So, Danke an Matthias für die Zusendung. Es war wirklich ein schönes Halo-Ereignis! Hier das was man gesehen hat:
(gerechnetes Bild aus Rotkanal minus Blaukanal um Farben hervorzuheben)
Der "22°"-Kreis ist der häufigste Halo. Wohl jeder hat ihn schon mal gesehen. Er entsteht an sechseckigen Eisplättchen, die in jeder beliebigen Richtung angeordnet sind. Deswegen ist er einer von nur zwei Halos, die perfekt rund um die Sonne sind. Alle anderen Halos entstehen durch irgendwie mehr oder weniger waagerecht angeordnete Eiskristalle, z.B. der "Umschriebene Halo": da sind waagrecht schwebende, aber um ihre Längsachse zufällig angeordnete Eissäulchen (wie um ihre Achse rotierende Mini-Bleistifte) im Spiel.
Auch die als erste erwähnten sechseckigen Plättchen können in Massen waagerecht schweben. Sie erzeugen dann vor allem im Winter bei tiefstehender Sonne teils extrem helle Nebensonnen. Die Plättchen erzeugen durch Lichtbrechung äusserst reine und bunte Farbspektren. Leider je nach Ausrichtung in verschiedene Richtungen, so dass alles Bunte durch Überlagerung wieder zu Weiss gemischt wird - ausser bei der am innersten möglichen Ablenkung: da bleibt der rote Spektenrand übrig. Deswegen haben 22°-Halo und normale Nebensonnen ein weisses Aussehen mit rotem Innenrand.
Bei tiefstehender Sonne sind alle Lichtwege quer durch die waagerechten Plättchen möglich. Aber bei so hochstehender Sonne wie hier nicht mehr: Insbesondere die Lichtwege mit minimaler Brechnung (22°) funktionieren nicht mehr, und so wandern mit zunehmender Sonnenhöhe die Nebensonnen immer weiter von der Sonne weg - und werden immer bunter, weil es immer weniger verschiedene Lichtwege gibt, deren Spektren sich gegenseitig wieder zu Weiss mischen.
Aber der Hammer bei diesem Haloauftreten war natürlich der Horizontalkreis. Er ist ein rein weisser Speigelhalo - das Sonnenlicht wird an den Aussenflächen der waagerecht schwebenden Eisplättchen gespiegelt. Als rein weisser Halo ist er im oberen R-B-Bildchen auch nicht zu sehen. Ich habe schon viele Horizontalkreise gesehen, aber noch nie einen so hellen. Es gibt ausserdem einen reichlich komplizierten Lichtweg durch die Plättchen, der erzeugt noch die weissen 120°-Nebensonnen. Diese sind häufiger auch völlig alleine (ohne Horizontalkreis) zu sehen, werden aber von den allerwenigsten wahrgenommen. Ich habe sicher auch schon viele übersehen...
So, jetzt fängt das Rätselraten an: wieso ist es mal so, mal so? Mal nur 120°-Nebensonnen ohne HK, mal HK ohne 120°-NS? Sicher ist, dass die Plättchen hier perfekt glatte und eher sehr grosse Aussenflächen hatten, also ziemlich dick waren. Jedoch war der normale 22°-Halo nicht wirklich lichtstark. Das lässt darauf schliessen, dass die Plättchen innen nicht homogen waren. Sie waren entweder nach innen getreppt oder hatten Luftblaseneinschlüsse - beides gibt es.
Zum Schluss noch einmal ein schönes Bild vom Horizontalkreis. Bei so gut ausgeprägten HKs ist ein schmaler Abschnitt genau gegenüber der Sonne (hier also links etwas unterhalb der Mitte) perfekt weiss, aber manchmal die Abschnitte ober- und unterhalb bläulich (schwierige Quanteneffekte). Das hängt mit der Plättchenform zusammen: dann sind die sechs Aussenflächen abwechselnd breiter und schmaler, der Kristall also wie ein Dreieck mit abgeknipsten Ecken. Das war hier nicht der Fall - dafür etwas ganz anderes, was ich aber schon selten mal bei einem anderen Spiegelhalo an den gleichen Eisplättchen (Untersonne) gesehen habe: der HK hat im Bereich gegenüber der Sonne eindeutig einen roten Saum! Das ist bis heute völlig unerklärt; sicher ist, dass da doch Brechungseffekte mit im Spiel sind. Aber welche? Mir ist kein anderes Bild eines HKs mit rotem Saum bekannt. Ich werde mal die Fachleute bei meteoros.de anstubsen.
Also Halos sind nicht nur wunderschön, sondern auch hoch spannend! Und für Fotos oder ganze Fotosets bin ich immer dankbar...
LG Bertram