Meine Erfahrung, auch aus dem Betrieb von Motoren im Modell und auch in Rennmotorrädern: Diese Einlaufvorschriften sind Absicherungsmaßnahmen der Hersteller und geben nicht den aktuellen Stand der Materialauswahl, Herstellungsmethoden und Ölqualitäten wieder. Mineralische Öle, um die Oberflächen von Laufbahn an Kolbenring und -hemd zu glätten bzw. anzupassen: Das stammt aus der Zeit, wo Laufbuchsen aus Guss waren und in den Zylinder eingepresst wurden. Heutige Motore haben eine Chrom-Beschichtung direkt auf dem Alu des Zylinders, deren Oberflächengüte ist endfertig und lässt sich aufgrund der Härte auch nicht mehr "anpassen". Die Passungsmaße sind einsatzfertig, da wird sich nichts mehr "einschleifen".
Synthetische Öle sind wesentlich temperaturstabiler und scherfester als mineralische Öle, sie sind dem Einsatz in hochbelasteten Bauteilen immer vorzuziehen. Modellmotore sind aber nicht "hochbelastet", außer wenn sie mangelhaft gekühlt werden. Synthetische Öle können da nur bei grober Fehlbehandlung an ihre Grenzen kommen, Grenzen, bei denen mineralische Öle längst versagt hätten.
Langes und zu fettes Einlaufen, dann noch mit zu niedriger Drehzahl, schadet dem Motor nur: Der Benzinüberschuss vermindert die Schmierung an der Zylinderwand, weil der Schmierfilm verdünnt und im Extremfall abgewaschen wird. Durch zu geringe thermische Belastung (niedrige Drehzahl) wird dieser Effekt noch verstärkt. Der Ölüberschuss lagert sich im Kurbelgehäuse an, was zu atypischem Spülverhalten führt, im günstigsten Fall wird nur die Kerze verölt.
2 - 2,5% Öl sind auch am Anfang für jeden wälzgelagerten Motor genug für eine völlig ausreichende Schmierstoffversorgung, Dauerlauf bei fetter Einstellung und maximal im mittleren Drehzahlbereich verhindert die thermische Anpassung aller Bauteile für den späteren Lastbetrieb.
Mein Rat: Wer sein Gewissen schonen möchte, fängt mit 1:40 an, lässt den Motor auf dem Prüfstand oder schon gleich im Modell maximal 20 Min einlaufen, immer mit Pausen zum Abkühlen dazwischen, damit sich Teile immer wieder ausdehnen und zusammenziehen können. Das nimmt materialbedingte Spannung aus den verschiedenen Materialien und dient der thermischen Angleichung von Bauteilen mit unterschiedlichem Dehnungskoeffizienten. Nach 20 Min kann der Motor betriebsfertig eingestellt werden und sollte dann auch im Flug eingesetzt werden. Vorteilhaft ist sicher, den Vorschlag aus #9 zu beachten, nicht gleich mit langen Vollgasanteilen im 3D-Flug zu beginnen. Nicht, weil es dem Motor grundsätzlich schaden würde, sondern weil die Einstellung noch nicht final ist und man mit dem Risiko Absteller (zu fett) oder Überhitzung (zu mager, Kühlung nicht perfekt) und Drehzahleinbruch fliegt. Die richtige Einstellung wird man erst nach etlichen Flügen und Kerzenchecks finden.
Zum Propeller: Jeder Hersteller gibt empfohlene PropGrößen an, anfangs orientiert man sich dabei an der untersten Grenze, evtl. sogar noch eine Nummer kleiner, damit der Motor frei drehen kann und keinesfalls gequält wird. Insbesondere beim Einlaufen braucht ein Motor in jedem Drehzahlbereich Leistungsüberschuss, sonst wird er zu heiss und lässt sich nicht korrekt einstellen.
Grüße
Michael