Hi
Hier mal ein Auszug aus Österreich.
FPV-Flug und seine Gefahren
Die meisten unserer Leser interessieren sich wohl für die Kategorie der Flugmodelle. Deswegen sei hierzu noch ein kurzer Überblick über die möglichen Gefahren des FPV-Flugs gegeben, der vielleicht beim Verstehen hilft, warum die Vorschriften auch wirklich einzuhalten sind.
Neu geregelt ist, wie oben beschrieben, die Verwendung von Funkkameraequipment, mit dessen Hilfe das Flugmodell aus der Egoperspektive geflogen werden kann. Dieses ist ausdrücklich erlaubt, unter der Prämisse, dass trotzdem immer eine Sichtverbindung (zumindest vom mitanwesenden Spotter) zum Modell besteht und die Entfernung 500m nie übersteigt. Viele FPV-Piloten mögen das jetzt vielleicht als ungerecht empfinden, allerdings gibt es etliche technische Gegebenheiten, welche solch eine Beschränkung rechtfertigen. Die heute gängigen Fernsteuerungen im 2,4 GHz Industrieband gibt es in „europäischen“ und „amerikanischen“ Versionen, wobei die amerikanischen mit 100mW gleich über die 10-fache Sendeleistung verfügen. Das Problem bei digitaler Übertragung mit hohen Frequenzen ist allerdings, dass das Signal sehr abrupt aufhört und selbst mit den bei uns nicht erlaubten 100mW (bei Einsatz von Frequenzhopping sind 100mW auch bei uns erlaubt) und Spezialantennen in realen Tests bei minimal erhöhter Luftfeuchtigkeit lediglich Durchschnittsreichweiten von 600m-700m erzielt werden. Dabei sprechen wir hier aber von Markenware! Wir sehen also, dass 500m bereits sehr großzügig gewählt sind. Die ausdrückliche Beschränkung auf Sichtverbindung ist auch insofern relevant, als die Reichweite bei hohen Frequenzen auf (Daumenregel) 1/10 zurückgeht, sobald sich ein Hindernis zwischen Sender und Empfänger befindet. Fliegt man also nicht auf Sicht, ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass man überhaupt in der Lage ist, das Modell noch weiterhin zu steuern. Gleiches gilt für die Videoübertragung, welche sich immer mehr im 5,8 GHz Industrieband etabliert und dadurch ähnliches Verhalten wie bei 2,4 GHz aufweist, mit der Ausnahme, dass die Luftfeuchtigkeit sich noch viel stärker auswirkt. Außerdem sollte man sich einmal geistig vor Augen halten, wie groß so ein Modell in 500m Entfernung überhaupt noch zu sehen ist. Ein gängiger Quadrocopter hat eine „Spannweite“ (Motornabe zu Motornabe) von 0,5m. Selbst Weitsichtigen fällt es da nicht leicht, überhaupt noch zu erkennen, wo sich das Modell befindet. Wer an dieser Stelle also Kritik an den Behörden übt, sollte erst einmal seine eigene Risikobereitschaft überdenken.
Selbst eine “return to home” Failsave muss nicht zwangsläufig Sicherheit bieten, da diese relativ “dumm” sind. Fällt die Funkverbindung aus, steigt der Multicopter auf eine vorprogrammierte Höhe und fliegt den kürzesten Weg zurück. Befindet sich zufällig ein Kirchturm oder Stromleitung dazwischen, ist dies dem Modell relativ egal.
Ebenfalls als ungerecht empfunden wird teilweise die Beschränkung auf 150m über dem Boden. An dieser Stelle soll aber das Bewusstsein geschärft werden, dass ein Zusammenstoß mit einem manntragenden Flugzeug (Ja, die dürfen auch so niedrig fliegen!) für den Modellbauer lediglich einen kleinen Materialschaden bedeutet, aber sowohl die Besatzung des Flugzeuges als auch Unbeteiligte am Boden unter Umständen allerdings das Leben kosten kann. Bereits die geringste Unwucht an einem Propeller bedeutet, dass der Motor abgeschaltet werden muss und damit ist zwangsläufig eine Notlandung und im schlimmsten Fall ein Absturz verbunden. Selbst eine noch relativ glimpfliche Delle im Vorflügel verschlechtert die Flugeigenschaften bereits massiv und kann auch zu blockierten Rudern führen. Man findet hierzu genug, wenn man unter „Vogelschlag“ sucht.
Ähnlich ist es mit Flügen in bebautem Gebiet. Ein gängiger Quadrocopter der 500er Klasse hat ein Abfluggewicht von 1,5kg und Reisegeschwindigkeiten von 70 bis 100 km/h. Selbst wenn bloß ein einzelner Motor ausfällt und der Quadrocopter dadurch senkrecht herunterfällt, entspricht dies in etwa 1,5 vollen Weinflaschen, die einem mit viel Schwung über den Kopf gezogen werden. So ein Schlag ist unter normalen Umständen potentiell tödlich. Bei vollem Reiseflug ist die kinetische Energie sogar noch höher und auch im Schwebeflug können die messerscharfen Propeller problemlos tiefe Wunden hinterlassen. Man sieht also, dass ein Modell kein Spielzeug ist und auch für bloßen Sachschaden rentiert es sich, über die ohnehin verpflichtende Haftpflichtversicherung zu verfügen. Viele Startups wollen Lieferungen per UAV anbieten, machen sich aber keine Gedanken darüber, was passiert, wenn ein UAV einen Menschen tötet. So etwas ist im militärischen Bereich bereits mehrfach vorgekommen, wenn UAV´s im Landeanflug befindlich den Operator anvisiert und gerammt haben. Spätestens nach dem dritten zivilen Vorfall wären die Versicherungsprämien weltweit so hoch, dass sich das Problem von selbst lösen würde.
Kurz eingangen sei hier noch auf das Thema Sicherheit. Viele Leute glauben, dass mehr Propeller gleich mehr Sicherheit bedeuten. Da ein Multikopter allerdings immer eine bestimmte Zahl X/Y von funktionierenden Antrieben versus Antrieben insgesamt benötigt (3/3, 4/4, 5/6, 6/8, usw.), vervielfacht sich das Absturzrisiko sogar bis zu einer gewissen Anzahl. Vor kurzem wurde ein innovativer Motor für gewerbliche UAV mit zigfacher Ausfallsicherheit gegenüber allen früheren und anderen Motoren für Multicopter vorgestellt. Der Hersteller gibt dabei eine durchschnittliche Ausfallsdauer (MTBF) von “alle 160 Stunden” an. Da dieser Motor ungefähr das fünffache von Konkurrenzprodukten kostet, kann man sich leicht vorstellen wie lange man mit einem durchschnittlichen Modell unfallfrei unterwegs sein kann (noch dazu wenn man dazu vier von vier funktionierenden Motoren benötigt).
Trotz all dieser Bedenken ist FPV-Flug nichts Schlimmes, was verboten gehört. Man kann auch mit jedem Auto Menschen töten, wenn man es missbraucht oder verantwortungslos rast. Das Gleiche gilt für den FPV-Flug und es liegt in der Hand jedes einzelnen, sich selbst an gewisse Mindeststandards zu halten. Youtube-Videos, die „Aggresive Flying“ bereits im Titel tragen, gehören definitiv nicht dazu. Alle, die sich fragen mögen, warum die Behörden solche Spielverderber sind, sollten sich einmal fragen, ob sie sich gern in ein Taxi setzen würden, das der Besitzer selbst aus Bastelzubehör zusammengeschweißt hat.