Ein interessanter thread, bestes Popcorn seit langem. Natürlich braucht es nicht noch meine Ratschläge, die eines bekennenden Nicht-Fahrwerksbauers...
Ich bin nicht ganz sicher, aber hauptsächlich sollten wohl ein primärer Schlag und die Verhinderung des Springens im Vordergrund stehen. Nebenbei fielen auch Sätze wie "niemand landet in 25cm Höhe" (Doch. Ich. Immer, aber dazu später mehr).
Was in den umfangreichen Beiträgen völlig ignoriert wurde, ist die Umwandlung von kinetischer Energie in potentielle. Landung mit überhöhter Geschwindigkeit wird in zunehmend grössere Hüpfer (!!) umgesetzt
(ich habe das bei einer Landung in einer C-152 in München Riem bei Föhnsturm einmal in beängstigender - und ich vermute ernsthaft gefährlicher - Weise erlebt. Bei starken Böen muss man mit Übergeschwindigkeit anfliegen. Eine C-152 springt locker über 2m hoch! Beenden: mit Vollgas und Durchstarten.)
Die meisten Modellbauer denken dass ihre Flieger bei der Landung springen, weil die federnden Fahrwerksbeine zu wenig gedämpft sind. Das ist aber wohl nicht der Fall. Typischerweise sieht eine Landung mit zu hoher Geschwindigkeit, die scherzhaft "aktive Landung" genannt wird, so aus:
oder so:
Hier endete das Hüpfen abrupt, als beim Abbau der Geschwindigkeit die stall speed erreicht wurde und der Auftrieb zusammenbrach.
Solche Situationen gibt es also nicht nur hundertfach dokumentiert bei den "besten Crash-Videos" der RC-Modelle, sondern auch in echt.
Das ist beste Schulphysik: Umwandlung von kinetischer in potentielle Energie... Wenn man diese Situationen betrachtet, könnte man schon glauben, dass ein langer Federweg mit geriner Druck- und hoher Zugdämpfung Hilfe bringen würde. Ich glaube aber, dass man gar nicht soo extrem bauen kann, dass man dieses aerodynamische Problem nur damit in den Griff bekommen würde. Der Modellflieger glaubt es aber gerne.
Das einzige was dagegen hilft, ist: Niemals landen. In 25cm Höhe dahinschweben bis der Strömungsabriss kommt. Nur dann ist so viel Energie aus dem Flugzeug herausgesaugt, dass es nicht springt - es KANN dann gar nicht mehr springen. Und bei Erreichen des Strömungsabrisses ist es ja nicht so, dass der Flieger schlagartig auf den Boden fällt, es sinkt (wenigstens die ersten 25 Höhen-cm) nur etwas beschleunigt. Deswegen lande ich grundsätzlich nie. Bei den echten trötet dann irgendwann die Stallwarnung, und die Aerophysik nimmt mir die Kontrolle ab und setzt das Ding für mich auf die Bahn. Also gelandet bin ich selber in meiner aktiven Pilotenzeit vermutlich nur einmal, sonst war es immer das Flugzeug das es mir abgenommen hat.
Diese physikalischen Probleme haben Flugzeugbauer schon lange beschäftigt. Mein Lieblingsvideo dazu ist folgendes:
Damit ihr es nicht zweimal angucken müsst: Bei allen Landungen - mit Ausnahme der letzten beiden "schönen" - werden die armen Hustler einfach mit Sinkrate auf den Asphalt gedonnert, mit schönen Konsequenzen. Und um auch einmal das für diesen thread hilfreiche grenzenlose Selbstbewusstsein einzustreuen (
- heutzutage muss man ja schon Smileys setzen) - was da alles an Empfehlungen gegeben wird (das wäre perfekt für diesen thread)! Und keiner ausser mir hat gesehen bzw. keiner hat es damals bei den Empfehlungen geschrieben, dass nur die allerletzten Landungen gar keine waren (vor allem die vorletzte): als eigentlich einzigen Unterschied zu den vorherigen Landungen hat der Pilot die B-58 einfach in geringer Höhe so lange in der Luft gehalten, bis sie sich weigerte weiter zu schweben und sich sanft hinsetzte:
Vor allem die Landung ab 6:46. Das Ausschweben dauert von 6:51 bis 7:02 - etwa einen knappen Kilometer!
@RWA: wie legt man denn die Dämpfung bei Autos bei Höchstgeschwindigkeit an der Vorderachse aus? Ich habe vor xx Jahren mal gehört, dass ein getunter Golf GTI bei Höchstgeschwindigkeit gerade mal 9kg Vorderachsabtrieb (verzeih, falls das Wort falsch ist) hat, nicht sehr beruhigend wenn da eine Bodenwelle kommt... Wenn eine dafür ausgelegte Feder-/Dämpfer-Konfiguration auch "Fallenlassen aus 1m Höhe" gut meistern würde, wäre sie imho für den Modellflug gut geeignet.
Für den threadstarter:
Wenn es um das optimale Fahrwerk für Landestösse geht, nur um Belastungen von der Zelle fern zu halten: ich bin nicht sicher, ob das auch das optimale Fahrwerk für den Flugbetrieb ist... Und wenn Du so gut im Landen bist, kannst Du es Dir ja mal erlauben, nach Überfliegen des Bahnanfangs in 25cm Höhe im Leerlauf einfach immer weiter zu schweben. Immer weiter und weiter... Auch die Fahrwerke Deiner Flieger werden es Dir danken.
Bertram