Mein chinesisches Abenteuer währte recht kurz...
Mit den Änderungen war Flug #1 heute ein Traum, passte alles, senkrechtes Steigen ins Blau, Anflüge gut beherrschbar, butterweiche Landung.
Bei Flug #2 der gleiche Anfang, Abheben, 45°, 60°, 90° - und dann machte sie einen nicht von mir gewollten Linksturn in 15m Höhe. Beinahe hätte ich sie wieder gehabt, aber der Boden war schneller... 1m vorher habe ich noch das Licht ausgemacht, die Lipos haben es überlebt. Verstanden habe ich nicht, was da abging - sie hätte sich doch eigentlich nach oben ziehen können. Wie auch immer, sagen wir mal Pilotenfehler, und in Zukunft torque ich nicht mehr so in Bodennähe...
Jetzt können wir uns mal die Schäden anschauen (die linke Fläche ist noch heil
).
Den Rumpf brauche ich nicht zu zeigen, der sieht hinter der Fläche aus wie Mikado.
Die rechte Fläche hat zwei Hauptversager:
- Das mittlere Drittel wurde mitsamt der Montagesteckung (also nicht die Hauptsteckung) aus dem Innendrittel gerissen
- Das äussere Drittel brach vom Mitteldrittel ab.
Normalerweise hätte ich das verschwiegen und schnell ein neues Exemplar geordert, aber seht selbst:
(rechteckige Fenster von mir angebracht)
Der gesamte Flügel ist völlig hartholzfrei und besteht nur aus
- Weichbalsa 2,5mm: Beplankung
- Hartbalsa 1,5-2mm: unbelastete Rippen
- Balsasperrholz 3mm: belastete Rippen (und wenn es nicht Balsa ist: es ist viel weicher als Pappel oder Abachi)
Was sieht man auf dem oberen Foto:
- gelb: die 32er Hauptsteckung, völlig unverkastet
- Pappe: die 20er Montagesteckung, völlig unverkastet
- Klebefläche Innendrittel/Mitteldrittel - vom Modellbauer (also ich) durchzuführen: delaminiertes "Balsasperrholz"
Und jetzt der äussere Bruch:
Was sieht man:
- "Hölmli" aus gelasertem 10x2mm Balsa! Beachte die gut sichtbaren Fingernagelabdrücke
- im Rippenbereich auf 2x5mm eingeschnürt!!!
- der Bereich 0-7cm des Lineals war noch mit der überlappenden Beplankung des Mittelflügels bedeckt, an der Unterseite jedoch fiel der Beplankungsstoss mit der Einschnürung im Holm zusammen.
Der erste Bruch hätte auch mit funktionierenden Streben nicht verhindert werden können! Ein Druck von unten zieht den Flügel nach aussen, und dem hätte diese Bauweise im Innendrittel nichts entgegenzusetzen gehabt.
Aber die Strebe funktioniert nicht: im Flügel ist sie in 2x3mm Balsasperrholz gelagert, in der Motorhaube in 3mm Balsasperrholz+1,5mm Balsa. Aber die Motorhaube ist insgesamt sehr zart gebaut und hätte einem nennenswerten Druck niemals standgehalten - man kann sie mit zwei Fingern zerdrücken, wenn man will. Man kann nur spekulieren, was bei einem härteren (Not-)Abfangmanöver zuerst passiert wäre: zerdrückte oder abgesprengte Haube oder weggehebelter Mittelflügel.
Oder es wäre Fall 3 eingetreten: der Aussenflügel mit seinen beiden 2x5mm Hölmchen hätte sich verabschiedet.
Unter diesen Umständen habe ich also nicht wie es sonst jeder Ehrenmann tut heimlich ein neues Exemplar bestellt, sondern Wingdesigner angeworfen und schon mal einen neuen Flügel konstruiert. Denn von Flugbild und -eigenschaften war ich eigentlich ganz angetan. Und dadurch, dass es ein 100%-Weichholzflieger ist, sind eigentlich alle anderen Teile (ausser der Pilotenkanzel) heil geblieben und warten auf die Wiederverwendung...
Und ich sach noch: wenn man nicht alles selber macht...
In drei Tagen fliegt sie wieder. Oder so.
Bertram