Atlas/Satin-Gewebe für Formen?

Eisvogel

User
Wie man vorgeht, um nachhaltig Formen zu bauen, wurde hier bereits zur Genüge beschrieben.
Auch damit wurde meiner Meinung nach meist übers Ziel hinausgeschossen.

Symmetrischer Aufbau wird meiner Erfahrung nach für unsere Spielzeugformen völlig überbewertet. Die meisten Formen werden damit überdimensioniert, schwer und teuer.

Ich favorisiere bei meinen Formen den hochgezogenen Rand, der macht eine Form wesentlich verwindungssteifer und hält dauerhaft verzugsfrei bei dünnerem Aufbau. Beim verschrauben wird die Trennebene auch nicht wellig, bei weniger Schrauben.

Bei großen Formen diagonale Streben, gleicher Aufbau wie der Rand. Hinterfüllung mach ich auch nur noch für Vakuumformen und da auch nur noch mit 2K-Schaum und Styrodurabschnitten, dient nur zum Schutz vom Foliensack.

Meine laienhafte Vorgehensweise ist sicher nicht professionell, aber auch nicht ohne näheres Nachdenken. Eher im Gegenteil, ich mach mir viele Gedanken drüber, probier viel und verlasse mich nicht auf angebliche Profianleitungen, die irgendwann "neuesten Erkenntnissen" weichen.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Also, das kann ich so nicht stehen lassen. Wenn ich Formenbau meine, dann spreche ich über serientaugliche Werzeuge, die keine Gewebestruktur an der Oberfläche zeigen und die vor allen Dingen auch getempert werden können. Warum sollte man es dann im Hobbybereich anders machen? Kosten und Aufwand sind identisch, das Ergebnis aber deutlich beständiger.

Wie wir alle wissen, neigen rein bei Raumtemperatur gehärtete EP-Harze zur Nachvernetzung. Das passiert meist dann, wenn durch Exothermie im Laminat selbst oder durch extern erzeugte Erwärmung das Harzsystem über die Glasübergangstemperatur gelangt und weitere reaktive Bestandteile erneut miteinander reagieren, was dann zu einem volumetrische Schwund führt. Die chemischen und physikalischen Vorgänge sind hier nicht einfach wegzudiskutieren, aber wenn diese verinnerlicht wurden, dann kann sich jeder die Auswirkungen selbst ausmalen.

Noch etwas, EP-Laminierharze für den Formenbau (im Handlaminat) dürfen gerne eine höhere Mischviskosität (> 1.000 mPa·s) haben. Bei schweren Multiaxialgelegen gibt es ja die beschriebene Tendenz, dass das Harz bei zu geringer Mischviskosität ausläuft.

Ich mach das alles doch nicht zum Spaß hier ;)!
 

Eisvogel

User
Meinst du mein Geschreibsel?

Gewebestruktur an der Oberfläche: Mit der Zwischenlage aus Sand und Mumpe hoffe ich das ausgeschlossen zu haben.
Kosten und Aufwand sind mit wenigen Lagen geringer als mit vielen symmetrisch aufgebauten.
Vom tempern hab ich nichts geschrieben. Mach ich in der Regel mit ca. 50°, ist ja kein großer Aufwand. Trotzdem glaub ich, daß das für den Hobbybereich nicht nötig ist. Bis vor ca. 20 Jahren hat das wohl keiner gemacht.

Meine aktuelle Form ist durch das Formbaugewebe relativ harzreich. Haptisch ist sie ausreichend stabil und steif, dabei ziemlich leicht.
Wegen dem gefüllten Formenharz ist die Oberfläche sehr hart und die Kanten stabil, ich denke da könnte man viele Rumpfe draus laminieren. Ist aber nach ein paar Teilen wohl Sondermüll weil sie nicht mehr gebraucht wird.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Vor 20 Jahren war ich ja auch noch nicht hier, ich hab mich erst im Mai 2004 bei RCN angemeldet.

Spaß beiseite, aber ich habe seitdem immer versucht, die Zusammenhänge möglichst einfach zu erklären, damit weniger Fehler und bessere Bauteile daraus entstehen,
 

steve

User
Hi,
würde bei dem ganzen auch zwischen Hobby und Gewerblich unterscheiden. Habe auch schon im gewerblichen Flugzeugbau Komposit-Teile mit Prepreg und Autoklaven hergestellt - oder Vorrichtungen aus gfk. (Bei den Vorrichtungen wäre das Satin zum Aufbau der Schichtdicke aber sofort rausgeflogen, weil es einfach zu viel Zeit bei der Verarbeitung für die Entlüftung benötigt. ) Da kann man Hobby und Gewerblich wirklich nicht unterscheiden.

Dann gibt es Hobby und Gewerblich bei den Modellfliegern - da kann man das auch nicht vergleichen. In der Regel übertreffen die Hobby-Formen die gewerblichen bei weiten was Kosten und Aufwand angeht. Kann man auch immer wieder sehen, wenn solche Formen angeboten werden. Es macht einfach einen riesen Unterschied, ob man sein Geld mit einer Form ausgibt oder mit einer Form sein Geld verdienen will.

Was mich immer wieder wundert: Ich habe hier Flächen und Rümpfe mit und ohne Sandwich - die werden seit vielen Jahren der Sonne ausgesetzt, den wechselnden Temperaturen wenn sie im Auto in der Sonne stehen - da zeichnet sich nix ab und nix verzieht sich. Würde ich eine Form so aufbauen, gäbs einen mega-Aufschrei, dass das nie klappt und weshalb es wohl andere schon immer anders machen.´

Dann würde ich sehr streng zwischen sphärisch gewölbten Formen, wie Rümpfen, und mehr ebenen Geometrien, wie z.B. Tragflächen unterscheiden.
Es ist z.B. sehr schwer eine ebene Platte zu laminieren z.B. auf einer Glasscheibe, die sich nach dem "entformen" nicht mehr oder weniger verzogen hat. Gab da eine interessante Studie von R&G zu beheizbaren Leichtformen aus cfk - Stefan kennt sie bestimmt. Eine Rumpfform bekommt man sehr einfach formstabil hin - eine Flächenform ist da schon etwas anderes.

VG
 

Eisvogel

User
Ich seh das ähnlich wie steve,

Gideon ist der absolute Fachmann mit enormen Wissen und Erfahrung, aber
im Modellbaubereich ist vieles anders als in der Industrie:
Die Formen sind meist kleiner und einfacher
die daraus zu bauenden Stückzahlen sind wesentlich kleiner
die wenigsten Hobbybastler haben die Möglichkeiten der Profis, z.B. Tempern über 50°

Ich bin dankbar über alle fachlichen Beiträge, auch wenn ich manchmal Probleme mit den Fachausdrücken hab, die ich erst mal nachsuchen oder nachfragen muß.

Ich versuche den Aufwand und Materialeinsatz für meinen Hobbyeinsatz so gering wie möglich zu halten, ohne Abstriche an Oberfläche und Standfestigkeit zu machen.
Deshalb z.B. auch diesmal der Verwendung von gefülltem Formenharz, weil ich mit dem polierbaren ungefüllten immer wieder mal kleine Kantenabplatzer hatte. Oder der aufgestellte Rand in Verbindung mit schmaler Trennebene, der meiner Erfahrung nach für eine sauber schließende Form wichtig ist.

Ich brauch keinen Rolls-Royce zum Brötchenholen ;)

PS: Die Frage, um die es hier im thread eigentlich geht, 300er Satin Für Form, konnte meiner Meinung nach auch Gideon nicht beantworten. Aber Dank learning by doing, bei 3 Hobbykünstlern gleichzeitig, konnte dieses Gewebe für den Formenbau aussortiert werden.
 
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Gideon

Vereinsmitglied
Hä, hab ich etwas verpasst? Ich habe nie behauptet, ich kann übers Wasser gehen. Warum sollte ich dann jetzt Argumente bringen, die sowieso keiner hören möchte? Kauft einfach vernünftig gefinishte Glasgewebe (am besten mit Finish FK 144) und verwendet nicht zu niederviskose Harzsysteme für den Formenbau, that‘s it. Natürlich ist die Entlüftung hier erschwert, aber dafür brauche ich auch nur eine Lage davon. Das geht sich zeitlich absolut aus. Ich würde sowieso auch empfehlen, mit unterschiedlichen Härtern zu arbeiten. Ich sprach hier darüber hinaus auch noch von Coremat, das sich hervorragend für den Formenbau eignet. So können Formen effizient und günstig gebaut werden. Dass Formenränder um 90° aufgekantet gehören, um geometrisch auszusteifen, sollte ja hinlänglich bekannt sein.
 
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steve

User
Ok....eine Formenhälfte steht noch auf der to do-Liste. Möchte dabei diesen Aufbau anwenden
1x105 Satin - (Silane Schlichte)
1x300 Satin - (Finish 6224)
Zwischenlagen mit schweren Glasgelege und Sandwich
1x300 Satin
1x105 Satin

Das 105er ist für die 90° Ecken gedacht. Ich möchte sie nicht zu sehr ausrunden.

Harz L - Härter 161

Die zentrale Frage: Würde es etwas bringen, wenn ich das Harz nach dem Auflegen des 300er mit dem Föhn leicht erwärme um es etwas fließwilliger zu bekommen - es sind ca. 1qm - oder macht mir dann die verkürzte Tropfzeit Probleme?

Bei dem 105er bin ich noch am überlegen - wenn das schwere Gelege um die Radien geht, sollte es das 300er ja auch problemlos können. Ist aber schon so eine Sicherheit, weil es sich relativ einfach und sicher entlüften lässt. Selbst wenn dann im 300er Luftblasen sind, gehen sie eben nicht bis zur Deckschicht.

VG

p.s. fürs Notizbuch: Neues erst mal an kleinen Formen probieren
 
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Buxus

User
wen du auf das erwärmte Harz gleich wieder weiter laminierst sollte es keine Probleme geben, allerdings würde ich dann eher zu einem dünnflüssigeren Härter dentieren,EPH 161, hat zwar 90min verarbeitungszeit aber dann mit dem Föhn drüber, ja das verhalten würde ich mir beim Härter L wünschen. Ich tendiere immer eher zum EPH 161, auch ohne Föhn entlüftet es sich praktisch fast von selbst, nur die hartnäckigen Blasen muss man dann sanft mit dem Pinsel heraus stupfen. Aber das Gewebe saugt sich quasi von selbst voll damit.
 

steve

User
Föhnen: Ich wollte dabei so vorgehen, dass ich zunächst das Harz auftrage, dann das 300er in das Harz lege, es leicht anrolle, damit es überall anliegt, dann ca. 5 Minuten warte bis das Harz sich in das Gewebe gezogen hat und erst dann mit dem Föhn die Matrix erwärme. Dabei dann nachtupfen/rollen, bis alle Stellen durchtränkt und entlüftet sind. Und immer nur die Stelle erwärmen, die gerade getupft/entlüftet wird.

so....gerade kommt die erste Form nach dem Tempern (50°/12h) in die Abkühlrampe...bin schon sehr gespannt. Ist doch jedes mal wie Weihnachten: Man kann es kaum erwarten, die Geschenke auszupacken.
 

Buxus

User
Ja, das kann man machen, sollte kein Problem sein. Wenn du eh Naß in Naß laminierst kann man da schon kurz mit dem Föhn nach helfen.
Am schönsten ist das Geräusch wenn man das erste Bauteil entformt, es dann mit einem Klack sauber heraus springt. Und die Form dann schön sauber vor einem liegt.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Noch etwas, was mir gerade einfällt. Bei der (professionellen) Verarbeitung von Prepregs (im Glasbereich sind übrigens die fadenstarken Typen Style 120 = 105 gsm / 4H und Style 7781 = 296 gsm/ 8H die bevorzugten Gewebetypen) wird ein sogenanntes Debulking (Zwischenkompaktieren unter Vakuum bei Raumtemperatur) nach 2 oder 3 Lagen gemacht, um etwaig eingeschlossene Luft zu entfernen. Harzsysteme von Prepregs sind bei Raumtemperatur meist tacky (in unterschiedlichen Graden) eingestellt, um eine gute Lagenhaftung zu erzielen. Mit relativ hochviskosen Harzsystemen wie z.B. LR 635 ist das Verhalten recht ähnlich.

Apropos Prepregs: Das M79-System von Hexcel kann übrigens OoA (Out Of Autoclave) nur unter Vakuum ab 70 °C (= 480 min) ausgehärtet werden.
 

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mfcl

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Hallo
Wie schauts mit dem Scheindrehergewebe (440 er) beim Formenbau aus ,ab welchem Aufbau nehmen zb. 105(160), 300,Scheindreher oder schon nach dem 105 oder 160er Gewebe .
 

Gideon

Vereinsmitglied
Volan A-haltige Finishes wie z.B. das FK 144, sind in Punkto Weichheit das Optimum. Die gefinishten Glasgewebe von HP sind mutmaßlich von Gividi aus Italien, die deutlich steifer sind.

Wir bieten hauptsächlich Ware (keine Kleinstmengen!) nach WLB (Werkstoffleistungsblatt) von Valmiera in FK 144 an, die hier über jeden Zweifel erhaben ist.
 

Gideon

Vereinsmitglied
Ja, das kann man machen, sollte kein Problem sein. Wenn du eh Naß in Naß laminierst kann man da schon kurz mit dem Föhn nach helfen.

Das sind so Aussagen, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen und die beim achtlosen Durchlesen andere dann in die Bredouille bringen.

Wenn, das dann bitte nur mit einem vernünftigen, temperaturregelbaren Heißluftföhn machen und nicht über 70 °C gehen. Selbst niedrigreaktive Harzsysteme werden durch Temperatur stark angekickt. Wenn man nicht aufpasst, geht dann gleich noch die darunterliegende Formenharzdeckschicht ebenfalls exotherm ab.
 

steve

User
Stimmt...sollte nicht so undefiniert stehen bleiben. Es geht um ein leichtes Anwärmen von 20° auf ca. 30°. Kann sehr gut mit einem Infrarot-Thermometer kontrolliert werden.

So...es ist geschafft und alles ist gut gegangen. Urmodell ist auch unbeschädigt und nach dem Reinigen und Nachwachsen kann es an den zweiten Abzug gehen.
 

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Gideon

Vereinsmitglied
Hallo
Wie schauts mit dem Scheindrehergewebe (440 er) beim Formenbau aus ,ab welchem Aufbau nehmen zb. 105(160), 300,Scheindreher oder schon nach dem 105 oder 160er Gewebe .

Ganz grundsätzlich würde ich zwischen Schlichtlage(n) und dem eigentlichen Hinterbau unterscheiden. Für ersteres ein möglich schnelles Harzsystem verwenden und für den eigentlichen Laminataufbau dann ein deutlich niedrigreaktiveres, damit die Härtung der Lagen zeitlich entkoppelt und die Frage, nach der möglichen Abstufung damit beantwortet wird.
 
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