Baubericht DFS Kranich II

AlexRR

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Hallo,

nach einigen Jahren Abstinenz möchte ich mich gerne mit einem kurzen Baubericht zurückmelden. Nachdem ich, schockverliebt von den Knickflügeln, bereits zwei 3.50m Minimoa und ein Reiher gebaut habe, sollte nun endlich mein heimlicher Favorit, der DFC Kranich II als Eigenkonstruktion folgen. Das Anforderungsprofil war dabei simpel: Die charakteristische Optik sollte Semi-Scale umgesetzt werden, jedoch ohne Nietenzählen. Die Spannweite ergab sich dabei aus dem maximalen Stauraum des Autos und beträgt 375,5cm. Ein Wert, der zugegebenermaßen keinerlei Sinn macht.

Bei der Profilwahl gab es mehrere Ansätze, letztendlich habe ich mich für folgendes entschieden: Bis zum Knick fand das MVA 227 Verwendung, danach wurde bis etwa zur Mitte des Außenflügels das HQ/W-3-13 auf das HQ/Oldy-3-13 gestrakt und selbiges bis zum Flügelende beibehalten. Die Hoffnung war hier, dass das Oldy-Profil mit den großen und vor allem sehr tiefen Querrudern des Modells zurechtkommt – Diese machen am Randbogen nahezu die halbe Flächentiefe aus.

Die schwerste Entscheidung während des Planungsprozesses war sicherlich die Frage „Antrieb ja/nein?“. Frei nach dem Karl Lagerfeld zugeschriebenen Ausspruch bin ich grundsätzlich der Meinung, dass jemand, der einen Antrieb an einen Oltimersegler baut, die Kontrolle über sein Leben komplett verloren hat. Man denke nur an die unsägliche Minimoa von FMS. Derartiger Kulturvandalismus sollte verboten werden. Andererseits ist die Landschaft hier so flach wie Witze von Oliver Pocher. Und so fristen meine Gö-3 ein recht trauriges Dasein, während ich auf die bestenfalls alle drei Monate passende Kombination aus Windstärke, -richtung und Freizeit warte, um nach einer einstündigen Anreise den Vogel über die Hangkante zu schubsen. Da wäre mehr Flexibilität schon großartig und ich begann, unvermeidliche viszerale Reaktionen tapfer unterdrückend, mit einer Klapplatte zu planen. Abnehmbar und dezent natürlich. Mein Blick fiel dabei auf den Antrieb für den kleineren Kranich von Pichler mit 80mm Welle, der bei meinem angepeilten Gewicht und einer angepassten Latte mit 3S funktionieren sollte.

Der Rumpfaufbau erfolgte traditionell als Laubsägearbeit, die Spanten wurden nach Profilzeichungen vorher in Adobe Illustrator angelegt, was (bis auf kleinere Nacharbeiten) erstaunlich gut funktioniert hat (A). Der Bau ging ohne große Probleme vonstatten, ein wenig Slapstick gab es allerdings: Nach einer zweiwöchigen Unterbrechung machte ich mich an das zweite Flächenmittelstück, nur um nach Vollendung festzustellen, dass ich zwei rechte Flächen in den Händen hielt (B) … Tief durchatmen.
Misc-2.jpg


Etwas Kopfzerbrechen bereiteten die Störklappen, von denen erst die zweite Version (B) die Anforderungen an Stabilität und Präzision erfüllte.
Störklappen.jpg


Die EWD wurde nach der empirisch belegten und von Generationen von Modellbauern favorisierten „Passt-schon-irgendwie“-Methode erarbeitet und beträgt 4°. Vermutlich.

Rumpf_1.jpg


Und so sah der Kranich dann letztendlich aus:
Komplett.jpg


Der Erstflug konnte kommen. Bald.
 
Vielen Dank für das nette Feedback.

Nachdem sich der Rohbau durch die üblichen Verzögerungen über ein Jahr hingezogen hat, wurde Pfingsten als Termin für den Erstflug angepeilt. Der Klassiker: „Es sind ja nur noch ein paar Kleinigkeiten zu machen…“, sprach es und verbrachte die nächsten Wochen abends 2-3 Stunden mit eben diesen „Details“. Der Erstflug erfolgte entsprechend verspätet vor ein paar Tagen an einem wunderschönen Nachmittag bei leichtem Wind und moderater Thermik. Der Kranich präsentierte sich dabei bis auf die notwendigen Bereiche unbespannt, auch die Kabinenhaube blieb notdürftig abgeklebt. Die Tiefziehform wartet noch. Ohne Klapplatte ist die Rumpfnase optisch annehmbar geblieben (A). Feuchte Finger beim letzten Rudercheck (B).

Erstflug2.jpg


Durch das geringe Gewicht begünstigt, zog der Antrieb das Modell souverän nach oben. Auf Sicherheitshöhe angekommen, gewann der Flug durch den zur Sicherheit deutlich zu weit vorne eingestellten Schwerpunkt und die vergessene Differenzierung der Querruder an Unterhaltungswert, gekrönt vom unüberlegten Spontaneinsatz der zuvor unerprobten Bremsklappen im Endanflug. Ich grübele noch immer, warum es in der Kombination gut ausgegangen ist. Also Nerven beruhigen, Probleme abstellen und noch ein paar weitere Flüge gemacht. Der Eindruck war nun überaus positiv, Das Flugbild ist großartig (Klapplatte wegdenken), selbst bei schwachem Wind ist der Kranich ohne Abreißtendenz mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs - er kann aber natürlich auch schneller. Die Steuerung ist über alle Achsen sehr angenehm, ich bin bislang absolut zufrieden. Nun steht noch die vollständige Bespannung an, dann werde ich weiter testen und entsprechende Bilder nachreichen.

Erstflug.jpg


Die Qualität der Flugaufnahmen bitte ich zu entschuldigen. "Erstflug mit Handy in der Hand" ist eine Herausforderung.
 
Sehr schön geworden, bin aufs Endergebnis gespannt.
 
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