Fauvel AV-361

Ein Nurflügel mit 5,11 m Spw. von Schneider-Modell/Kufstein

Knut Zink​


Als Nurflügelfan hat man irgendwann mal alle 2-3 m Flügel gebaut und geflogen und weiß auch schon, dass es eigentlich keine „richtigen“ Nurflügel sind, weil sie ein oder zwei Seitenruder haben. Nur HORTEN sind Nurflügel.

Dann kommt immer öfter der Wunsch nach einem „so richtig großen“ Flügel, der eventuell auch noch eigenstartfähig sein soll.

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Und, welch ein Zufall, es gibt bei Schneider-Modell in Kufstein eine FAUVEL AV-361 mit zwei Seitenleitwerken, Druckmotor (elektrisch) und gigantischen 5,11 m Spannweite.

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Kurzer geschichtlicher Ausflug

Im Jahr 1951 wurde der Nurflügler AV-36 (AV steht für Aile Volante, die französische Bezeichnung für Nurflügel) von Charles Fauvel (1904 - 1979) für den Streckensegelflug konstruiert. Die AV-36 wies ein außerordentlich gutes und stabiles Flugverhalten auf, was durchaus erwähnenswert ist, da viele Nurflügler Stabilitätsprobleme hatten. Sie war zu der damaligen Zeit den herkömmlichen Leistungssegelflugzeugen ebenbürtig. Viele Piloten flogen schon in den 50er Jahren mit der AV-36 große Strecken. Bis der Nachfolger AV-361 im Jahr 1960 auf den Markt kam, wurden mehr als 100 Exemplare ausgeliefert.


DerRumpfbau

Der ungewohnt kurze, eiförmige Rumpf wird in Halbschalenbauweise aufgebaut. Das geht mit den vorhandenen Sperrholzkulissen relativ flott von der Hand. Man sollte aber den Rumpfboden gleich mit einlegen, aber noch nicht verkleben. Später kriegt man den Boden nicht unbedingt problemlos an die richtige Stelle. Die inneren Flächenabschlussrippen werden jetzt auch schon eingesetzt. Man kann sie von den äußeren Abschlussrippen dadurch unterscheiden, dass sie am Rand 3 mm kleiner sind. Da kommt dann noch die 3 mm Balsabeplankung drauf. Das VA-Steckungsrohr kann jetzt auch schon mal probehalber eingeschoben werden.

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Wenn das Gerüst fertig ist, kann man gleich mit 3 mm Balsa beplanken. Da der Rumpf wie ein Ei geformt ist, muss man fast alle Balsabretter vor dem Aufkleben wässern und evtl. vorbiegen.

Die FAUVEL wird mit einem Druckpropeller betrieben. Folglich befindet sich der Motor hinten im Rumpf. Der Heck- bzw. Motorspant sitzt aber rund 50 mm vom eigentlichen Rumpfende entfernt und so musste ich den Motor mit vier Stück M4-Gewindestangen auf Abstand montieren. Innen am Spant sitzt noch ein 2 mm dickes Alu-Blech, das hält.

Der 3-Blatt-Propeller wird natürlich „verkehrt herum“ auf der Motorachse montiert. Das zufällig oben stehende Propellerblatt darf aber im Stillstand auf keinen Fall nach unten klappen, es würden beim Anlaufen nicht nach außen gehen und den Motor beschädigen. Man könnte nun eine einfache Sperrholzscheibe vor dem Propeller montieren, damit die Blätter nicht nach unten fallen können. Ich habe mal was ausprobiert und auf eine Messingblechscheibe drei Drahthaken gelötet, die die Blätter daran hindern, zu weit nach unten zu fallen. So können alle Propellerblätter nicht weiter als parallel zur Motorachse stehen, egal an welcher Stelle sie im Stillstand gerade sind.

Ich habe in den Rumpf auch noch eine Schleppkupplung eingebaut, sicher ist sicher.

Das Modell AV-361 hatte vorne ein Rad und dahinter eine Kufe. Die wurde aus Sperrholzstreifen hergestellt und auf Schwinggummis gelagert.


Seitenleitwerke

Die Leitwerke werden aus einem Rippengerüst gebaut und voll mit Balsa beplankt. Man kann sie abnehmbar machen und mit Schrauben an den Flügeln befestigen. Ich dachte mir aber, wenn der Flügel ins Auto geht, kommt es auf die SLW auch nicht mehr an und habe sie fest mit dem Flügel verbunden. Später habe ich gemerkt, dass diese Idee fast den Transport verhindert hätte.

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In die Flossen kommt jeweils ein Servo auf einem abschraubbaren Deckel direkt hinter dem Seitenleitwerk.

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Flügelbau

Der Holm wird aus 3 mm Sperrholzverkastungen mit diversen Kiefernleisten oben und unten gebaut. Das ist bei Modellen dieser Größenordnung heutzutage schon Standard. Die Steckungsrohre aus Blech werden dann schon eingesteckt, jedoch noch nicht verklebt. Die Holmverkastungen sind so ausgeschnitten, dass man nichts falsch machen kann. Die Steckungsrohre für die VA-Rohrsteckung sind übrigens Stücke von einfachen Besenstielen aus dem Baumarkt, von denen man die Kunststoffummantelung entfernt hat.

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Der mittlere Teil beider Flügelhälften hat keine V-Form und ist auch nicht gepfeilt. Die V-Form erhält der Flügel erst durch die Außenteile.

Auch jetzt geht der Bau nach heutigem Standard vonstatten: Vordere Halbrippen in den Holm stecken und verkleben, hintere Halbrippen ebenfalls.

Die AV-361 hat außen jeweils Querruder und innen, zwischen SLW und Rumpf, jeweils Höhenruder. Dazu kommen noch einstöckige Störklappen. Auch diese sind aus Sperrholzteilen zu erstellen, es werden keine Fertigteile verwendet!

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Somit brauch man pro Flügelhälfte vier Servos, insgesamt also acht Stück. Die werden alle auf Sperrholzdeckel montiert, die wiederum auf Rahmen geschraubt werden. Alles nicht neu und tausendmal erprobt. Die Verbindung der Servos mit dem Empfänger im Rumpf übernimmt bei mir immer eine D-sub-Steckverbindung, Buchse fest im Rumpf und Stecker lose aus den Flächen.


Höhenleitwerke

Hier reicht ein Satz zur Erklärung: Klassische Rippenbauweise mit Nasen- und Endleiste, fertig!

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Scharniere

Alle Klappen befestige ich immer abnehmbar mit selbst hergestellten 2 mm dicken GfK-Scharnieren, durch die ein 2 mm GfK-Draht (wahlweise CfK- oder Stahldraht) geschoben wird.


Kabinenhaube

Die mitgelieferte Haube wird unspektakulär auf den Sperrholzrahmen geklebt und mit Magneten oder einem Fertigteilriegel befestigt. Da hat jeder seine Vorlieben. Die Firma scale-cockpits (Pavol Sloviak) liefert ein Cockpit, welches das Modell optisch aufwertet.

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Flug

Den Erstflug mache ich mit Schneider-Modellen immer beim Hersteller in Kufstein/Unterlangkampfen.
Zuerst wurde ein F-Schlepp probiert, noch ohne Motor.

Die FAUVEL ging schön brav hinter der Schleppmaschine auf Höhe. Der Schwerpunkt stimmte, obwohl das bei Nurflügeln mit so kurzen Rümpfen manchmal ein Problem ist. Aber nicht bei dieser Größenordnung.

Nach dem Ausklinken konnte ich schon sehen, dass die FAUVEL kein langsamer Thermikschleicher ist. Sie ging ganz flott und war relativ schnell wieder unten. Die Landung mit Störklappen ist keine Problem.

Der nächste Schlepp: Nach dem Ausklinken konnte der Motor ausprobiert werden. Das Modell wurde nur noch schneller.

Herr Schneider hatte mal seine FAUVEL auf Nasenantrieb umgebaut, um vorne Blei zu sparen. Das hätte ihn fast das Modell gekostet. Nach kurzer Startstrecke hob das Modell steil ab und vollführte einen Looping, der gerade noch in eine glatte Landung erlaubte. Offenbar ist die FAUVEL wirklich nur mit Heck-/Druck-Antrieb gut zu beherrschen.


Fazit

Der Bau dieses Großmodells war eine echte Herausforderung. Allein die riesige Flügeltiefe ließ meinen Bastelkeller optisch schrumpfen.

Der Transport des Modells zum Fluggelände erfordert ein etwas größeres Auto. Da aber heute nahezu jede Automarke SUVs oder Kleintransporter anbietet, sollte man sich vor dem Bau des Modells darüber klar werden, wie man die AV-361 zum Platz bringt. Es soll schon Leute gegeben haben, die ihren Wagen passend zu den Modellen im Keller gekauft haben.

Die FAUVEL ist, wie schon erwähnt, ein nicht gerade langsames Modell. Wer sowas mag, für den ist sie die richtige Wahl. Ich mag eher Segler, die von einem Hilfsmotor auf Höhe gebracht und mit denen man dann auf Aufwindsuche geht.

Trotzdem hat mir der Bau des Modells sehr gefallen, viel Holz will verarbeitet werden.


Antrieb AV-361
Motor Turnigy SK6364-230
Regler von Turnigy, 100A
Akku 9 LiPo-Zellen
Propeller Dreiblatt-Klappluftschraube 18x10 Zoll
Strom bei Volllast 60 A


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Servos

Normale 13 mm Standardservos, Marke je nach Gusto und Geldbeutel.

Der Erstflug erfolgte in Kufstein beim Hersteller, zunächst ohne Motor mit F-Schlepp.
Die FAUVEL folgte willig dem Schlepper, der sich aber mit dem Gewicht ziemlich abmühen musste. Nach dem Ausklinken segelte die AV 361 ziemlich flott die Höhe ab. Ein Thermikschleicher war sie jedenfalls nicht, aber das wusste ich schon vorher.
Das Modell folgte sehr gut den Ruderbefehlen. Es erwies sich als sehr wendig, wie Nurflügel eben sind. Die Ruderausschläge waren mehr als ausreichend, die Hälfte hätte auch genügt.
Die Landung erfolgte mit ausgefahrenen Störklappen, mit denen die sprichwörtlichen "Punktlandungen" möglich sind.

Wenn man nach einem Schlepp den Motor dazuschaltet, hat man längere Zeit einen flotten Segler von gewaltigen Ausmaßen, den man als Motorflieger nicht so leicht bauen würde.

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Mein Abschlußbericht der Fauvel AV36 CR Spannweite sieben Meter

Hier das Ergebnis!!

Meine Vision, einen großen Nurflügler zu planen, konstruieren, bauen und sicher zu fliegen….


Die relevanten und errechneten Konstruktionsdaten der Fauvel AV36 CR mit 7 Meter Spannweite. Die technischen Daten können sie unten weiter in der Datei verfolgen. Hier möchte ich mich nochmals bei Herrn Uwe Heuer, Frank Rains und Willi Kühne bedanken, die mich bei dem Bau der Fauvel AV36 CR tatkräftig unterstützt haben. Frank Rains hat die Seite für „Nurflügelberechnungen“ erstellt, die übrigens für jeden Modellflieger zugänglich ist. Er hat mich in sein Programm FLZ/Vortex eingewiesen, so dass ich es dann am PC bedienen konnte. Das schöne am Programm ist, man kann viel simulieren und durchrechnen lassen. Uwe Heuer, ein Nurflügel Spezialist aus dem Spessart. Er hat mich über Flugeigenschaften aufgeklärt und bei der Auswahl der Profile und deren Eigenschaften in der Profilkonstruktion beraten. So ist dann der Profilstrak HS 164 -130 und zum Flächenende das bewerte Profil PW 51 für den Nurflügel entstanden. Ein noch nicht in der Praxis erprobtes Nurflügelprofil . (Profilkonstruktion HS 164 130 von Horst Sielmann) Das Profil in der Mitte der Tragfläche hat immerhin eine Tiefe von 82 cm. Deren Eigenschaften, Oberwölbung/ Unterwölbung und S Schlag Flugstabilisator (einfach gesagt das hintere Drittel des Profils der Tragfläche, ist für Flugzustand und die Flugstabilität ausschlaggebend) Für mich ein Risiko, aber die berechneten Daten haben sich bestätigt und nach den ersten 4 Flügen schon bewährt. Fazit: Einfach zu beherrschen und zu steuern, fliegt wie ein schwanzgesteuertes Segelflugzeug. Willi Kühne, so wie die Störklappen/Konstruktion und Funktion der Bremsklappentechnik. In der Flächengeometrie, gar nicht so einfach für eine funktionstüchtige Konstruktion zu erstellen. Er hat sein Können und die Funktionstüchtigkeit unter Beweis gestellt!! Dann er ist derjenige, der die gesammelten Daten, Konstruktion zusammen getragen hat und den Bau in die Tat umgesetzt hat. Der Herstellungszeitraum zirka ein Jahr Bauzeit. Täglich ein paar Stunden. Möchte hier auch meinen Dank an meine Frau aussprechen, die so viel...... Geduld und Verständnis für mein Hobby hat.

Auszug aus dem Programm FLZ/Vortex von Frank Rains

Techischen Details zur Fauvel AV36 CR


Name des Konstrukteurs = Hermann Vennen
Bezeichnung des Flugzeugs = Fauvel AV36 CR 7 Meter Spannweite

Anstellwinkel des Flugzeugs = 5,31933° Schiebewinkel des Flugzeugs = 0,00000° Gesamtmasse des Flugzeugs = 23,80000kg

Gesamt-Oberfläche (F_ges) des Flugzeugs = 4,25585m^2 Auftriebserzeugende Fläche (Fa) des Flugzeugs = 4,25585m^2 Seitenkraft erzeugende Fläche (FY) des Flugzeugs = 0,00000m^2 Momentenbezugslänge l_my, mittlere Bezugsflügeltiefe aller Tragflächen = 0,66461m

Flächenbelastung (Bezug Auftriebserzeugende Fläche Fa ) = 5,59230kg/m^2 = 55,92299g/dm^2 Luftdichte = 1,22387kg/m^3

Auftriebsbeiwert (CA_ges) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist Fa des Flugzeugs) = 0,47288 Seitenkraftbeiwert (CY_ges) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist FY des Flugzeugs) = 0,00000 Gesamter induzierter Widerstandsbeiwert (CWI_ges) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00582 Widerstand durch Profil-Reibung (CW_visc) (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00981 Interferenzwiderstand (Cw_int) (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00000 Rumpfwiderstand (Cw_rumpf) (Bezugsfläche ist die Rumpfquerschnittsfläche F_rumpf) = 0,00000 Gesamtwiderstand (CW_ges) = Cwi + Cw_visc + Cw_int + Cw_rumpf (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,01563 Gleitzahl (E) des Flugzeugs = 30,25434 Steigzahl (epsilon) des Flugzeugs = 20,80474 Gleitwinkel des Flugzeugs = 1,8931 Grad Sinkgeschwindigkeit (vs) des Flugzeugs = 0,45503 m/s Fluggeschwindigkeit (v) des Flugzeugs = 13,76654m/s = 49,55956km/h

Momentbeiwerte um den Flugzeug-Nullpunkt (ZP), Bezugslänge ist l_my Nickmomentbeiwert (CM_ZP) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist Fa des Flugzeugs) = 0,12850 Giermomentbeiwert (CN_ZP) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00000
Rollmomentbeiwert (CL_ZP) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00000

Momentbeiwerte um den Flugzeugschwerpunkt (XS) , Bezugslänge ist l_my Nickmomentbeiwert (CM_XS) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist Fa des Flugzeugs) = 0,00052 Giermomentbeiwert (CN_XS) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00000 Rollmomentbeiwert (CL_XS) des Flugzeugs (Bezugsfläche ist F_ges des Flugzeugs) = 0,00000

Auftriebsanstieg im Bereich des Anstellwinkels = 5,25344 Druckpunktrücklage DPX ab dem Flugzeug-Nullpunkt in X-Richtung = 0,18133m Druckpunkthochlage DPZ ab dem Flugzeug-Nullpunkt in Z-Richtung = 0,02204m Schwerpunktlage (XS) ab dem Flugzeug-Nullpunkt in X-Richtung = 0,18132m Neutralpunktlage (XN) ab dem Flugzeug-Nullpunkt in X-Richtung = 0,20811m Stabilitätsmaß in % der Bezugsflügeltiefe l_my = 4,03011% = 0,02678m (Abstand XD > XN) , negatives Vorzeichen bedeutet Instabilen Flug

Auftriebskraft (A) = 233,39471N Widerstandskraft (W) = 7,71442N Seitenkraft (Y) = 0,00000N

Nickmoment um den Flugzeug-Nullpunkt (M_ZP) = -42,15146Nm Giermoment um den Flugzeug-Nullpunkt (N_ZP) = 0,00000Nm Rollmoment um den Flugzeug-Nullpunkt (L_ZP) = 0,00000Nm

Nickmoment um den Schwerpunkt (M_XS) = 0,16401Nm Giermoment um den Schwerpunkt (N_XS) = 0,00000Nm Rollmoment um den Schwerpunkt (L_XS) = 0,00000Nm


Ich hoffe es war kurzweilig und bedanke mich an dieser Stelle für Euer Interesse.

Beste Grüße, Hermann Vennen



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Viel Spaß, Gruß Hermann
 
Baubericht im FlugMODELL 4+5/2022.

Der Baubericht über die "Kleine" läuft auch hier im Forum unter Flugmodelle/Nurflügel.

Knut
 

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