Poetis mentiri licet
Wenig bekannt ist die Geschichte der geheimnisumwitterten "X-104 Starfatter".
In den 60iger kam es bei der deutschen Luftwaffe und Marinefliegerei zu einer Unfallserie mir den unter Verteidigungsminister Franz-Josef StrauĂ neu angeschafften F104G-Starfattern. UrsĂ€chlich waren diverse Konstruktions- und FertigungsmĂ€ngel, das unzuverlĂ€ssige Triebwerk, hauptsĂ€chlich aber das viel zu hohe Fluggewicht beim Luftwaffe-Einsatz als Jagdbomber. DafĂŒr war der JĂ€ger ursprĂŒnglich einfach nicht konzipiert.
Bei Lockheed machte man sich derweil Sorgen um die eigene Reputation. Die stÀndigen Absturzberichte aus Deutschland wurden zum Problem.
Es wurden daher zwei geheime Programme aufgelegt.
- Der Schmiergeld-Ansatz. Das klappte irgendwie nicht so richtig mit der Geheimhaltung, bei Interesse einfach mal nach Lockheed-AffÀre googeln.
- Das X-104- Programm, ein eher technischer Ansatz.
Der Entwurfsauftrag "X-104" ging an die Freaks in den konzerneigenen Skunk works. In dieser Abteilung durften die begabtesten Ingenieure weitgehend frei von Regeln und ZwĂ€ngen an meist speziellen und geheimen Geheim-SpezialauftrĂ€gen tĂŒfteln.
Das X-104 Programm hatte zum Ziel einen Starfatter, der entsprechend dem Kundenwunsch und gegen besseres Wissen zuverlÀssig als Jagdbomber einsetzbar wÀre.
Dazu wurde hauptsĂ€chlich der reichlich vorhandene Speed und die sowieso schon eher bescheidene Wendigkeit gegen die FĂ€higkeit zum Tragen höherer Lasten getauscht. Das Triebwerk bekam dazu mehr Luft durch vergröĂerte und geglĂ€ttete EinlĂ€ufe und in der Front wurde ein sogenannter Gassmann-Haken fĂŒr Katapultstarts installiert.
Die zentrale Ănderung betraf jedoch den FlĂŒgel, der in jeder Dimension deutlich auf die circa 1,5fache FlĂ€che vergröĂert wurde. Dies fĂŒhrte dann neben einer geringeren FlĂ€chenbelastung auch zu einer verringerten negativen V-Form, um wenigstens noch ein klein wenig Bodenfreiheit zu behalten. Der neue FlĂŒgel saĂ nun auch weiter vorne am Rumpf, was der StabilitĂ€t um die Querachse durch lĂ€ngere Kopplung zu gute kommen sollte. Die Profilierung wurde ebenfalls geĂ€ndert und man ging von dem modernen KfM-Profil einen Schritt zurĂŒck in Richtung tropfenförmig mit Kanten.
Still und leise schaute man zeitgleich auch zur Konkurrenz und besorgte sich einen der neuen Martin Baker Schleudersitze der "spring-loaded"-Serie. Bei diesen Sitzen war die Rakete durch eine starke vorgespannte Feder ersetzt. Den eigenen Sitzen, die den Piloten nach unten heraus katapultierten, traute man in dieser Phase wohl selbst nicht mehr. Leider zeigte sich recht bald, dass der Ersatz der Rakete durch eine vorgespannte Feder nicht der Weisheit letzter Schluss war. SpÀtere Versionen des Starfatters hatten wieder raketengetriebene Schleudersitze. Es blieb jedoch die Schussrichtung "nach oben" erhalten.
All diese Informationen kann man heute mit ein wenig Recherche in den Lockheed-Martin-Archiven finden.
Nichts finden kann man jedoch hinsichtlich der Flugerprobung. Garnichts! Ob der GerÀt eine völlige Fehlkonstruktion war, die Entwurfsziele nicht erreicht wurden oder vielleicht sogar das Gegenteil der Fall war, wir werden es aus den Archiven nicht erfahren. Vermutlich sind die Berichte bis heute "classified".
Vor mir liegt also mit meinem Nachbau ein spannender Erstflug beim 2023er Treffen der Legendary FAT FIGHTERS. GedrĂŒckte Daumen nehme ich gerne, in beliebiger Anzahl, aber lieber viele. :-)
GruĂ
Stephan