Neues Multihull-Konzept "Surfmaran"

micha b

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Alle sagten "Das geht nicht!" Dann kam einer der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.



Mit den Modellbooten hab ich angefangen, weil ich aus gesundheitlichen Gründen mit dem Windsurfen aufhören musste.
So konnte ich bei Sonne, Wind und Wasser trotzdem weiterhin die Elemente genießen - nur eben vom Ufer aus.
Trotzdem hat mich das Thema Windsurfen bis heute nicht losgelassen: Dieser Speed, dieses Gleiten über die Kabbelwellen
hinweg, dieses Spüren der Naturgewalt Wind im Rig - das hat es immer für mich ausgemacht - geht jetzt aber eben nicht mehr.
Aber vielleicht wenigstens das Gleiten.... ???

Das letzte Jahr war für mich geprägt vom Bau meines PLAty Trimarans. Ich habe viel gelernt in der Zeit und der Tri fährt
inzwischen in der Version 6 (Hauptrumpf) und Version 9 (Amas) zuverlässig und fast narrensicher seine Bahnen.
Was mich immer noch stört ist, dass der Tri ein Verdränger bleibt und wenn er auf einem Bein fährt nicht weiter
beschleunigt, da er sich mit diesem einen Bein recht tief in's Wasser eingräbt.
Dafür muss eine Lösung her. Foilen interessiert mich nicht, das gibt's ja auch schon - ich möchte wieder Surfen!!!
Der Traum vom "RC Windsurfer" war wieder da!
Aber einen Monohull Windsurfer bauen erscheint unmöglich - aber vielleicht eine Kombination aus Multihull und Surfer???

Der Ansatz zum Gleiten ist ein möglichst breite Auflagefläche mit glattem Unterboden und damit wenig Reibung - Prinzip "Slick-Reifen auf Pfütze".

Ich habe also angefangen mit der Umplanung des Tri-Mittelrumpfes zur V-Form, da dieser ja grundsätzlich nur mit der STB oder BB-Hälfte im / auf dem Wasser ist.
Die Amas habe ich auf "flach mit viel Breite" getrimmt - eben die Form eines Surfboards, heraus kam schließlich das: als Erstentwurf - noch viel zu kompliziert

Konzept I :
1686125646823.png

Basierend darauf, dass die gesamte Auflagefläche der Rümpfe AUF dem Wasser liegen soll:

1686125781488.png

Doch was passiert, wenn der Tri weiter krängt, dann kippt ja der Ausleger und liegt nicht mehr auf dem Wasser... die Lösung
ist ein über Servo verstellbarer Winkel des Auslegers, gesteuert von einem Kreisel:

1686125939797.png

Soweit so gut.... aber >leicht< und simpel muss das Ganze werden wenn es Gleiten soll... also alles hinterfragen...
Brauch ich wirklich einen Mittelrumpf mit Schwert und Ruder? Ich denke nicht!

Nach viel Optimierung und Simplifikation bin ich jetzt hier gelandet:

Konzept II :
1686126190187.png 1686127926185.png

Mittelrumpf ist weg, Schwert ist weg, zentrales Ruder ist weg. Also letztendlich ein Katamaran. Aber eben nicht ganz, sondern einer der auf das "Ausrutschen" auf dem Wasser ausgelegt ist - auf das Gleiten AUF dem Wasser.
Das Segel ist ganz bewusst als Surfsegel ausgelegt, mit Kugelgelenk am Mastfuss, so kann ich den Druckpunkt bei schneller Fahrt (aktiv?) weiter nach hinten bringen - über die Finne, wie beim Surfboard auch sobald es gleitet. Diesem reicht in echt auch die kleine Finne hinten um richtig Höhe zu laufen.

Wahrscheinlich muss ich für's Gleiten die Form der Ausleger noch optimieren, noch breiter, dafür evtl. etwas kürzer.
Auch die Neigungssteuerung der Ausleger mittels Servo wird nicht ganz so trivial werden, da ich vorhabe, die Steuerung des Surfmarans später nicht via Heckservo über das Ruder umzusetzen, sondern wie beim echten Surboard auch via Kantenbelastung, also Überlagerung der Kreiselfunktion mit dem Steuerknüppel.

Natürlich ist das hier nur eine fixe Idee von mir, und die Chance, dass es am Ende funktioniert sehr gering.
Aber was soll's? Das ist Hoobie und die Kosten halten sich sehr in Grenzen - 3D Druck sei Dank.
Die Carbonrohre kommen für die Tests aus der Krabbelkiste, Servos etc. nehm' ich aus dem alten Tri.

Der 3D Druck läuft, der erste Schwimmer ist in 1 Stunde fertig.

Bin gespannt auf eure Anregungen zur weiteren Optimierung. Wenn ihr Fragen / Kritik / Zweifel habt, nix wie her damit. Für mich ist das wieder ein "bekomm ich das hin?"-Projekt und der Weg ist das Ziel.

Alle sagten "Das geht nicht!" Dann kam einer der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.
 
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micha b

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Ach ja die technischen Daten:

- Länge 120 cm
- Breite 122 cm
-Segelfläche unter 0,9m² (in den Screenshots 0,7m² = B-Rig )
=> MINI40 Klasse.

Breite der Rümpfe 14cm (wird noch breiter)
Volumen der Rümpfe je 4,4 Liter.
Aktuelles Gewicht hochgerechnet ca. 1.8kg

Nur das nach hinten kippbare Segel passt nicht in die Klasse, aber Eines nach dem Anderen.
Erst zum Gleiten bringen, dann in Wettbewerbsklassen pressen.
 
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micha b

User
Noch ein kleines Detail zu dem ich gerade per WhatsApp gefragt wurde:

1686130773060.png

Das zentrale Servo (ganz rechts) kippt die Rümpfe gegenläufig zu seinem eigenen Neigungswinkel - damit ist der Rumpf immer waagrecht über Wasser. Viel Kraft wird das Servo hierzu nicht benötigen, da der Rumpf ja von sich aus waagrecht auf dem Wasser bleiben möchte, auch die Geschwindigkeit des Servos dürfte nicht sooo sehr eine Rolle spielen.

Die Neigung des Segels (das nach hinten kippen im Fahrbetrieb) wird über die drei Wanten erfolgen. Ob ich diese aktiv (mit einem Servo) mache weiß ich noch nicht, wahrscheinlich schon.. Das wird dann eine Seiltrommel mit zwei verschieenen Durchmessern, um die Längendifferenzen des Vorstags zu den Wanten auszugleichen...
 
Interessant Idee.

Als langjähriger Windsurfer erlaube ich mir ein paar Beobachtungen.

Ein Windsurfboard verlässt sich nur auf die Finne zum Höhe laufen - nicht nur. Ein Windsurfer hat einen Menschen an Board ;) der durch seine Gewichtsverlagerung und durch Ankanten des Boards mit Füßen in den Schlaufen wesentlichen Einfluß auf die Fahrlage hat. In Gleitfahrt gehen die Kräfte des Segel über Trapeztampen des Menschen und seine Füsse in den Schlaufen ins Board. Dieser Mensch und die damit verbundene Dynamik in der Gewichtsvertrilung und Einleitung der Segelkräfte fehlt hier natürlich.

Ohne Schwert und damit Lateralfläche ist meine Befürchtung, dass der Kat mehr nach Lee verblasen wird als das er Fahrt aufnimmt.
 

micha b

User
Die Kantenbelastung kann ich mit der oben beschriebenen Überlagerung des Kippservos steuern. Zumindest Luv und Leekantenbelastung. Für das "vor und zurück" hab ich noch keine Lösung, hoffe aber, dass ich das durch die Verlagerung des Segeldruckpunktes simulieren kann.

Und ja, ich glaube, es wird sein wie beim echten Surfboard... erst nach Lee abfallen um Fahrt aufzunehmen und im Gleiten dann wieder Höhe laufen.
 

Shark_PS

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Hallo Micha,

sehr schönes und interessantes experimentelles Projekt. Bin gespannt wie es weitergeht und funktionieren wird. Ich hoffe, dass du deine Zielsetzungen ausreichend erfüllt bekommst.

Finde es gut wenn sich Leute mal an neue Sachen heranwagen, wo die Mehrheit bedenken hat bzw. gleich sagt "das funktioniert eh nicht". Ich selbst probiere sowas auch immer wieder mal gerne. Wichtig für mich ist dabei aber, dass die technischen und physikalischen Rahmenbedingen realisierbar bzw. erfüllbar sind. Ansonsten kann man sich die Arbeit / Bauaufwand auch sparen. Selbst wenn man sich halbwegs sicher ist das es funktionieren kann kommen dann immer noch genug kleinere und größere Probleme auf einen zu die man nicht bedacht hat. Die gilt es dann zu lösen bis alles wie gewünscht funktioniert.

Nachfolgend ein paar Punkte bei denen ich aufgrund deiner gezeigten Bilder noch bedenken hätte, basierend auf meinen Erfahrungen mit meinen RC Rennbooten:
  • bei Gleitbooten liegt der Schwerpunkt (SP) etwa bei 30-35% (40% ) der Rumpflänge von hinten um einen entsprechenden Gleitwinkel zu erreichen. Ist schwer abzuschätzen ob das bei deinem Konzept passt. Ein realer Surfer hat da durch Gewichtsverlagerung einen deutlich größeren Spielraum und im vollen Gleitzustand ist der SP schon relativ weit hinten.
  • von meinem Kehrer Jetboot mit 20cm Breite und ca. 1,7-1,8kg Gewicht weiß ich das es ab ca. 13-15km/h langsam vom Verdränger zum Halbgleiter wird. Bei ca. 18-20km/h ist es dann ein Vollgleiter. Habe jetzt aber kein Gefühl dafür was für ein Geschwindigkeitspotential ein Mini 40 so von sich aus mitbringt und ob die Segelkraft reicht um in die Nähe dieser Geschwindigkeiten kommt. Was man auch nicht vergessen darf ist, das Gleitrümpfe aufgrund ihrer Form im Verdrängerzustand erstmal mehr Widerstand haben (benetzte Fläche als auch Wellenwiderstand) als ein normaler sehr schlanker Multihullschwimmer. Wird daher schon etwas windiger sein müssen um in einen Gleitzustand zu kommen.
  • Was auf keinen Fall günstig ist aus meiner Sicht sind die Runden Kanten an den Schwimmern. Für einen leichteren Übergang vom Verdränger in den Gleitzustand als auch später für widerstandsarmes Gleiten. Das Wasser braucht eine definierte und scharfe Abrisskante vor allem im Heck bzw. am Heckspant. Ansonsten kann sich das Wasser leicht mit der Rundung hochziehen was zu unerwünschten effekten führen kann und Energie kostet. Surfbretter haben ja auch eine im hinteren Bereich eine scharfe Abrisskante. Eine Art Knickspant wäre da sicherlich zielführender. Ferner würde eine Kante sicherlich mehr Seitenführung bieten und gegen Abdrift helfen.
  • Beim Momentan letzten Punkt bei dem ich nicht wirklich abschätzen kann ob es zusammen passt sind Segeldruckpunkt und Lateralschwerpunkt und deren Verschiebung aufgrund des vorgesehenen Kippen des Mastes nach vorne und hinten bzw. beim Aufgleiten des Rumpfes. Derzeit habe ich das Gefühl, dass Segel ist zu weit vorne. Eventuell sollte man doch eine Möglichkeit vorsehen ein kleines Schwert an verschiedenen Positionen montieren zu können oder den Mast zu verschieben.
Das wär es erstmal von meiner Seite, hoffe es bring das Projekt weiter ...

Besten Gruß,
Patrick
 

micha b

User
Hallo Patrick, danke für deine ausführlichen Gedanken.
Zu den einzelnen Punkten:

- Schwerpunkt 30-35% von hinten: Sollte klappen, Trimmung erfolgt über die RC-Anlage, Akku etc.
- Geschwindigkeit: Da bin ich tatsächlich überfragt, ich denke schon, dass es gehörig blasen muss, um den Surfmaran auf 20km/h zu bringen. Es würde mit Sicherheit nichts schaden, wenn ich das Segel nochmals deutlich vergrößere.
- runde bzw. ekige Kanten am Heck: Da hast du wahrscheinlich zu 100% Recht, hab ich nicht bedacht. Ich zeichne gerade schon die Version 2 welche dann ab ca. der Mitte so kantig wie möglich sein wird.
- Verschiebung des Mastes: Ja natürlich wird der noch verschoben werden - tendenziell nach hinten. Sehe ich auf jeden Fall vor.

Nochmals danke für deine Tipps, das brachte mich auf jeden Fall weiter! 👍
 

micha b

User
Inzwischen bin ich dank eurer Tipps hier schon ein bisschen weiter gekommen.

Hier das neue Design der Rümpfe:
1686575284149.png 1686575338758.png
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Die Rümpfe haben jetzt im hinteren Bereich scharfe Abrisskanten, zudem habe ich ihnen noch etwas mehr scoop gegeben damit sie nicht so leicht einpitzeln. Dazu kommen einige interne Versteifungen.
Und natürlich die Anpassung der Grundform, welche der zweier Ellipsen entspricht, zudem nochmals 1cm breiter ist.

1686575585888.png

Die Ellipsenform findet sich tatsächlich bei so gut wie allen aktuellen Surfbrettern, kann also schonmal nicht sooo falsch sein.

Die Gewichtstrimmung wird über di Servos und den Akku erfolgen. Es werden vorerst 4 Servos im Einsatz sein:
- Ruderservo
- Segelstellservo
- Kippservo für die Schwimmer und zur Steuerunterstützung über Kantenbelastung
- Kippservo vor/zurück für den Mast, zur Verlagerung des Segeldruckpunktes nach vorne / hinten

Ach, am meisten macht einfach immer das Konstruieren Spaß :-)

1686576518398.png
 
Ich kenne die Elipsenform durchaus auch noch von Surfbrettern.

Tatsächlich sind aber moderne Boards wesentlich kürzer und dafür breiter geworden und auch hat sich die Volumenverteilung drastische geändert.
 
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