aktuell mit der neuen sogenannten "Drohnen-Verordnung". Ich wende mich heute an Ihre Behörden und ersuche um Ihre Einschätzung zu meinen nachfolgend beschriebenen datenschutzrechtlichen Bedenken bezüglich dieser Verordnung.
Wie Ihnen vermutlich bekannt ist, regelt die maßgeblich von Herrn Bundesverkehrsminister Dobrindt vorangebrachte und zwischenzeitlich an den Bundesrat zur Zustimmung vorgelegte "Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten" unter anderem wesentliche Teile der Luftverkehrs-Ordnung neu. Laut eigener Verlautbarung ist das Ziel des Bundesverkehrsministeriums, nicht nur für eine deutliche Erhöhung der Sicherheit im Luftraum zu sorgen, sondern explizit auch den Schutz der Privatsphäre zu verbessern (siehe [1]). Daran, dass diese Ziele tatsächlich erreicht werden, habe ich jedoch erhebliche Zweifel. Bezüglich des Schutzes der Privatsphäre konkret:
Derzeit gilt, dass der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen zu anderen Zwecken als des Sports oder der Freizeitgestaltung grundsätzlich erlaubnispflichtig ist. Das bedeutet, dass insbesondere für jegliche gewerbliche Nutzung eine Aufstiegsgenehmigung durch die zuständige Landesluftfahrtbehörde einzuholen ist, und zwar unabhängig vom Gewicht des eingesetzten Luftfahrtsystems. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufstiegsgenehmigung sind u.a. in §20 Abs. 4 LuftVO (siehe [2]) definiert, wo es in Satz 1 heisst:
"Die Erlaubnis wird erteilt, wenn [...] insbesondere durch den Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen die Vorschriften über den Datenschutz nicht verletzt werden."
Durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" in diesem Zusammenhang ist meinem Verständnis nach offenkundig, dass der Gesetzgeber eine Notwendigkeit dafür gesehen hat, die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu einem ganz wesentlichen Entscheidungskriterium für die Erteilung einer Aufstiegserlaubnis zu erheben - auch, wenn nicht sogar gerade, für gewerbliche Anwendungen. Er sah offensichtlich einen Kontrollbedarf, der im Rahmen der Antragsbearbeitung durch die jeweilige Behörde zu erfüllen ist - und das ganz sicher nicht grundlos. Diese Annahme sehe ich auch darin bestätigt, dass das BMVI in seiner Veröffentlichung "Kurzinformation über die Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen" (siehe [3]) dem Thema sogar ein eigenständiges Kapitel ("Datenschutz - ein wichtiges Anliegen") gewidmet hat.
Die "Drohnen-Verordnung" wird die bisherigen Regelungen diesbezüglich meines Erachtens jedoch deutlich schwächen. Eine Aufstiegserlaubnis würde laut §21a Abs. 1 LuftVO (neu) künftig nur für solche unbemannte Luftfahrtsysteme benötigt, deren Startmasse über 5kg liegt. Bis 5kg Startmasse wäre der Betrieb zukünftig also erlaubnisfrei (siehe [4], Seite 12) - auch für gewerbliche Zwecke. Die Erlaubnisfreiheit für die Zwecke von "Behörden" und "Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Zusammenhang mit Not- und Unglücksfällen und Katastrophen" wird sogar explizit definiert, nämlich in §21a Abs. 2 LuftVO (neu).
Hier wird also bewusst eine bislang als notwendig und sinnvoll erachtete Kontrollmöglichkeit aufgegeben, und es wird mit keiner einzigen Silbe begründet, warum man diese Kontrolle jetzt plötzlich für verzichtbar hält. Alleine für behördliche Anwendungen wird die "Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwands" erwähnt und angedeutet, dass die Verwaltung Recht und Gesetz unterworfen wäre und deswegen davon ausgegangen werden könne, dass dies ausreichend sei (siehe [4], Seite 28f); was davon zu halten ist, sieht man ja gerade in Niedersachsen (siehe [5]).
Für gewerbliche und sonstige "Nicht-Hobby-"Anwendungen hingegen fehlt eine einleuchtende Erklärung diesbezüglich. Stattdessen wird darauf hingewiesen, dass durch Wegfall der Erlaubnispflicht für Geräte bis 5kg eine beachtliche Ersparnis für Wirtschaft und Behörden ergäbe. Laut Stellungnahme des Normenkontrollrates würde die Wirtschaft, bezogen auf die Zahlen von 2015, um insgesamt rund 961.000€ jährlich entlastet, und die Länder um rund 861.000€ (siehe [4], Seiten 43ff). Der Grund: von den im Jahr 2015 im gesamten Bundesgebiet ca. 8200 erteilten Aufstiegserlaubnissen wurden mindestens 75% (!) für Geräte unter 5kg ausgestellt (siehe [4], Seite 22). Die Zahl der Anträge sei in den letzten Jahren zudem rasant gestiegen (siehe [4], Seite 2), so dass wohl für die Zukunft mit einer weiteren Steigerung dieses "Einspareffektes" gerechnet wird.
Offensichtlich wird der Datenschutz angesichts dieses "Sparpotentials" nun nicht mehr als vordringlich erachtet. Das ist meiner Meinung nach eine fatale Fehleinschätzung, denn Beispiele dafür, wie kreativ gerade "innovative" Unternehmen mit der Befolgung des Datenschutzrechts umgehen, gibt es bereits zur Genüge. Wer weiß, vielleicht werden wir demnächst mit "Google AirView" beglückt - wundern würde es mich jedenfalls nicht, ärgern hingegen schon.
Nun bin ich juristischer Laie, und vielleicht übersehe ich ja auch relevante Aspekte, die meine Bedenken entkräften würden. Diesbezüglich möchte ich Sie daher um Ihre Einschätzung bitten.
Falls Sie jedoch meine Bedenken teilen, ersuche ich dringend darum, Ihren Einfluss geltend zu machen und darauf hinzuwirken, die Inkraftsetzung der Verordnung in der vorliegenden Fassung im Bundesrat zu verhindern. Hier ist jedoch Eile geboten: die Beratung in den Ausschüssen des Bundesrates ist für die Woche 20. bis 24. Februar angesetzt, und die Bestätigung soll in der Bundesratssitzung am 10. März erfolgen.
Ich bedanke mich bereits jetzt für Ihre Zeit und freue mich auf Ihre Rückmeldung. Für einen Hinweis, ob und in welchem Umfang ich Ihre Antwort veröffentlichen darf, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen,
...
Quellenverzeichnis:
[1] BMVI-Pressemitteilung "Dobrindt: Klare Regeln für Betrieb von Drohnen" vom 18.01.2017:
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pr...05-dobrindt-neuregelung-drohnen.html?nn=14462
[2] § 20 LuftVO, "Erlaubnisbedürftige Nutzung des Luftraums":
http://www.buzer.de/gesetz/11757/a195259.htm
[3] BMVI-Informationsblatt "Kurzinformation über die Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen" vom 01.03.2016:
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pu...e-luftfahrtsysteme.pdf?__blob=publicationFile
[4] Bundesrat Drucksache 39/17, "Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten", vom 18.01.2017:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2017/0039-17.pdf
[5] Artikel bei Heise Online, "Datenschutzbeauftragte: Niedersächsische Polizei testet Bodycams rechtswidrig":
https://www.heise.de/newsticker/mel...zei-testet-Bodycams-rechtswidrig-3620328.html