Silhouettenmodell von MaxFlite
Aus der Tüte in die Luft
Klaus Bartholomä
Aus der Tüte in die Luft
Klaus Bartholomä
Wer kennt sie nicht: Die Tütenflieger, die nur einen Euro kosten? Man packt sie aus, steckt sie zusammen und stellt dann fest, dass sie nicht fliegen. MaxFlite hat die Tütenflieger jetzt aber neu erfunden: Größer, schöner, flugtauglich – und sogar RC-fizierbar! Genau das Richtige für trübe Wintertage und unseren Autor, der von den Flugeigenschaften der „Pappenheimer“ verblüfft war.

Sie haben noch nie von maxFlite gehört?
Kein Wunder, denn diese Modellbaufirma ist relativ neu. Mit dem Verkaufsstart der Tütenflieger auf dem Oldtimertreffen 2016 auf der Hahnweide trat maxFlite das erste Mal in der Öffentlichkeit auf. Auch auf der Messe in Friedrichshafen präsentierte man sich 2016 mit einem tollen Stand, der ständig von Menschentrauben umringt war – ein grandioser Start. Das überrascht nicht, schließlich ist fast jeder Modellflieger mit den Tütenfliegern aufgewachsen. Aber nun sind sie gewachsen, sind robuster und einfach besser geworden. Warum? Weil die maxFlite-Modelle aus 3 mm Depron bestehen, das beidseitig beschichtet ist, wodurch es sehr steif wird. Die Optik ist super, denn die Depron-Teile sind mit Bildern der Originale bedruckt. Die Passgenauigkeit der Einzelteile besticht und der Propeller wird von einer Schraube gehalten und ist so stabil, dass er auch harten Landungen widersteht. Gleich zum Verkaufsstart stehen bereits zehn Modelle der beliebtesten Warbirds aus aller Welt zur Verfügung. Und das Beste an Ihnen: Sie fliegen, und dass sogar richtig gut!

Trimmung notwendig
Ich habe gleich mehrere Modelle ausprobiert. Teilweise muss man den Schwerpunkt ein wenig nachtrimmen. Aber das ist kein Problem, denn den Modellen liegen Unterlegscheiben bei, die einfach unter die Propellerschraube geklemmt oder entfernt werden.
Betrachtet man die Modelle genauer, so stellt man zudem fest, dass jedes eine andere EWD hat. Das zeigt, dass Max Reinhardt, der hinter maxFlite steckt, seine Modelle mit viel Liebe zum Detail und Sachverstand entwickelt hat. Die Gewichte der Modelle liegen zwischen 27 g und 30 g, die Spannweite zwischen 31 cm und 40 cm. Aber ich will mehr: Ich will diese Modelle mit kleinen RC-Komponenten bestücken und in der Halle damit meine Modellfliegerkollegen beeindrucken. So ein Modell hat nämlich (noch) keiner.
„RC-fizieren“ heißt also das Stichwort. Aber was bedeutet das? Genaue gesagt steckt der Plan dahinter, eine RC-Anlage in ein Modell zu implementieren, das eigentlich gar nicht dafür vorgesehen ist, wie eben genau diese maxFlite-Silhouettenmodelle. Nicht ganz zufällig haben sie die gleiche Größe wie die UMX-Modelle von E-flite. So kann man ganz einfach Einzelteile eines verunfallten UMX-Modells verwenden.
Man kann aber auch andere Elemente aus dem Mikromodellbau verwenden – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Mir haben es zwei Modelle auf den ersten Blick besonders angetan: Ich habe die Pilatus PC-7 mit E-flite-Komponenten und die schnittige Tucano mit Komponenten aus dem Mikromodellbau ausgestattet.

Die Komponenten der Pilatus PC-7. Gesteuert werden nur zwei Achsen.

Eine Nadel dient zum Ermitteln des Schwerpunkts und später auch zu dessen Prüfung.

Den Flügel muss man durchtrennen…

Tesafilm für die Pilatus
Die Pilatus PC-7 sollte die Teile einer defekten UMX-Mustang erhalten, die noch aus der Zeit stammte, als Mikroflugmodelle ohne Stabilisierungssysteme unterwegs waren. Da ich die Querruder aus Gewichtsgründen nicht ansteuern will, genügt der Empfängerservobaustein, der praktischerweise auch gleich einen Regler für Bürstenmotoren integriert hat. Begonnen wird aber zunächst damit, das Modell ohne RC-Komponenten sauber einzufliegen. Danach kann der Schwerpunkt ermittelt werden, indem man das Modell zwischen den Spitzen zweier Stecknadeln aufnimmt und den Aufnahmepunkt so lange verschiebt, bis das Modell in der Horizontalen pendelt.
An dieser Stelle sticht man mit einer der Nadeln durch das Depron. Mit Hilfe dieses Lochs kann man das Modell nach dem Umbau genau auswiegen, zudem kann man sich beim Einbau der Komponenten daran orientieren.
Empfänger im Schwerpunkt
Ich beginne mit der V-Form des Tragflügels. Das Original hat ein Mittelstück ohne V-Form, an das die Außenflügel mit V-Form anschließen. Ich trenne an diesem Knick den Tragflügel mit einer neuen Cutterklinge. Auf der Oberseite fixiert nun ein Streifen Tesafilm die Bauteile, während der V-förmige Spalt mit Weißleim gefüllt wird.
Zum Aushärten unterlege ich das Mittelstück mit einem 1,5 cm dicken Klotz. Nach dem Härten des Klebers wird auch von unten ein Tesafilm-Streifen auf die Naht geklebt und fertig ist die V-Form. Die Positionierung des Empfängerbausteins erfolgt exakt unter dem Schwerpunkt. Die Umrisse werden angezeichnet und dann mit mehreren Schnitten der Ausschnitt angefertigt.
Den Baustein lege ich in den Ausschnitt und installiere dann den Flügel. Nachdem alles sauber ausgerichtet ist, verklebe ich die Teile mit Silikonkleber. Dieser Kleber ist elastisch und kann etwas nachgeben, falls eine Landung mal zu hart ist, was das Bruchrisiko reduziert. Während des Trocknens trenne ich die Höhenruderklappe vom Leitwerk und versehe es mit einem Ruderhorn. Ich habe die RC-Einheit mit dem Motoranschluss nach vorne eingebaut. So liegt das Höhenruderservo auf der rechten Flugzeugseite. Entsprechend sollte auch die Position des Ruderhorns gewählt werden. Das Servo wird mit etwas Sekundenkleber und Füllstoff verklebt, damit die Ruderkräfte großflächiger in die Flosse eingeleitet werden.
Verwendet man einen Baustein mit AS3X, dann sollte man das Ruderhorn oben montieren, damit das Stabilisierungssystem in die richtige Richtung wirkt. Ich verwende aber keines und montiere daher das Horn unten und stelle den Höhenruderausgang am Sender auf Reverse. Die Flosse wird mit Tesafilm anscharniert.
Zwei Stunden Bauzeit
Mit der Seitenruderflosse verfahre ich ebenso und schon kann das Höhenleitwerk eingebaut und verklebt werden. Die Rudergestänge fertige ich aus einem 0,8 mm Kohlestab, der an den Enden mit gekröpften 0,5 mm Stahldrahtstücken versehen ist. Einfach die Teile mit etwas Schrumpfschlauch zusammenstecken, mit dem Feuerzeug schrumpfen und einen Tropfen dünnflüssigen Sekundenkleber drauf – fertig. Der letzte Arbeitsschritt ist der Einbau des Motors.
Dazu wird der Spinner abgeschnitten und der Ausschnitt für den Motor angefertigt. Er wird ebenfalls mit Silikonkleber angeklebt. Auf der Gegenseite habe ich vorsichtshalber zwei 3 mm Kohlestreifen aufgeklebt, damit sich die Kräfte des Motors großflächiger verteilen. Das Motorkabel wird mit Tesafilm festgeklebt und ein Propeller der UMX-Corsair montiert. Fertig ist das Modell – keine zwei Stunden sind seit Beginn der Bauarbeiten vergangen. 21,5 g bringt die Pilatus PC-7 nun auf die Waage, ein guter Wert. Mit Akku kommt sie auf gute 25 g, womit sie deutlich leichter ist als besagte Corsair und nur wenig schwerer als ohne RC-Anlage.
Tucano
Beim zweiten Modell wollte ich hinsichtlich der RC-Komponenten andere Wege gehen. Das grundsätzliche Vorgehen beim Umbau des Modells ist natürlich das Gleiche wie bei der Pilatus PC-7, nur dass der Flügel keinen Doppelknick, sondern eine einfache V-Form bekam. Meine Absicht, Komponenten zu finden, die genauso viel wiegen wie das UMX-Equipment, aber leistungsfähiger sind, führte zu einer langen Internet-Recherche. Das Resultat kurz zusammengefasst: Mehr Leistung kostet auch mehr Gewicht. Da haben die Ingenieure von E-flite wohl gute Arbeit geleistet. Dennoch habe ich mich entschlossen, diesen Weg zu gehen. Es lohnt sich, einen Blick zu den Mikromodellbauern zu werfen. Das sind nämlich echte Künstler, die es schaffen, Fahrzeuge im H0-Maßstab mit RC-Komponenten und jeder Menge Sonderfunktionen zu versehen. Ein ausgesprochener Winzling ist der 0,8 g schwere RX35D-Empfänger.
Der Zwerg hat vier JST-Steckplätze und noch weitere drei Kanäle, die man über Lötpunkte auf der Platine nutzen kann. Im Mikromodellbau gibt es auch Servos, die aussehen wie normale Servos, aber nur 1,8 g wiegen.
Zwei davon hat die Tucano spendiert bekommen. Zur Ansteuerung des Motors wird noch ein Regler benötigt. Der erste Plan war, einen T2M-5A-Regler und den Hauptmotor eines Blade MCP-X zu verwenden. Er scheiterte aber, weil die Versorgungsspannung einer LiPo-Zelle zu gering für den Regler ist. Schade, denn die Teile lagen noch in meiner Bastelkiste. Ersatz musste also her. Die Wahl fiel auf den Nano 5GS samt XQ-3A-Regler aus dem Hause Pichler. Ein teurer Spaß, aber ich habe gegenüber den Bastelkistenkomponenten satte sieben Gramm gespart, wohlgemerkt bei mehr Leistung.
Der Einbau der Komponenten erfolgt analog zur Pilatus PC-7, nur die Verstärkung für den Motor habe ich diesmal in das Depron eingelassen, weil das Farbschema der Tucano nicht mit den schwarzen Kohleprofilen harmoniert.
Flugspaß hoch zwei
Bevor es nun ans RC-Fliegen geht, wird der Schwerpunkt kontrolliert und gegebenenfalls mit der Akkuposition korrigiert. Die Tucano hat zunächst einen 300 mAh-Akku, der fest am Modell verklebt ist. Die Pilatus PC-7 fliegt dagegen mit einem 205 mAh-Akku, der in einer Tasche aus Schrumpfschlauch steckt. So muss der Schwerpunkt nicht nach jedem Wechsel des Akkus neu überprüft werden. Zum Einfliegen habe ich den Propeller wieder entfernt und den Schwerpunkt im Gleitflug überprüft. Die Maßnahme hat sich bei der Pilatus PC-7 gelohnt, bei der Tucano passte er.
Aber jetzt kommt der Propeller dran – und los geht es! Ein leichter Schubs und schon ist die Tucano in der Luft. Fast unhörbar zieht sie davon und fliegt, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte. Nur wirkt sie etwas schwerfällig. Der 300 mAh-Akku ist wohl doch etwas zu schwer. Zudem fällt auf, dass der Seitenruderausschlag zu groß ist. Umgerüstet auf den 205 mAh-Akku der PC-7 und mit kleinerem Seitenruderausschlag ist das Modell dann aber anfängertauglich.
Es macht richtig Laune, die kleine Tucano um die Ecken sausen zu lassen. Lässt
man die Knüppel los, so gleitet das Modell sanft zu Boden, wie ein Tütenflieger eben. In der Luft fällt es kaum auf, dass das Modell nur ein Silhouettenmodell ist und das Flugverhalten wirkt erwachsen. Die Motorleistung ist für flotten Rundflug und kräftiges Steigen ausreichend. Nur senkrecht steigen kann man nicht. Ebenso verhält es sich bei der Pilatus PC-7, denn in puncto Leistung und Flugverhalten steht sie der Tucano nicht nach.
Nur das Motorgeräusch ist wegen des Getriebeantriebs unangenehmer. Beide Modelle bieten mit einer Akkuladung gute sieben Minuten Flugspaß. Wer hätte gedacht, dass so einfache Modelle so gut fliegen? Nur Wind mögen meine kleinen Tütenflieger nicht. Aber das macht nichts, schließlich sind sie ja für die Halle gedacht.

Fazit
Die Silhouettenmodelle von maxFlite sind toll gemachte Modelle, die man ernst nehmen kann. Der RC-Einbau lohnt sich finanziell aber nur dann, wenn man RC-Komponenten in der Bastelkiste liegen hat, etwa die eines defekten Modells. Die Komponenten der Tucano waren deutlich teurer als ein fertiges UMX-Modell, aber dafür ist die Tucano nun bürstenlos unterwegs, wodurch das Motorgeräusch deutlich angenehmer ist. Es ist jedoch letztlich egal, welche Komponenten man einbaut – diese Modelle hat nicht jeder, sie fliegen ausgezeichnet und es bleibt der Stolz, etwas selbst gemacht und zum Fliegen gebracht zu haben. Allein das ist die Mühe wert!