Hallo allerseits,
auch wenn die Diskussion hier von meiner Eingangsfrage inzwischen erheblich abgewichen ist, möchte ich nun einige Gedanken dazu beisteuern.
Ich möchte mal darauf hinweisen, dass ein kreisender Flieger, der in konstantem Wind in der Luft absolut runde gleichmäßige Kreise zieht, vom Boden aus so wahrgenommen wird, als ob er eine auseinander gezogene Spirale fliegen würde. Dies läßt sich nämlich bei Raubvögeln so auch sehr genau beobachten. Und wenn ein Dipl. Phys. weiter oben behauptet, der Beobachter am Boden würde dann ein Ei sehen, so stimmt das einfach nicht.
Ich habe hier in vielen Posts soviel Nonsens gelesen, dass sich mir die Haare zu Berge stellen, auch von Leuten, die glauben sie wüßten alles. (Auch ich weiß nicht alles und mache wohl den ein oder anderen Fehler und lasse mich gerne eines besseren belehren.)
Und wenn ein Flieger bei Wind vom Boden aus beobachtet einen sauberen Kreis an den Himmel zeichnen soll dann muß er in der Luft eine auseinandergezogene Spirale fliegen und nichts anderes, auch kein Ei. Ein Ei ist nämlich geschlossen, doch die Luft streicht bei Wind ja vorbei und kommt nicht mehr zurück. Die Flugbahn ist also offen.
Das Beispiel mit dem Luftballon auf dem Sattelschlepper ist nicht schlecht, doch auch dieses ist nicht zu 100% korrekt. Es stimmt, wenn die Schose steht und es stimmt, wenn die Schose fährt. Aber es stimmt nicht, wenn die Schose losfährt. Genau in diesem Moment müsste der im Ballon kreisende Flieger nämlich genau wie alles andere eine Beschleunigung erfahren und seine Masssenträgheit würde sich dem widersetzen und er würde aus seiner Kreisbahn herausgeraten.
Vielleicht liegt an der Stelle auch eine Erklärung für die Probleme beim Mitwindfliegen. Böen (anfahrender Sattelschlepper) tretten ja nach meiner Beobachtung meistens in Mitwindrichtung auf. Ein Flieger der mitwind nur mit Mindestfahrt unterwegs ist und von hinten von einer Böe getroffen wird bekommt einen Strömungsabriss, weil dann seine Mindestfahrt unterschritten wird. Bei Gegenwindböen erhöht er nur kurzzeitig die Fahrt (wegen der Trägheit) und sonst passiert nichts. Es sei denn er ist bereits mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs. Dann kann es Festigkeitsprobleme geben.
Im Kurvenflug ist die nicht zu unterschreitende Mindestfahrt wegen der Zentrifugalkräfte höher als im Geradeausflug. Wenn der Flieger also nur mit Mindestfahrt unterwegs ist und einkreisen will muß er alleine deswegen erst mal beschleunigen, sonst würde er schon runterfallen. Kreist er dann auch noch mit dem Wind ein und kriegt eine Böe von hinten, dann ist es passiert. Der hier immer wieder in der Theorie erwähnte konstante Wind ist für das Verstehen einiger Zusammenhänge vielleicht ganz nützlich, doch in der Praxis ist er ja die Ausnahme.
Bei den Beobachtungen der Gleitschirmflieger wäre erst mal abzuklären, ob die Flüge im freien Luftraum hochoben bei laminarer Strömung stattfanden oder (dicht) am Hang. Wenn sich z. B. an der Hangkuppe eine Düse bildet ist die Windgeschwindigkeit in Hangnähe schneller als weiter draußen. Wenn ich also dann zum Hang einkreise, dann bewege ich mich einerseits mit Fluggeschwindigkeit plus Windgeschwindigkeit auf den Hang zu, was durchaus das Ende bedeuten kann, und zum anderen kann sich die Windgeschwindigkeit in Flugrichtung wegen der größeren Hangnähe eben erhöhen, also so wie bei einer Böe von hinten, was einen durchaus dann in die Nähe eines Abrisses bringen kann, weil die Trägheit des Fliegers seiner Beschleunigung entgegenwirkt und somit die Fahrt reduziert.
Für den Modellflieger ist die Mitwindeinkreise-Angelegenheit ja besonders schwierig, weil er vom Boden aus eine andere Perspektive hat und ihm gleichzeitig die Infos zur Fluggeschwindigkeit fehlen. Und wenn man dann auch noch so falsche Vorstellungen von einer Flugbahn als Ei im Kopf hat wird die Sache nicht leichter. Um bei Mitwind nicht Schiffbruch zu erleiden, muß der Flieger richtig auf Normalfahrt ausgetrimmt sein. Und wenn der dann bei neutralem Höhenruder mitwind fliegt sieht das unter Umständen verdammt schnell aus, ist es aber gegenüber der umgebenden Luft überhaupt nicht! Es ist nur der subjektive Piloteneindruck, der das fälschlicherweise nahelegt.
Wenn ich meinen Segler in der Thermik sauber zentriert habe, kann ich die Ruder (ziemlich) stehen lassen, egal ob Windstille herrscht oder Wind. Nur bei Wind wird er dann mit der Thermik in Spiralen versetzt, während er bei Windstille mehr oder wenig sauber nach oben kreist. Das ist alles und gar nicht schwer. Man muß nur den Mut aufbingen sich auch versetzen zu lassen. (Ganz ohne korrigierende Steuerbewegungen geht es in der Praxis wegen der Böen und Turbulenzen aber meist dann doch nicht, daher "ziemlich stehen lassen".) Wenn man das macht fällt man auch nicht so schnell aus dem Bart und man kommt auch recht gut nach oben. Ich hoffe mich lacht jetzt keiner aus, weil ich hier solche Binsenweisheiten von mir gebe.
Ich hoffe, ich konnte für die, die es noch nicht wußten, einiges klären.
Und nun noch mal zu meiner Startfrage, warum dreht sich mein Segler in den Wind:
An meinem Haushang befindet sich ja am Ende der Hangkante ein Wäldchen, auf das ich bei der Landung zufliege. Möglicherweise ist auch dieses Wäldchen an dem beobachteten Verhalten des Eindrehens in den Wind mit beteiligt, denn in Waldrandnähe gibt es je nach Windrichtung Windschattenbereiche. Wenn ich da hinein gerate wird der Segler schneller, da ja der Gegenwind nachläßt und bei vorgehaltenem Flieger will er dann ja auch wieder talwärts. Auch das ist also eines der Puzzlesteinchen, die zum Eindrehen in den Wind mit beitragen.
Gruß
Joachim