Frage an BZFrank: Innenwiderstand eines LiPos beim laden wie einen Leitungswiderstand betrachten?

NFLY

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Hallo Frank, weil ich sehe, daß du momentan hier wieder aktiv bist, möchte ich folgende Frage stellen, die mir schon länger auf den Nägeln brennt und wahrscheinlich auch von allgemeinen Interesse ist:

Kann man den Zelleninnenwiderstand eines LiPo Akkus z.B. während des ladens genauso betrachten, wie man das mit dem Leitungswiderstand macht?

Hintergrund der Frage ist, ob man den Spannungsabfall am Ri beim schnellladen mit hohen Strömen genauso kompensieren darf, wie man das mit dem Widerstand des Hauptstromkabels beim laden mit Balancer macht.

Konkret: Den Spannungsabfall Ui am Innenwiderstand zur Ladeschlussspannung addieren?

Der Pulsar verwendet das mit starken Ladeimpulsen im Schnelllademodus. Bei den Junsis gibt es die Möglichkeit mit “Balance Over Charge” die übliche Ladeschlussspannung von 4,20V zeitweise zu überschreiten.


Angenommenes Beispiel: Laden eines 1s Akkus mit 5mOhm Zelleninnenwiderstand mit 10A.

(Spannungsverluste auf dem Ladekabel sollen hier nicht betrachtet werden, sondern nur die Zelle, wie sie der Balanceranschluß sieht.)

Im elektrische Ersatzschaltbild wird eine Zelle als Serienschaltung einer idealen Spannungsquelle Uq mit ihrem
Innenwiderstand Ri dargestellt.
Beim normalen CC-CV Ladeverfahren wird das Ladegerät solange mit 10A Ladestrom laden, bis die (äußere) Zellenspannung U = 4,20V erreicht und diese dann halten.
Zu diesem Zeitpunkt hat die ideale Spannungsquelle aber erst: Uq = U – Ui = 4,20V – (5mOhm x 10A) = 4,20V - 50mV = 4,15V erreicht.

Wenn ich jetzt dagegen aber mit Ri Kompensation lade, dann kann ich bei 10A bis Uq (= 4,20V) + Ui laden.
Ich kann also den 10A Ladestrom bis zu einer Ladespannung von 4,25V halten. Die eigentliche (innere) Akkuzelle Uq hat zu diesen Zeitpunkt dann gerade 4,20V erreicht.

Natürlich muß ich anschließend dafür sorgen, weil mit dem zurückgehen des Ladestroms der Spannungsabfall am Ri kleiner als 50mV wird, daß die Ladespannung während der CV-Phase allmählich von 4,25V auf letztendlich 4,20V sinkt. Somit wird die (idealisierte) innere Zelle konstant auf 4,20V gehalten.

Spricht aus der Sicht eines Akkuexperten etwas gegen diese Betrachtungsweise?
 
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BZFrank

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Hallo,

Interessante Frage - es betrifft die sg. "Charging Protocols" für Lithiumakkus. Es gibt ja viel mehr als nur CC-CV...

Ich würde das Augenmerk nicht auf die CV-Phase setzen. Das ist nämlich auch der Bereich in dem die Zelle normalerweise die grössten internen "Schäden" erhält. Im Prinzip kann man den Spannungsabfall des ohmschen Widerstands des Systems "dazuschlagen", aber der Effekt (Zeitgewinn) dürfte gering sein.

Es geht aber anscheinend "mehr" und zwar in der CC-Phase - Stichwort "Boost Charging". Schau dir mal dieses Paper an, welches so ein Boost-Charge-Verfahren beschreibt.


TL;DR: siehe auch Fig.12.

Boostcharging wird als neues, ultraschnelles Aufladen vorgeschlagen, siehe Algorithmus für Li-Ionen-Batterien [6,7]. Charakteristisch für Boostcharging ist, dass nahezu vollständig entladene Batterien für einen kurzen Zeitraum mit sehr hohen Strömen aufgeladen werden können, ohne schädliche Auswirkungen. Ein vollständig entladener Akku kann so innerhalb von 5 Minuten auf 1/3 seiner Nennkapazität gebracht werden, ohne zusätzliche Degradationseffekte. Boostcharging hat sich für zylindrische und prismatische Li-Ionen-Akkus als machbar erwiesen.

Weitere "Charging Protocols" werden auch hier besprochen:


TL;DR: siehe Seite 3
 
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NFLY

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Danke für die Links.

Ich hab`s mal überflogen. Es sieht so aus, als ob beim Boost Charging auch mit hohem Strom bis zur erlaubten Akkuspannung geladen wird. Dann gehen sie aber schlagartig mit dem Ladestrom deutlich zurück um im weiteren Verlauf die normale CC-CV Ladung durch zu ziehen.

Der Innenwiderstand wird bei diesen Grafiken allerdings nicht berücksichtigt.

Bezüglich möglicher Schädigung bei langer CV-Phase:
Vielleicht stellt sich nach längerer Erfahrung mit den Lithium Akkus noch heraus, daß Schnellladen am Ende weniger schädlich ist, als laden mit < 1C?
Das würde die E – Autohersteller sicher auch stark interessieren.

Mich hat die Frage mit dem Ri nur deshalb so beschäftigt, weil sich dieser aus mehr Komponenten als nur aus dem ohmschen Wiederstand der Ableiter und des Anoden- Kathodenmaterials zusammensetzt.

Der Ladezeitgewinn hält sich freilich in Grenzen. Ich finde momentan meine Aufzeichnungen dazu nicht mehr. Es könnten bei 3C Laderate immerhin ca. 1,5 – 2 Minuten gewesen sein.

Bei alten LiIonen Zellen mit hohem Ri merkt man schon bei Laderaten von 0,3 – 0,5C eine deutliche Ladezeitverkürzung; was ich gerne ausnutze.
 

BZFrank

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Bei den ganzen Ladeprotokollen geht es immer ja um eines: Verbesserungen gegenüber dem "Standardverfahren" (CC-CV).

Solche Verbesserungen betreffen zwei Bereiche:

- Ladezeitverkürzung
- (Zyklen-)Lebensdauerverlängerung

Ich würde aufgrund einer kleinem Gewinn beim ersten nicht einen Verlust bei zweitem in Kauf nehmen. "Schnellladen" (d.h. am Limit) im Bereich SOC >90% ist keine gute Idee für letzteres. Hingegen ist "Schnellladen" bei niedrigem Ladestand ist ohne grosse Lebensdauereinschränkugen möglich, siehe Boost Charge Verfahren.

Das Problem ist, dass du gerade in der CV-Phase näher an das Plating-Limit der Zelle herankommst - und zwar gerade (wegen dickerm SE-Interface) bei alten Zellen. Wann das Limit erreicht ist kannst du von aussen nicht trival feststellen, aber die Lebensdauer nimmt ab dann rapide ab. D.h. eigentlich müsste man gerade bei älteren Zellen früher abregeln.
 
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