Hallo,
Wollfädenversuche am frei fliegenden Modell-Nurflügel haben wir schon 1988 vielleicht als erste gemacht und gefilmt.
Es funktioniert und wäre heute per Digitalkameras gewiss noch viel einfacher zu bewerkstelligen, als mit unseren analogen Rollfilmen.
www.m-schoenherr.de/Wollfaeden1988.pdf
Die Diskussion zu „Sarabande“ ist mittlerweile an 3 Kernproblemen der gepfeilten und höher gestreckten Nurflügel angelangt:
Unzureichende Rechenverfahren
Strömungsabriss außen,
Flattern / Wippen.
Ich glaube, wir hatten schon vor 22 Jahren auf die Grenzen der verwendeten Rechenverfahren hingewiesen und uns damals die erbitterte Feindschaft der Rechengläubigen zugezogen.
Mittlerweile gibt es eine gewisse Annäherung, die Leistungspfeile haben sich dem Stromburg-Grundriss von 1986 stark angenähert, auch Sarabande bis auf die etwas geringere Pfeilung.
http://www.net-art.de/mech/Stromdisk/default.htm
Ich selbst habe die Profile für den neuen „Stromer II“ (3 m Spannweite) mit den bekannten Rechenverfahren entworfen und die Entwurfsziele damit einigermaßen erreicht.
Die Profilrechenverfahren hier gehen alle von 2-diemensionaler Strömung aus und davon, dass Potentialströmung und Grenzschichtströmung parallel fließen. Das ist aber gar nicht der Fall, wie das auch in diesem Thread schon gesagt wurde, der Strömungsrichtungsunterschied kann beim Pfeilflügel über 45° betragen.
Details bleiben m.E. weiterhin unklar, jedenfalls muss der Effekt leistungsmäßig zu verkraften sein, wie das viele Pfeile zeigen. Er ist aber einer der Gründe für den gegenüber der Rechnung häufig beobachteten vorzeitigen Strömungsabriss an der Oberseite des Flügelaußenbereichs, dem sich auch Sarabande wird stellen müssen.
Bei starkem Ausschlag einer zentralen Wölbklappe, aber auch bei (zu) stark geschränkten Horten-Typen kann es alternativ passieren, dass nicht vorhergesehener Strömungsabriss an der Unterseite des Außenflügels einsetzt mit möglichen Folgen von Sturzflug, Vorwärtsüberschlag und Bruch.
Dies wurde dem bemannten Nurflügel „Flair 30“ zum Verhängnis. Er geriet mit seiner extrem großen und stark gesetzt Wölbklappe im Landeanflug in Sturzflug und Vorwärtsüberschlag mit Todesfolge. Ich hatte im Rahmen meiner früheren gutachterlichen Tätig dieses Gerät selbst per Messwagentest aerodynamisch untersucht, und wegen des Vorwärtsüberschlag-Problems vor weiteren Flügen gewarnt.
Da die ungeeigneten damaligen Rechenverfahren keine Probleme zeigten, wurde er weiter geflogen, mit der fatalen Folge.
Bleibt noch als drittes Problem das F3B Speedfliegen, für das Sarabande offensichtlich auch entworfen wurde, für Höchstgeschwindigkeit 144 km/h, habe ich gelesen. Da stellt sich die Frage der Flattergrenze.
Wir hatten schon mal früher in diesem Forum das Thema im Zusammenhang mit den hochgestreckten Pfeilflügeln, und man hatte sich, glaube ich, bei der pfeilflügeltypischen Resonanz auf „Wippen“ geeinigt, das mit einer Frequenz von wenigen Hz erfolgt, im Gegensatz zum „Flattern“ beim Normalflieger, das bei einer ca. 10 mal so hohen Frequenz liegt.
Rechenverfahren, um die Wipp-Grenze vorherzusagen? Ich kenne keins, das diesbezüglich zuverlässig wäre und ich kenne keinen Gepfeilten ab Streckung 12 und ab gleichzeitig 3 m Spannweite, der nicht durch vorzeitiges Wippen seiner geplanten oder berechneten Höchstgeschwindigkeit einen Riegel vorsetzt. Natürlich kann man durch immer steifere Bauweise (Es kommt in der Tat auf die Biegesteifigkeit des Flügels an) versuchen, die Wippgrenze etwas hinauszuschieben, beseitigen lässt sie sich nach derzeitiger Kenntnis kaum.
Auch die Großen leiden drunter, man denke an die SB 13, die letztlich am Wippen gescheitert ist.
Und das Milliardengrab Airbus A400M?
Laut Wikipedia ist Propellerflattern sein eigentliches Problem. Warum hat man bei Milliarden Entwicklungsaufwand das erst jetzt gemerkt?
Schaut man das einzelne Propellerblatt des A400Man, so stellt man etwa ab Blattmitte eine Pfeilung von ca. 20° fest…!
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5b/A400M_Propeller_(Hamilton-Sundstrand).jpg
Dennoch, „schnell“ können die hochgestreckten gepfeilten großen Modell-Nurflügel schon fliegen, 80-100 km/h ist ja auch schon was. Jedenfalls habe ich niemals wegen zu starken Windes das Fliegen mit meinen Nurflügeln einstellen müssen. Sollte doch mal Wippen eintreten, so ist das kein Problem und lässt sich durch vermindertes Andrücken sofort beenden.
So wünsche ich der Sarabande viel Erfolg und freue mich auch auf die Ergebnisse der angekündigten Grenzschicht- und Strömungstests im Fluge!
Michael Schönherr