Baubericht Einziehfahrwerk Twist&Turn
Baubericht Einziehfahrwerk Twist&Turn
Hallo liebe Leute! Ich hatte keine Zeit, um den Thread zu verfolgen. Werde ich bei Gelegenheit nachholen.
Hier und heute erfolgt daher lediglich ein Baubericht über ein elektrisches Einziehfahrwerk für die corsair 1700.
Stichworte:
1. Das Fahrwerk mit Schwinge wurde gebaut, war aber nicht zufriedenstellend aus mechanischen Gründen. Klemmwirkungen und schlechte Gängigkeit.
2. Das nun fertiggestellte Fahrwerk hat keine Schwinge und ist nur gefedert, nicht gedämpft.
3. Die Vorgaben waren: 30 mm effektiver Federweg. Und nicht 20 oder 22 mm, damit die Feder weich genug bleiben konnte, um harte Stöße effektiv zu dämpfen.
Vorgeschichte:
Es gibt bei dem FMS Corsair zwei Killer-Kriterien:
1. Abstand Unterkante Fläche bis Radachse = 115 mm
2. Twist and Turn.
Im Unterschied zu vielen anderen, etwa der Mustang P51, muß das Rad beim Einfahren achsial 90 Grad gedreht werden, zusätzlich zu der Schwenkung beim Ein- und Ausfahren.
Die Maßvorgaben:
Bedingt dadurch, daß die Pichler XL mit einem Sporn 25 mm heraussteht, kann mit einer innenliegenden Feder rein geometrisch ein Federweg von 30 mm nicht erreicht werden.
Daher sollte auf eine Schwinge ausgewichen werden, was nicht funktioniert hat (siehe oben).
Man kommt aber trotzdem dahin, wenn man die Feder außen herum einsetzt.
Zwei Bilder vom fertigen Fahrwerk:
Die Komponenten:
Fahrwerksbein bestehend aus Innen- und Außenteleskop. Der Trick, um die 30 mm Federweg zu erreichen (dazu braucht es eine ca. 55 mm lange Feder) besteht darin, die Feder außen herum zu legen. Dann fallen die 25 mm Spornlänge vom Pichler weg.
Wir haben relativ dünne Rohre, daher wurden diese aus Automatenstahl gedreht.
Dazu kommt, daß der Vierkant vor Kopf, der den Hebel der Twist-Funktion hält, hartverlötet werden muß. Daher scheidet Alu aus.
Der Hebel für den Twist darf nicht frei in der Gegend herumeiern, er benötigt eine Führung. Die erhält er duch die Platte mit einer speziellen Kontur.
Um diese Platte am Fahrwerk zu verankern, braucht es einen Kastenrahmen. Dieser wurde hier aus POM hergestellt. POM läßt sich gut fräsen, auch Gewindeschneiden, aber sehr viel leichter und schneller als Alu.
Die zweite und ebenso wichtige Funktion des Kastenrahmes ist, daß er in ausgefahrener Stellung einen festen Anschlag für die 4eckige Platte vor Kopf bildet. Dadurch kann sich das Rad nicht mehr um die Achse drehen, es steht auf Anschlag.
Und das ist auch der Grund, warum die angelötete Platte vor Kopf nicht rund, sondern eckig ist.
Die Gegenfläche bildet dann nach dem Einfahren den Anschlag für das eingefahrene Rad.
Hat man die Konstruktion, ist es einfach und geht auch schnell. Bis dahin hat man aber viel Zeit aufgewendet.
Kommen wir mal zu der Stabilität:
Es gibt geometrische Festigkeiten, z. B. das Flächenträgheitsmoment bzw. das Widerstandsmoment. Sehr anschaulich dabei ist das Widerstandsmoment, welches angibt, wieviel Widerstand eine Struktur einer Verformung entgegensetzt. Dabei ist das Material unberücksichtigt. Gleiches Material vorausgesetzt, kann man diese Zahlen aber direkt miteinander vergleichen.
Einige dieser Werte hab ich mal herausgesucht.
Das fms-Corsair-Fahrwerk im Original geht mit einem 4 mm Dorn heraus, woran dann 115+halber Raddurchmesser = 165 mm Hebelarm hängen. Wahnsinn!
Das 4 mm Vollmaterial hat ein WIderstandsmoment von 6,28. Das muß man nicht weiter kommentieren.
Der Pichler Sporn hat D=10, um den außen herum fortzuführen braucht man eine Innenbohrung von 10, außen aber nicht mehr als 12, sonst passen Feder und Außenteleskop nicht drüber.
Wir sehen für das Rohr 10/12 ein Widerstandsmoment von 87, das ist mehr als das 12fache von dem fms-Serienfahrwerk. Und in Wahrheit noch mehr, weil das Rohr in dem Bereich auf dem Sporn aufliegt, anschließend mit 8.5 Innenbohrung fortgeführt wird, mit wx von 126, wir liegen damit also gut bei einem Widerstandmoment von 100.
Dann folgt das Außenteleskop mit 16/12, mit wahnwitzigen 270.
Von der Stabilität her ist hier alles getan. Eher mehr als genug.
Kommen wir zu der Steuerung der Twist-Funktion:
Die Bewegung ist geometrisch recht komplex, weil sich zwei dreidimennsionale Bewegungen in zwei verschiedenen Achsen überlagern.
Es ist einfach,für den Hebel einen Endanschlag festzulegen. Das Problem ist der Weg dahin. Dabei tritt es immer wieder auf, daß der Hebel sich verklemmt, weil der wirksame Hebelarm sehr klein wird, unterhalb 45 Grad.
Die ganze Bewegung muß also geführt werden, Endanschläge reichen nicht.
Das erledigt die Ausfräsung in der Platte. Im Idealfall soll der wirksame Hebelarm dicht bei 90 Grad liegen, mehr als 45 reicht auch.
Die Fräsung funktioniert, aber weil die Maße vom Pichler falsch abgenommen wurden, besteht hier noch Optimierungspotential.
Das ganze Fahrwerk hat einen Materialkostenpreis von wenigen Euro, das Design war aber sehr arbeitsintensiv.
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Dämpfungsleistungen des Fahrwerks
Das Fahrwerk wurde getestet mit einer Aufprallgeschwindigkeit Vertikal von 1 m/s und einer weiteren von 0,76 m/s.
Dabei trat wieder der Effekt auf, daß die Sensor-Daten des Beschleunigungsloggers mit den errechneten Werten nicht übereinstimmten. Möglicherweise sind die Spitzenwerte irgendwelche Vibrationen innerhalb des Apparats, die aber so auf die Gesamtmasse nicht einwirken. Ich traue den errechneten Werten mehr.
Das Fahrwerk hat eine relativ weiche Federung von 2 N/mm.
Und es hat 30 mm Federweg (Konstruktionsvorgabe).
Bis die Feder auf Block geht, sind also 60 N oder 6 kg Krafteinwirkung erforderlich.
Es ist so abgestimmt, daß es bei hohen Kräfte Block riskiert, damit es im Normalfall relativ weich bremst.
Und ja , es hüpft. Aber nicht sehr.
Die Sensormessung bei 1m/s.
Sowie bei 0,75 m / Sec. Was auch noch eine sehr knackige Landung darstellt.
Man darf sich eine vorschriftsmäßige Landung ungefähr bei 0,1 - 0,2 m/sec vorstellen.
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Die Twist and Turn Mechanik funktioniert.
Das Fahrwerk hat gute Dämpfleistungen, ist eher weich ausgelegt.
Das kann man unter den Corsair drunterschrauben.
Zum Schluß noch ein Video. Auf dem Video zu sehen:
Einziehmechanismus von beiden Seiten sowie das Fahrwerk im Test mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 1 m/s:
https://youtu.be/bNKnWSNVVIc
Xeno