Urmodelle oder direkt Formen fräsen?

Hallo,

welche Methode könnt ihr mir empfehlen um die Formen für einen 2,5m Segler herzustellen?

Als Fräswerkstoff möchte ich polierbaren Kunststoff (PW920) nehmen.

Nun gibt es dazu mehrere Möglichkeiten:

1. Formen negativ in den Block fräsen und direkt daraus Flieger bauen
2. Formen negativ in den Block fräsen, zum positiven Urmodell abformen und vom Urmodell wieder eine Negativform abformen
3. Positive Urmodelle fräsen und zum Negativ abformen
4. ?

1. geht am schnellsten und günstigsten. Aber ist so eine Form für viele Entformungen über Jahre hinweg geeignet? Wird das Material mit der Zeit krumm? Die Flächenformen werden ca. 1250mm lang.

Aluformen wären auch machbar, aber die Bearbeitung nimmt sehr viel mehr Zeit in Anspruch. Was meint ihr?

Viele Grüße
Christian
 
Hallo Christian,

Formen für Leitwerke kannst du auch direkt in Alu(gegossen nicht gewalzt) fräsen lassen,

ansonsten würde ich Möglichkeit 3 wählen, gegen Verzug hilft es das Blockmaterial mit einem Stahlrahmen zu verkleben

mfg Rene
 
Versuch macht klug.

Und es macht Sinn mit dem einfachsten Anzufangen. Stell dir vor du beginnst mit dem Teuersten und Aufwendigsten Weg?
und das geht tatsächlich!

Dann stehst du bei dem nächsten Projekt wieder vor der gleichen Frage wir jetzt und irgendwann must du es mit der einfachsten Variante probieren.

Und jetzt stell dir vor, es geht noch viel besser als mit der Aufwendigen.

Sigi
 
Hey

Durch das Walzen bauen sich im Material Eigenspannungen auf,
die dazu verführen, dass sich dein Urmodel nach dem Fräsen ziemlich verzieht.

Lg Jakob
 
Letztes Jahr haben wir das erste mal Formen direkt aus dem Blockmaterial gefräst. Das verwendete Material ist dem PW920 ähnlich mit einer Dichte von 1,2kg/cm2.
Es wurden schon einige Flächen aus den Formen gebaut ohne das die Formenkanten gelitten haben. Die Formoberfläche der Flächen selber leiden ja nicht beim Flächenbau sondern nur die Kanten an denen Gewebeüberstände mit einem breiten Stechmeißel abgestochen werden.
Das Blockmaterial ist 30mm dick und wurde auf Stahlrohre 40x40mm mit Epoxidharz geklebt und erst dann gefräst. Die Formen sind 1500mm lang.
Ich sehe bisher keinen Nachteil gegenüber einer vom Positiv abgenommenen Form. Das fräsen einer Negativform ist aber aufwendiger durch den mehrfachen Wechsel der Fräser bis zu einem Durchmesser von 1mm um die Restmaterialien am Flächenansatz und an der Flächennase zu bearbeiten.

CB097706.jpg

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Hallo,

Danke für eure Antworten.


An Rene:

Aluformen für Leitwerke und Servoabdeckungen (andere Flieger) habe ich schon gefräst. Daher weiß ich, dass der Aufwand erheblich größer ist als bei Kunststoff. Vor allem das Schleifen und Polieren.

Warum würdest du Urmodelle fräsen und abformen? Hast du damit gute Erfahrungen gemacht?


An Christian:

Das trifft es von der Größe sehr gut. Sind die Rohre nur auf den Block geklebt und nicht untereinander geschweißt?
Bei den Flächenformen könnte ich es so machen. Beim Rumpf komme ich dann allerdings mit der Fräshöhe nicht mehr hin.
Meinst du ohne Rahmen wird die Form früher oder später krumm?
Gibt es keine Probleme durch unterschiedliche Ausdehnung bei Temperaturunterschieden von Kunststoff und Stahl?

Wurde das Rohteil neben der Fräse aus kleineren Stücken zusammengeklebt? Sieht man das nacher in der polierten Oberfläche?

Ist die Größe eurer Formen vom Gewicht noch gut von einer Person zu bewältigen?

Den Werkzeugwechsel beim Fräsen nehme ich gerne in Kauf. Die Seitenruderform habe ich schon gefräst: 6er, 3er, 2er und 1er Kugelfräser.

Viele Grüße
Christian
 

Kayb

User
Hallo,

Ich hab alle 3 Varianten schon gemacht.

Urmodelle aus Formen bauen würde ich nur im Notfall machen. Haben wir damals auch nur gemacht, weils die Formen schon gab... aber halt aus MDF. Bei jeder Abformung leidet auch die Genauigkeit und das Risiko dass irgendwas nicht passt gibt’s auch jedes mal.

Direkt Formen bauen geht mit dichtem Material gut. Wenn nicht so viele Flieger geplant sind, ist das eine Option, da man sich natürlich das Formenbauen spart, dafür hält die Oberfläche nicht so viel aus. Schleifen ist im negativ schwieriger, da kann man nur wenig mit harten Schleifklötzen (z.b. kleine Alulatten schleifen). Im Bereich der Nasenleiste muss man auf die Kante natürlich besonders aufpassen. Rümpfe insbesondere gute Flächen-Rumpfübergänge lassen sich negativ oft schlecht fräsen, das geht positiv schon deutlich besser.

Positive Fräsen gibt meiner Meinung nach das beste Ergebnis. Zwar gibt es da die Thematik um die Nasenleiste, jedoch mit Schaftfräsern kommt man da schon bei. Überhaupt mach fräsen auf Flügeln nur mit Schaftfräsern wirklich Sinn. Flächen sind ziemlich plan. Es gibt Tools mit denen man die Rauhtiefe(=Schleifarbeit) je nach Fräser, Bahnabstand und zu fräsendem Modell errechnen kann, Schaftfräser gewinnen bei Flächen deutlich, so kann man auch mit relativ großen Fräsern fahren. Mit richtigem Schleifmaterial kann man da auch ohne vorn einzutauchen scharfe Kanten erreichen. Dann fällt die Auffüllerei mit Wachs oder sonst was weg. Schleifen mit Schleiflatten geht auf einem positiv gut, gibt dann wirklich wellenfreie Oberflächen. Je nach dem wie gut die Oberfläche vom Urmodell geworden ist, kann polierbares Formenharz verwenden und nochmal in der Form nacharbeiten. Aber sollte in dem Material auch mit nicht bearbeitbarem Formenharz klappen.

Und ja, beim Ansetzen von Blockmaterial gibt’s immer was, das man hinterher sieht. Einzige Möglichkeit sowas loszukriegen ist bearbeitbares Formenharz verwenden , überschleifen und polieren.

Das Projekt ist interessant. Was für ne Auslegung habt ihr?
 
Hallo Kayb,

wie groß waren die Formen, die ihr aus Kunststoff gefräst habt? Mit oder ohne Stahlrahmen?

Eigentlich sind nicht viele Flieger geplant. Aber wenn ich das schon angehe soll es so haltbar sein, dass ich nach 10 Jahren noch ein Flieger aus der Form rausbekomme.

Du hast Recht. Ein Flächenübergang am Rumpf lässt sich als Negativ nur sehr schwer polieren. Daran habe ich noch nicht gedacht.

Ein "wir" gibt es bei dem Projekt nicht. Das mache ich alleine. Es wird eine ASW 20 auf Thermikflug ausgelegt. Aber kein reiner Thermikschleicher.

Viele Grüße
Christian
 

Eisvogel

User
Die Rumpfform wirst du nicht direkt fräsen können, dazu bräuchtest du ziemlich dickes Material, das gängige 50mm Blockmaterial wird nicht ausreichen.

Der polierbare (grüne) Kunststoff ist wesentlich teurer als das braune Zeugs, das taugt aber nur für Positve, da kommen dann noch die Materialkosten fürs abformen dazu.

So oder so wirst du bei grob geschätzten 1,5 - 2tsd. Materialkosten liegen, wenn du fräsen läßt kommen nochmal die Fräskosten dazu.


Zu deiner Ausgangsfrage:
Ich laß nur noch positiv ins braune Material fräsen. Ein Vorteil besteht darin, daß man die Teile mehrmals überfräsen kann, wenn der Neue ähnliche Maße bekommt. Das spart schon mal Materialkosten, ist aber nur relevant wenn man wirklich öfter Formen baut.
Ein weiterer Vorteil der Positivformen ist, daß bei einer versauten oder beschädigten Form wieder eine abgeformt werden kann, oder evtl. ein Kollege auch nen Formensatz machen kann und so nachträglich die Kosten reduziert werden.
Noch ein Vorteil: Nur die Flächenform überfräsen mit einem anderen Profil. So kann man z.B. einen Flächensatz für Thermik und einen zum Hangrocken erstellen.

Einen Nachteil von direkt gefrästen grünen Formen konnte ich auch schon feststellen (ich hab beides). Beim Tempern löst sich schon mal wegen der unterschiedlichen Wärmedehnung das Bauteil von der Form. Dieser Bereich ist dann nicht mehr schön glatt, sondern leicht wellig. Dieses Phänomen hatte ich bei meinen CFK-Formen nie. Vielleicht liegts aber auch an einer falschen Vorgehensweise bei mir.
 

Kayb

User
jopp, Grüne Formen tempern ist net...hab ich auch schon feststellen dürfen...

Bei unterschiedlichen Temperaturausdehnungen hast immer Probleme mit hinterbauten... Wenn sie nicht aus dem identischen Material sind.

Viel wichtiger als nen Hinterbau ist meiner Meinung nach eine sachgerechte Lagerung. Da ist es wichtig, dass die Formen sauber gerade liegen. Sonst werden sie halt krumm über die zeit... das ganze Blockmaterial setzt sich.

In Kunstoff, also grünes oder braunes Material, haben wir die letzte Zeit so bis 1,2m Formen gefräst, eigentlich immer ohne Hinterbau.
 
Hallo Erwin, Hallo Kayb,

das Material gibt es von 30 bis 100mm Dicke. Das reicht locker für den kleinen Rumpf. Als gegossenen Block ginge es vermutlich noch dicker. Für die Flächen muss ich mir eh einen Block anfertigen lassen, da es die Platten nur in 1m Länge gibt.

Dass Formenbau teuer ist weiß ich. Ein paar klassische Formen mit manuell erstelltem Urmodell habe ich schon gebaut. Und ein paar kleinere Formen aus Alu gefräst. Das Fräsen mache ich zum Glück selber.

Auf das Tempern der Formen kann ich verzichten.

Das braune Material (S-1) hat keine dichte Oberfläche. Welches Formharz wird dann am besten verwendet um es nacher auf Hochglanz zu bekommen?

Viele Grüße
Christian
 

Eisvogel

User
Auf das Tempern der Formen kann ich verzichten.

Das braune Material (S-1) hat keine dichte Oberfläche. Welches Formharz wird dann am besten verwendet um es nacher auf Hochglanz zu bekommen?

Das Problem tritt beim Tempern der Bauteile in der Form auf, nicht beim Tempern der Formen.

Ich verwende kein Harz fürs finish der brauen Platten, sondern 2K Autolack.
Die erste aufgespritzte Schicht wird mit einem fuselfreien Baumwolltuch wieder abgerieben, dabei werden die Poren gefüllt, sonst gibt's tausende Luftbläschen die immer wieder durchdrücken.
Dann wird sofort 2x dünn drauflackiert, bis ein leichter Glanz entsteht.
Jetzt wird die Farbe gewechselt, ich nehm als erste immer grau, dann orange. Diese zweite Farbschicht wird sofort auf die untere in 2 Schichten aufgespritzt, ohne zwischenschleifen, naß in naß.
Nach min. 3 Tagen Trockenzeit im Heizraum wird die erst Farbschicht wieder soweit abgeschliffen, bis die untere durchschimmert.

Ich schleif bis 2000er Papier, das reicht mir. Polieren spar ich, der Glanz kommt beim wachsen.
 
Hallo Erwin,

ich meinte schon das Tempern der Form MIT Bauteil ;- )

Bevor ich anfange die gefrästen Urmodelle zu lackieren nehme ich lieber das teurere Blockmaterial. Das ist mir sonst zu aufwändig.

Ich dachte du nimmst das grobe Material, wachst es ein und formst es ab. Dann die rauhe Oberfläche der Form schleifen und polieren.

Viele Grüße
Christian
 
Hallo Christian,
ich hatte Deine Fragen noch nicht beantwortet.
Die Platten/Blöcke lassen sich sehr gut mit Epoxidharz verkleben, es gibt aber auch für die PUR-Platten spezielle Kleber von den Plattenherstellern. Einen Spalt oder sichtbaren Übergang sieht man nur bei dicken Klebespalten. Die Platten sollten daher an den Klebeflächen plangeschliffen werden und mit Schraubzwingen angedrückt werden.
Die Stahlrohre wurden nur mit Baumwollflocken angedicktem Harz verklebt, auch untereinander, nicht verschweißt. Ich habe dann noch Glasgewebestreifen in die Ecken zwischen Plattenmaterial und Rohrwand laminiert um die Klebeflächen zu vergrößern. Ich temper die Form mit Bauteil bei nur 35°C und habe keine Probleme mit unterschiedlichen Längenausdehnungen. Die Platten werden bei einem Temperaturanstieg von 20°C auf die 35°C um ca. 1mm länger (auf die 1,5m Länge gesehen) und die Stahlprofile um 0,3mm. Da der Stahl aber eine deutlich höhere Festigkeit und besonders einen deutlich höheren E-Modul hat und zudem die Formen beim Tempern ja gegeneinander verschraubt sind und damit der Materialmix symmetrisch ist, verzieht sich dabei nichts. Die Schubbeanspruchung der Verklebung Stahl/Platte ist auch nicht zu hoch. Bei deutlich höheren Temperungstemperaturen kann das aber schon zu Problemen führen.

Man sollte auch mal nachsehen aus welchem Material die Platten oder Blöcke hergestellt wurden. Meist sind es heute Polyurethane aber es gibt auch Platten auf Epoxidharzbasis (Necumer 702 z.B.). Beide Polymere werden mit sehr hohen Anteilen von Füllstoffen versehen. Hat man eine Platte aus Epoxidharz, ist man von den Eigenschaften her einer laminierten Form mit Glasfaserlaminaten sehr nahe was Wärmeausdehnung und Oberflächenhärte anbelangt.
Es macht schon Sinn Flächen- und Leitwerksformen direkt aus dem Plattenmaterial zu fräsen. Wir rechnen Profile auf 0,001mm und sehen, das die Eigenschaften sich bei minimalen Abweichungen ungünstig verändern können. Meine Fräse arbeitet auf 0,02mm genau und diese Ungenauigkeit möchte ich auch dann an den an den produzierten Bauteilen aus den Formen holen und nicht mehr. Bei gefrästen Positiven wird durch den mehrfachen Farbauftrag und das schleifen desselben eventuell stärker von der Profilkontur abgewichen, besonders an der Profilnase. Positive würde ich daher aus Plexiglasplatten fräsen und nur polieren. Für Rümpfe spielt das keine Rolle und diese lassen sich auch besser im Positiv fräsen als direkt eine Negativform zu erstellen wenn ausgeprägte Flächen- und Leitwerksansätze vorhanden sind.
Die gefräste Formoberfläche ist nach dem Schlichten schon recht glatt. Zum schleifen der Forminnenfläche wird eine gefräste Schablone auf die Trennebene gelegt und mit den Passstiften exakt befestigt. Die Formkante der Nase wird dadurch nicht rund geschliffen. Mit Schablonen die aus der Fräsdatei der Flächen generiert werden können und die gleichen Passstiftbohrungen haben hat man eine um die Schablonenplattendicke verlaufende gerade Verlängerung des Nasenradius nach oben.
Geschliffen wird nass mit 600-2000 Körnung und anschließendem polieren. Man entfernt mit dem Schleifen nur die noch sichtbaren erhabenen Fräsbahnen und hat damit eine sehr gute Kontrolle die Genauigkeit der Kontur nicht zu beeinträchtigen.
 
Hallo Christian,

Danke für die ausführliche Antwort.

Mit der Genauigkeit sehe ich das genau so, darum kommt lackieren nicht in Frage.

Für die Flächen und das HLW direkt Formen fräsen und für den Rumpf ein Positiv abformen scheint am vernünftigsten zu sein. Alles aus dem PW920.
Den Tip mit der Schleifschablone werde ich umsetzen, Danke.

Ist das Tempern unbedingt notwendig und wenn ja, kann ich das nicht später beim entformten Teil machen?

Viele Grüße
Christian
 
Es kommt auf das verwendete Harz/Härter System an, das für die Bauteile verwendet wird. Die Härter mit langer Verarbeitungszeit sollte man besser tempern. Es reichen da schon 35°C über 11Stunden um eine höhere Temperaturbeständigkeit der Matrix zu erzielen. Man erzielt diese Eigenschaften auch durch Lagerung der ausgeformten Teile über einen längeren Zeitraum bevor man sie belastet (fliegt). Der Vorteil das vollständige nachhärten der Matrix in der Negativform zu erledigen ist die Fixierung in der Form und damit keine Möglichkeit der Bauteile sich zu verziehen.
Laminierte Formen werden in der Regel mit dem Urmodell getempert wenn dann auch in den Formen die darin hergestellten Bauteile getempert werden sollen.
 
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