Wer kann Propeller "dynamisch" auswuchten?

jagmag

User
Hallo zusammen,

hab eine Frage (vielleicht nicht nur) an die Motorenexperten:

Wer kann Propeller "dynamisch" auswuchten?

Hintergrund meiner Frage ist die traurige Tatsache, dass an meinem Motor (bekannter deutscher Hersteller – kein "Übersee-Produkt") die Kurbelwelle direkt am Propellermitnehmer gebrochen ist.

Nach einem ersten telefonischen Gespräch mit dem Hersteller soll dieser Schaden durch eine dynamische Unwucht ("taumeln") des Propellers entstanden sein. Diese dynamische Unwucht würde besonders stark bei CFK-Propellern auftreten....!?

Verwendet wurde von mir ein CFK-3-Blatt-Propeller eines renommierten Herstellers mit 32 Zoll Durchmesser. Eine Unwucht ist, bzw. war von mir an diesem Propeller nicht festzustellen - weder beim Auswuchten (statisch), noch durch entsprechende Vibrationen im Betrieb. Würde jetzt gerne diesen Propeller (wir haben ihn wieder gefunden!) auf eine etwaige Unwucht - statisch und dynamisch - prüfen lassen (keine Sorge - nur zur Ursachenanalyse! Der Prop erhält zukünftig nur noch eine dekorative Aufgabe!).

Erwähnt werden sollte vielleicht noch, dass der Flieger ausschließlich im F-Schlepp eingesetzt wurde – also kein 3-D-Betrieb!

Auch würde mich interessieren, ob jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat? Dass Kurbelwellen brechen ist mir bisher eigentlich nur von Motoren bekannt, die im Vergleich zu einem 2-Zylinder-Boxer bauartbedingt eher eine lange Kurbelwelle haben und im 3-D-Einsatz sind.

Lt. Motorenhersteller habe ich jetzt die Möglichkeit die Reparatur in Auftrag zu geben, soll zukünftig einen Motor der 200ccm-Klasse mit einem Holz-Propeller betreiben und muss darauf hoffen, dass dann die Sache länger als (jetzt) zwei Jahre hält – oder (wenn ich weiterhin Wert auf einen CFK-Propeller lege) ich finde jemanden, der einen Propeller auch dynamisch auswuchten kann. Dies wäre jedoch nur eine weitere Möglichkeit, eine eventuelle Ursache für eine Bruch der Kurbelwelle für die Zukunft zu vermeiden - jedoch bei weitem keine Garantie dafür!

Sicher werde ich jetzt nicht aller Hersteller "über einen Kamm scheren", aber nach diesem Gespräch war mein Vertrauen in die "deutsche Wertarbeit" jedenfalls auch schon einmal besser. Ob all dies jedoch mein erheblich ins wanken geratenes Vertrauen zum Hersteller meines Motors wieder herstellen kann... na ja, wir werden sehen....?? Auf jeden Fall aber bietet die Weise wie bisher im "Königreich" des Herstellers mit meinem Schaden umgegangen wird noch erheblich Potential für ein kundenfreundlicheres Verhalten und war bisher aus meiner Sicht eher kontraproduktiv. Aber "sei's drum" – jeder hat mal einen "nicht ganz so tollen Tag"!

Weiter frage ich mich aber auch, welches technische Wissen hier von einem Modellflieger vom Motorehersteller verlangt oder vorausgesetzt werden kann? Sicher kann hier nicht jeder auf das Wissen aus einer technischen Ausbildung und/oder entsprechendem Studium zurückgreifen.

Soll - bzw. muss ich nun z. B. bei jedem Hersteller der (ausgewuchtete) Luftschrauben anbietet nachfragen, ob diese auch dynamisch - oder "nur" statisch ausgewuchtet sind? Wäre sehr gespannt was ich da alles zu hören bekomme...! Die "Bedienungsanleitung" beschränkt sich i. d. R. auf den Hinweis, dass nur "sorgfältig ausgewuchtete Propeller" zu verwenden sind! Mit den "handelsüblichen Auswuchthilfen" ist jedenfalls nur ein statisches Auswuchten möglich!

Ich werde nun versuchen den Adrenalinpegel so weit wie möglich nach unten zu fahren, den Motor zum Begutachten und für einen Kostenvoranschlag dem Hersteller zukommen lassen, abwarten wie sich diese Sache weiter entwickelt und vorerst auf einen Motor ausländischer Herkunft umrüsten.

Unabhängig davon hat dieser Vorfall aber einmal mehr gezeigt, warum im Umgang mit den Modellen einige Sicherheitsmaßnahmen zwingend beachtet werden müssen – und dazu gehört z. B. auch, dass sich bei laufendem Motor niemand vor dem Modell, bzw. im Gefahrenbereich des Propeller aufhalten darf!

Bei mir hat sich der Propeller im Flug "verabschiedet" und es sind zum Glück keine weiteren Schäden zu beklagen!

Bin gespannt auf Eure Tipps, Infos und Erfahrungen und – wenn's interessiert – werde ich auch über den weiteren Verlauf berichten.

Viele Grüße,

Rainer
 

BeAi79

User
Hallo Rainer, dumme Sache so ein Ausfall. Eine solche Stellungnahme des Herstellers hat bei mir Stirnrunzeln verursacht. Ich habe mal vor zigg Jahren eine KFZ Lehre erfolgreich abgeschlossen, das Motorenthema und auch Getriebe waren meine Steckenpferde...

Zum Auswuchten: Selbst bei Motorrädern werden die Räder immer nur Statisch ausgewuchtet, da die Räder im Verhältnis einen grossen Durchmesser zur Breite des Rades haben, also bringt in diesem Fall das dynamische Auswuchten nichts. Erst bei PKWs wo bekanntlich Breitreifen beliebt sind, muss zum Statischen Auswuchten das Dynamische Auswuchten dazugenommen werden, weil eben die Räder im Verhältnis sehr breit sind. Dies kannst du allerdings nur mit geeigneten Maschinen ausführen. Eine solche Maschine, gerade für Propeller ist mir nicht bekannt. Und wegen dem Verhältnis, Radius zur Tiefe des Propellers unsinnig.

Weiter musste ich bei meinen Propellern kaum bis gar nie nachbessern was die Unwucht angeht. Gerade bei CFK Propellern verwundert s mich ein bisschen, gerade da setzte ich darauf das der Hersteller dies für den Kunden erledigt. Und über eine saubere Fertigung auch ohne Nachbessern hinkriegt.

Hast du die Nabenverschraubung an einer Standbohrmaschine mit Bohrschablone ausgeführt? Nicht das die Nabe des Propellers desachsiert war? Dies führt natürlich auch zu Unwucht.

Weiter kann natürlich auch ein Materialfehler am Motor vorhanden sein, es wär nicht das erste Mal, denn mit dem Härten gewisser Teile (z.B. Ventile) haben schon andere deutsche Hersteller ihren Ruf zerstört. Gerade bei der Kurbelwelle wie auch Nockenwelle wird bewusst nur eine Oberflächenhärtung durchgeführt damit die Welle elastisch bleibt und die Torsionsbeanspruchung schadlos überlebt. Weiter hat ein 3 Blatt Propeller mehr Masse. Und der Ottomotor hat leider keinen konstanten Rundlauf, also wird gerade die Kurbelwelle zwischen Motor und Propeller stark auf Torsion beansprucht. Ich tippe da spontan auf eine fehlerhafte Kurbelwelle, Materialfehler des Herstellers. Die haben vermutlich die Kurbelwelle nicht nur Oberflächen gehärtet sondern durch und durch...

Ich bin mal gespannt wie die Story weiter geht...

Gruss Andreas.
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Immer was neues...

Immer was neues...

Die Hersteller lassen sich auch immer neue Dinge einfallen um aus der Verantwortung zu kommen. Kreativ sind sie ja, muss ich zugeben. Den Propeller möchte ich sehen dessen Auflage so schief ist, das der resultierende Blattspitzenverlauf derart daneben hängt um Kräfte zu verursachen die eine Kurbelwelle zerstören.

Bevor ich die Schadenteile nicht eingehend untersucht hätte (Bruchfläche, Material und Härteeigenschaften) würde ich mich als Hersteller mit solchen Behauptungen nicht aus dem Fenster lehnen.

Gruß

Stefan
 

EvoNic

User
Hallo Rainer!

Unwucht- und Taumelkräfte von "krummen" Propellern sind für die Welle statisch und führen normalerweise nicht zum Bruch, höchstens zum Verbiegen.

Kannst Du mal eine Nahaufnahme von der Bruchfläche und eine Gesamtaufnahme der Welle und des Propellermitnehmers einstellen?

Daß der Hersteller am Telefon alles abstreitet, ist ja nicht anders zu erwarten. Aber bevor ich mich hier empöre würde ich trotzdem gern sehen, daß die Welle nicht bearbeitet oder ihr sonstwie Gewalt angetan wurde. Es war auch nie eine Lichtmaschine (z.B. http://www.sullivanproducts.com/GenesysCustomContent.htm) oder sonstwas Schweres montiert außer bzw. zusätzlich zu einem Propeller?

Gruß, Nic
 

jagmag

User
Hallo zusammen,

zunächst herzlichen Dank für die vielen Infos Antworten und die rege Anteilnahme (auch per pn) !

Zu den Fragen zum Motor:

Der Motor ist im Serienzustand, es wurde nichts nachträglich bearbeitet, An- oder Umbauten – weder Anlasser noch Lichtmaschine - wurden keine vorgenommen.

Aktuell ist der Motor beim Hersteller. Rückmeldung dazu erwarte ich im Verlauf der nächsten Woche.

Denke, mit den Bildern werde ich noch auf die Reaktion des Herstellers warten.

Zur verwendeten Luftschraube:

Die Bohrungen für die Nabenverschraubung wurden mit Standbohrmaschine und Bohrschablone ausgeführt. Die Luftschraube sitzt stramm auf dem Dorn des Mitnehmers und liegt mit der Rückseite plan am Mitnehmer an. Die Schrauben zur Befestigung lassen sich von Hand eindrehen, bis der Schraubenkopf an der Luftschraube anliegt. Schrauben wurden stets überkreuz und in mehreren Schritten fest angezogen (jedoch ohne Drehmomentschlüssel!).

Der Blattspitzenverlauf ist 100%ig gleichmäßig.


Zum Thema:

Bei Gesprächen u. A. auch mit zwei Hersteller von CFK-Propellern wurden die Aussagen des Motorenherstellers z. T. mit sehr "deutlichen" Worten kommentiert (das mag ich hier wörtlich nicht widergeben... :o).

Ich versuche mal die wesentlichen Punkte der Aussagen zusammenzufassen und (auch so neutral wie möglich) wiederzugeben:

CFK-Propeller werden vom Hersteller sehr sorgfältig ausgewuchtet. Ein nachträgliches Auswuchten durch den Kunden ist i. d. R. nicht notwendig – und im Falle einer "dynamischen" Unwucht auch nicht möglich!

Bei 2-Blatt-CFK-Propellern werden i. d. R. nicht nur die Luftschraubenblätter, sondern auch die Blatt-Vorderkanten zueinander ausgewogen.
Ein Auswuchten von 3-Blatt-Propellern gestaltet sich für den Hersteller im Vergleich zu 2-Blatt-Props i. d. R. sogar einfacher.

CFK-Propeller sind im Verglich zu Holz-Props i. d. R. verwindungssteifer, dadurch laufruhiger und leiser
3-Blatt-Props laufen im Vergleich zu 2-Blatt-Propellern "eigenstabiler".
Dass von sorgfältig ausgewuchteten Propellern "Taumelkräfte" auf die Kurbelwelle übertragen werden ist nicht nachvollziehbar.
Von 3-Blatt-Holz-Propellern wurde mir in dieser Größe abgeraten.

Ein Motorenhersteller, der in der heutigen lärmsensiblen Zeit für derart leistungsstarke Motoren Propeller aus Holz empfiehlt, bzw. bei der Verwendung von CFK-Propellen die Lebensdauer seiner Motoren einschränken muss, sollte sich vielleicht grundsätzlich Gedanken zu seinem Produkt machen (-ich werde dies auf jeden Fall tun)!

Für die auf die Kurbelwelle einwirkenden Kräfte sind u. A. das Gewicht, Durchmesser und Drehzahl der Luftschraube entscheidende Faktoren.
Die hieraus möglichen Kreiselkräfte, die besonders bei abrupten Richtungsänderungen auf die Kurbelwelle einwirken können, sind enorm und müssen bei der Konstruktion eines Flugmotors mit Direktantrieb entsprechend beachtet werden.

Bei einem Schleppmodell (mit einer gefühlten Rollrate von einer Umdrehung in 15 Sekunden) kann jetzt aber nicht wirklich von abrupten Richtungswechseln gesprochen werden – und Figuren wie Snaps oder dergleichen verbieten sich hier wohl von selbst!), so dass sich wohl auch die hier auftretenden Kreiselkräfte in sehr engen Grenzen halten werden und normalerweise locker von der Kurbelwelle weggesteckt werden sollten!

Tritt dennoch so ein erheblicher Schaden auf, ist die Ursache dann sehr wahrscheinlich in der Materialgüte oder sogar in der Konstruktion der Kurbelwelle bzw. des Motors zu suchen.


Aber damit wären wir jetzt ja eigentlich bei einem anderen Thema....

Denke, der weitere Verlauf dieser Sache bleibt interessant!


Viele Grüße,

Rainer
 
Kleiner Tip zum "groben" messen etwaiger dynamischer Unwuchten:

Bei deinem Dreiblattprop lagerst du zwei Blattenden (also sinngemäß die Blattspitzen) punktuell auf einer Unterlage ...die freie Blattspitze lagerst du auf einer Briefwaage (im Idealfall liegt dabei der Prop planparallel zur Waage.
So kannst du schon mal recht genau etwaige Gewichtsunterschiede (dynamische Unwucht) in den einzelnen Blättern nachwiegen.

Gruß Dieter
 
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