Das liebe negative Wendemoment......
Bei welchem ca Wert soll es denn optimal sein?
Bei ca= 1 kommt etwas ganz anderes heraus, als bei ca = nahe 0.
Gerade Rollen als Kriterium für ausgeglichenes neg. Wendemoment (nW) heranzuziehen ist etwas gewagt. Das nW entsteht zu fast 100% aus dem unterschiedlichen induzierten Widerstand aufgrund unterschiedlichem ca Wert der Flügelhälften, bei Querruderausschlag. Ein bisschen kann noch Profilwiderstand mitmischen, der könnte je nach Anstellwinkel und Profil sogar eine positive Komponente erzeugen.
Da der induzierte Widerstand quadratisch mit ca ansteigt, wirkt das nW im Langsamflug stark, im Schnellflug sehr wenig bis gar nicht (bei ca =0).
Warum also soll eine gerade Rolle den Ausgleich des nW bestätigen? Und warum soll das dann beim Thermikkreisen passen? Tut es nämlich nicht.
Wenn Kunstflieger an ihren Kisten auf Quer differenzieren, dann verschieben sie damit die EWD bei Querruder und damit das Rollzentrum der Maschine.
Das hilft bei starker Höhenstaffelung der Hauptelemente (Flügel, Motor, Leitwerk), oder bei extremer hecklastiger 3D Trimmung. Dann braucht mitunter sogar eine sonst neutrale Yak 55 etwas Differenzierung. Das hat aber NICHTS mit dem negativen Wendemoment zu tun! (Pssst, wissen die meisten von ihnen nicht)
Typische Steckensegelflieger verhalten sich ähnlich wie besagte Yak 55, sie sind fast neutral gestaffelt und können schön gerade rollen. Dazu brauchen sie keine Differenzierung, man muss nur sicherstellen, dass die Rollen nahe ca =0 geflogen wird. Das bedeutet erstmal im Speed / Kunstflugtrimm, ohne jeglichen Abfangbogen.
Meist ist da aber auch noch ein leicht positives ca anliegen (sonst will das Teil immer senkrecht runter), das ergibt dann eine minimale Fassrolle, welche mit einem Tick Tiefenruder in der Rückenflugphase weggesteuert wird. Evtl kann sogar etwas "Tief" zumischen zum Querruder helfen, wenn das sonst zu schwierig sein sollte.
Schwanzlastige Trimmung kann auch stören, weil die Querruder auch Nickmomente erzeugen, welche stabilisiert werden müssen, so sie sich nicht aufheben.
Im Thermikkreis haben wir hohe ca Werte, heisst hohen induzierten Widerstand (cwi).
Nehmen wir an Cwi hat den hypotetischen wert = 1.
Das Querruder nach oben halbiert ca , das reduziert cwi auf 25% !!! (quadratische Beziehung)
Das undifferenzierte Querruder auf der anderen Seite erhöht ca sinngemäss um die Hälfte. das erhöht cwi auf 2.25 !!! (auch Quadratisch)
Daraus sehen wir, dass das nW mit Differenzierung NICHT zu eliminieren ist, weil auch bei 100% Differenzierung immer noch eine ca- Differenz zwischen den Flügeln liegt.
Muss ja, denn daher kommt das Rollmoment. Das nW wird aber etwas geringer.
Als Sekundäreffekt verringert das differenzierte Querruder den mittleren ca Wert am Flügel (mittlere EWD wird kleiner), das verringert den cwi eben auch quadratisch und damit auch die potentionelle Differenz = nW.
Erfahrene Piloten drücken daher vor dem einkreisen oft die Nase des Flugzeuges leicht nach unten. Das bewirkt nicht nur das vielzitierte saubere anliegen der Strömung, sondern reduziert das nW beim folgenden Querruderausschlag. Speziell empfohlen vor Kurvenwechseln!
Wir sehen also, dass wir durchaus verschiedene Differenzierungen brauchen können (Flugzustände programmieren). Ansonsten fliegen wir halt mit einem Kompromiss und steuern etwas mehr aus.
Für die grösseren Anstellwinkel empfiehlt sich ein Flugversuch mit der oben von Markus N. empfohlenen Methode mit den Kurvenwechseln, zur Beobachtung des nW. Das Resultat wird sein, dass wir das nW nicht wegkriegen, zudem dürfen wir das Rollmoment nicht zu sehr schwächen mit zu viel Differenzierung, sonst schlagen wir nur das eine Ruder mehr aus und erzeugen dort mehr Widerstand.
Wer es ganz genau wissen will, was bei Querruder noch so passiert, überlege sich wie die Auftriebsverteilung aussieht, bevor die Masseträgheit des Flugzeuges überwunden ist. Alternative Frage: wie sieht Die Auftriebsverteilung aus, wenn maximal Rollrate anliegt, also volle Dämpfung des Rollmomentes?
Auch da ist das Optimum unterschiedlich!
Wo ich es schon mal wieder nicht lassen kann, hier zu posten, noch ein paar Argumente gegen den alten Modellfliegermythos, dass die dichtere Luft unter dem Flügel das nW verursache.
1. Die Prof`s sagen, dass Festkörperumströmung unterhalb von mach 0.3 inkompressibel sei. Also ist da nix dichter.
2. Sagen dieselben, dass der Widerstand im Quadrat zur Geschwindigkeit wächst. Dann müsste aber ein positives Wendemoment entstehen, weil die Strömung mit steigendem ca oben auf dem Flügel schneller wird, unten langsamer. Selbst an einer Ebenen Platte als Profil.
UUUPPSS, was jetzt?
Der Denkfehler liegt in der Vorstellung, dass das Ruder einseitig in eine Strömung eintauche. Tatsächlich verwölben wir nur und die Strömung folgt idealerweise beiderseits der Oberfläche, also ändert sich die Reibung nur soviel, wie sich die Potentialströmung des verwölbten Profils ändert. Genaueres entnehme man passenden Polaren.
Ausnahmefall ist, wenn die Strömung zb am stärker nach oben ausschlagenden Ruder einseitig abreisst. Dann kann Differenzierung mehr bringen, aber was ist dann mit der Flugleistung
Ich hoffe, dass dieses komplexe (!) Thema einigermassen rüberkommt.
Ansonsten: Feuer frei!
Reini