Eigentlich wollte ich mich diesmal zurückhalten, aber ich halte das nicht durch
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Eine startende 109 verhält sich ähnlich zickíg wie alle Warbirds mit 2-Bein-FW. Nur etwas schlimmer. Der Anstellwinkel des Flugzeugs am Boden führt zu erheblichen Störeinflüssen, und ja, ein größerer Winkel ist schlimmer als ein flacher. Das ist aber nur eine Ursache für die Probleme. Die Geometrie von Fahrwerkslängsposition, -höhe und relativ dazu dem Schwerpunkt sind mindestens genauso kritisch. Erstmal etwas zum "Wind". Wind ist die Relativbewegung von Luftmassen gegenüber der Erdoberfläche. Alles andere sind Strömungen.
Erst mit dem Seitenruder im "Wind" gelingt die Korrektur der Richtung.
Ich hatte schon früher den Verdacht, dass damit der Propellerluftstrom gemeint ist. Das aber ist falsch. Der "Propellerwind" läuft immer entlang der Längsachse des Rumpfes. Bauartbedingt immer entlang der Propellerachse. Die Position des Flugzeugs im Raum spielt dabei keine Rolle. (Gerissene Rollen werden hier nicht betrachtet)
Deswegen ist das falsch:
Daher das Heck möglichst schnell in Anströmung zu bringen
Das ist unnötig, weil das Leitwerk immer im Strahl, also der Anströmung liegt.
Doch wieder zurück zur 109 und ihren Zicken beim Start.
glaube ich nicht an ein am Boden die Richtung beinflussendes Drehmoment
Der DB 601 dreht den Propeller rechts herum. Damit er das kann, muss er sich abstützen. Das Gegendrehmoment wirkt am Boden vor allem auf das linke Vorderrad. Besonders auf Graspisten bewirkt das einen größeren Rollwiderstand. Dann kommt der P-Faktor dazu. Das rechts ablaufende Propellerblatt hat bei gesenktem Spornrad durch die geneigte Propellerachse mehr Steigung und Schub, als das auflaufende linke Propellerblatt.
das durch den sich um den Rumpf windendenPropellerstahl einseitige Beaufschlagen des Seitenruders
Genau, noch mehr Linkszug.
Alle drei Effekte addieren sich. Soweit ist das bei allen Warbird gleich. Die 109 hat nun aber noch einen Extrabooster im Fahrwerk: Bei schnellem Rollen mit angehobenen Leitwerk stehen die Räder parallel mit großem Sturz auf dem Boden, soweit alles gut. Ist aber der Schwanz noch am Boden, wird aus dem Sturz eine erhebliche Nachspur. Die bewirkt, dass das Flugzeug eine Störung des Geradeauslaufs noch verstärkt. Wäre der Sturz negativ, würde die Vorspur der Störung automatisch entgegenwirken.
Nun noch zu dem wirklich beängstigend abenteuerlich Startvorgang aus dem Video. Seitenwind gab es keinen. Vielleicht hat der Pilot zu schnell Gas gegeben, vielleicht hatte auch das rechte Rad beim Bremsen zu wenig Grip, vielleicht startet er auch immer so.
Ich sehe am Anfang des Startvorgangs 2 kurze Lupfer des rechten Beins(Torque und P-Faktor), die beide eine kleine Richtungsänderung nach links bewirkten(Nachspur). Als er das Heck hochnimmt, realisiert er seine Richtung und korrigiert.
Das "an den Boden drücken des gesperrten Spornrads dient in erster Linie dem Spur halten bei Seitenwind und niedrigem Tempo. Entgegen oft verbreiteten Irrglaubens bringt starke Leitwerksanströmung durch den Propeller keinerlei Richtungsstabilität, sondern nur Steuerbarkeit.
Dies alles bezieht sich nur auf Startsituationen. Landungen mit Schleppgas sind etwas ganz anderes.
Damit hier nicht wieder ein Glaubenskrieg losbricht, deklariere ich meinen Beitrag als Denkanstoß und Meinung.
Beste Grüße
Andreas