Toter LiPo reanimiert

aue

User
Vor acht Wochen ist der Lift Off XS eines Kollegen abstürzt. Trotz umfangreichster Suche wurde er nicht wiedergefunden - bis gestern. Da wurde der Pilot doch noch fündig und fand das zwar total zerstörte, aber doch vollständige Modell wieder. Jetzt haben wir uns gefragt, ob noch irgendwas wiederzuverwenden wäre ... bei acht Wochen Sonne und Regen wollen wir aber nichts riskieren. Der Akku war noch angestöpselt. Er zeigte genau noch 0 Volt an, also komplett leer. Es handelt sich um einen wenig genutzten SLS Quantum 3S/1800 30C, nicht gebläht. Spaßeshalber habe ich versucht, ihn zu laden. Im LiPo-Programm ging das nicht (ISDT Q6), also habe ich ohne Balanceranschluss auf Bleiakku gewechselt und so die Spannung auf 10 V bringen können. Nun habe ich als LiPo weitergeladen und der Akku ließ sich vollständig laden. Ich habe tatsächlich 1,79Ah laden können. Der Innenwiderstand betrug zu Beginn 16-19mΩ und sank zum Ladeende auf 8-9mΩ. Dann bin ich damit geflogen (Belastung bis 50A) und der Akku funktioniert bisher bestens. Ich werde ihn weiter nutzen.
 

turbod

User
Der Akku kostet bei SLS derzeit € 18,03 (+ ggf. VK).
Für diesen Betrag würde ich kein Risiko eingehen.

Gruß

turbod
 

aue

User
Ich bin damit geflogen, jede Zelle hatte nach der Landung noch ca. 3,8V. Wo ist das Risiko?

Schöne Grüße
Andreas
 

turbod

User
Die Tiefentladung führt zu irreversibler Schädigung der Zellen.

Das ist das Risiko einer weiteren Verwendung.

Risiko bedeutet die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Zelle oder mehrere Zellen ausfallen, ist eben sehr deutlich erhöht,
auch wenn ein Flug funktioniert hat.

Daher würde ich diesen Akku nicht mehr fliegen.

Gruß

turbod
 

aue

User
Hallo turbod,

das Risiko ist also, dass einzelne Zellen einbrechen können. Dieses Problem besteht bei länger genutzten Akkus gleichermaßen. In der Folge steht keine volle Motorleistung mehr zur Verfügung. Es kommt halt darauf an, in welchem Modell man einen solchen Akku nutzt. Im Heli würde ich den sicherlich nicht verwenden und eben in keinem Modell, in dem ich auf Leistung angewiesen bin. Aber in einem kleinen E-Segler tut es der Akku noch allemal. Denn ein plötzlicher Totalausfall ist nicht zu erwarten und für BEC steht somit noch genug Strom zur Verfügung, auch für reduzierte Motorleistung.
Das "Risiko" sehe ich also verwendungsabhängig und für die genannten Zwecke sehr kalkulierbar.

Schöne Grüße
Andreas
 
Das Problem liegt hier noch eher beim zuvor genannten Absturz. Die Akkus sind intern mikroskopisch beschädigt, welches auf Dauer zu einem internen Kurzschluss führen können. Dieser Prozess kann urplötzlich geschehen, sodass auch du zu den Glücklichen gehören könntest, denen der Hobbyraum abfackelt :)
Lipos sind an sich eine feine und sichere Sache, aber wie meistens liegt es beim Nutzer das Lipos sich von ihrer schlechten Seite zeigen können.

Sebastian
 

aue

User
Hallo Sebastian,

deshalb lagern meine Lipos auch alle in einem Liposafe - natürlich auf Lagerspannung.
Was das Risiko eines LiPos betrifft, hochzugehen, gilt doch immer. Auch ein nicht-verunfallter ist doch irgendwann mal runtergefallen, angestoßen oder sonstwie mechanisch beansprucht worden. Im Zweifelsfalle reicht auch das für eine Beschädigung oder Beeinträchtigung einer Isolierschicht aus.

Schöne Grüße
Andreas
 

turbod

User
Du kannst jetzt noch viel erzählen:

Einen Lipo (im Wert von € 18,00), der einen Absturz hinter sich hat und acht Wochen lang kurzgeschlossen in Wind und Wetter im Dreck lag, verwendet man nicht mehr in einem Flugmodell - Punkt.

Gruß

turbod
 

BZFrank

User
Was das Risiko eines LiPos betrifft, hochzugehen, gilt doch immer. Auch ein nicht-verunfallter ist doch irgendwann mal runtergefallen, angestoßen oder sonstwie mechanisch beansprucht worden. Im Zweifelsfalle reicht auch das für eine Beschädigung oder Beeinträchtigung einer Isolierschicht aus.

Andreas,

obiges ist inkorrekt. Mechanische Schäden äussern sich anders. Der Mechanismus bei Über-Entladung ist wie folgt:

Stufe 1: Während der Anfangsphase der Entladung und sogar einer leichten Über-Entladungsphase wandern die Lithiumionen aus der Anode über das Elektrolyt zur Kathode. Diese Lithiumionen interkalierten in den Kathodenkristall. Es gibt dabei keine signifikanten Nebenreaktion im Akku, ausser einer durch den hohen DOD (Entladetiefe) verstärkte Zyklen-Alterung. Das geht so bis zu ca. 2.8V/Zelle (unter Last) und beschreibt den normalen Entladeprozess.

Stufe 2: Wenn die Batterie stark über-entladen wird und das Anodenpotential ansteigt, wird die Kupferfolie des Stromkollektor an der Anode zu Cu+ und weiterhin zu Cu2+ oxidiert. Dann diffundieren einige der Cu2+-Ionen zur Kathodenseite, angetrieben durch die Konzentrationsdifferenz zwischen Kathode und Anode. Außerdem zersetzt sich die SEI-Schicht durch dem übermäßigen Verlust von Lithiumionen in der Anode. Währenddessen lagert sich metallisches Lithium auf der Kathodenoberfläche ab, da dessen Aufnahmekapazität überschritten wird.

Stufe 3: Mit der kontinuierlichen Abscheidung von Lithium auf der Oberfläche der Kathode entsteht dort eine Beschichtung mit metallischem Lithium. Die wie oben beschrieben auf die Kathode übertragenen Cu2+ Ionen reduzieren sich zu Cu+ Ionen und Cu-Metall, um metallische Dendriten zu bilden. Diese Dendriten wachsen kontinuierlich an und schließlich wird der Separator durchschlagen, was einen internen Kurzschluss verursacht.

Stufe 2 und 3 laufen relativ langsam ab, hinterlassen aber bleibene Effekte im Akku. Einer davon ist die Schicht aus metallischen (und reaktiven!) Lithiums die auch einen signifikanten Verlust an verfügbarer Kapazität mit sich bringt. Ein anderer sind Cu-Dendriten in verschiedenen Wachstumsstadien, welche durch den Separator Richtung Anode wachsen. Wenn sie es schaffen auf die andere Seite zu kommen, gibt es einen internen Kurzschluss. Der kann selbstlimtierend sein, aber das ist "Prinzip Hofffnung", nicht "Sicherheit". Man sieht dem Akku von aussen nicht an, dass er in einem derartigen kritischen Zustand ist. Er scheint noch ganz normal mit gewissen Kapazitätseinschränkungen zu funktionieren.

Daher kann ich nicht empfehlen extrem tiefentladene Lipos zu "reanimieren". Jeder nachfolgende Ladevorgang und Verwendung ist im wahrsten Sinne ein Spiel mit dem Feuer. Es kann eine Weile gut gehen, aber auch ganz schnell ein Fall für die Feuerwehr.
 

aue

User
Moin Frank,

danke für deine Erklärungen. Ich finde es einfach erstaunlich, dass sich der Akku überhaupt reanimieren ließ, zudem, dass er scheinbar noch ziemlich volle Kapazität hat und außerdem unvermindert eine gute Entladerate bietet. Er verhält sich wie ein (schnell) gealterer Akku mit erhöhtem Innenwiderstand und leichtem Zellendrift.
Ich werde ihn weiter nutzen, gestern bin ich vier Ladungen damit geflogen (ich lade jeweils ca. 1,2Ah nach – bei 1.8Ah Nennkapazität). Es interessiert mich einfach, wie er sich weiter entwickelt und zudem widerstrebt es mir, einen offensichtlich noch gut funktionierenden Akku einfach wegzuwerfen.
Die Frage der Sicherheitsvorsorge gilt immer. Ich habe z.B. Dymond-LiPos, die deutlich gebläht sind, trotz korrekter Behandlung. Bei Kollegen sehe ich immer wieder deutlich verbeulte Akkus im Einsatz. Nach der reinen Lehre müssten all diese Exemplare ausgemustert werden. Wichtig ist halt, bei Laden, Transport und Lagerung immer die Vorgaben zu beachten.

Schöne Grüße
Andreas
 

turbod

User
Da kann man wohl nichts machen - alle Mühe vergebens ...
Es drängt sich der Eindruck einer ausgeprägten Beratungsresistenz auf.

Und man kann nur hoffen, dass wegen der weiteren Verwendung des Lipos kein Schaden entsteht,
der ursächlich auf diesen Lipo zurückzuführen ist.

Denn wenn der Versicherer das alles hier liest, steht sicherlich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit
und damit ggf. der Verlust des Versicherungsschutzes im Raum.

Und das alles wegen € 18,00 - Kopfschüttel.

Gruß

turbod
 

Thoemse

User
Er wird nicht mehr so viele Zyklen halten wie ein neuer. Die Spannung kann auch mal einbrechen. In einem gemütlichen Motorsegler würde ich den aber definitiv verwenden.
Hatte ich auch schon. Mir wurde der Lipo aber dann recht bald zu müde.
 

aue

User
Hallo turbod,

Da kann man wohl nichts machen - alle Mühe vergebens ...
doch. Du kannst versuchen, etwas toleranter zu sein, auch gegen die aus deiner Sicht vermeintliche Unvernunft. Ich kann mich irren, du aber auch. Wer oder was ist der Maßstab?

Es drängt sich der Eindruck einer ausgeprägten Beratungsresistenz auf.
Das ist eine persönliche Wertung und insofern beleidigend. Denken kannst du ja, was du möchtest, aber öffentlich schreiben solltest du das nicht.

Und das alles wegen € 18,00 - Kopfschüttel.
Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst, es könne um einen bestimmten Geldbetrag oder Kostenersparnis gehen.
 

Flugdeti

User
Also, dass sich BZFrank irrt scheint mir höchst unwahrscheinlich, weil in den Erläuterungen der Stufen einiges Fachwissen zu erahnen ist.

Falls der Lipo ohne abzurauchen einfach nur müde wird und den Geist auf gibt, dann bedeutet dies nicht, dass sich BZFrank geirrt hat, sondern, dass da Jemand Glück hatte.

Auch ein unkontrolliert abstürzender kleiner Segler kann töten !!!

Bitte denke w e n i g s t e n s an ein separates BEC, damit dieses Risikoteil hoffentlich steuerbar bleibt .... Eine sterbende Zelle zieht die anderen durch den Kurzschluss auch leer.

Es gibt Dinge, die macht man nicht.

Flugdeti
 

Flugdeti

User
Seperates BEC reicht natürlich nicht.

Ich meinte separaten Empfängerakku.

Flugdeti
 

aue

User
Hallo Flugdeti,

ich finde es ja nett, dass auch du dir Sorgen ob der Flugsicherheit machst. Aber ich finde den Maßstab, der hier angelegt wird, einfach nicht angebracht.
Der allgemeine Umgang mit LiPos ist viel fahrlässiger als mein Umgang mit dem verunglückten. Die Wenigsten wissen überhaupt etwas Substanzielles über ihre Akkus zu sagen: Innenwiderstand? Was ist das. Zellendrift? Noch nie gehört. Was man hört: Der hat noch reichlich Dampf. usw. usf. Manche Kollegen laden ihre Akkus zum Ende des Flugtages noch voll, damit sie beim nächsen Mal nicht mehr laden müssen.
Und um ein mögliches Missverständnis klarzustellen: Ich habe und möchte BZFrank keinesfalls widersprechen. Die Essenz seiner Aussage ist ja, dass nicht nur eine außere mechanische Beeinträchtigung die Schichtenisolierung beschädigen kann, sondern auch innere chemische Prozesse. Das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Aber wer kann sagen, dass dies in meinem Absturzakku passieren wird? Und welchen LiPos, die tagtäglich irgendwo im Einsatz sind, droht ein ebensolches Schicksal?

Ich gehe einfach nicht davon aus, dass sich ein Akku mit guten Werten plötzlich verabschiedet oder hochgeht. Ich prüfe weiterhin seinen Zustand, so wie ich dies mit allen meinen Akkus tue. Damit bin ich meiner Einschätzung nach sicherheitsbewusster unterwegs als die meisten Fliegerkollegen (jedenfalls die, die ich kenne).
 
  • Like
Reaktionen: GC

S_a_S

User
Eine sterbende Zelle zieht die anderen durch den Kurzschluss auch leer.

Es gibt Dinge, die macht man nicht.

Flugdeti

und es gibt geschriebene Dinge, die widersprechen der Physik.

Eine kurzgeschlossene Zelle leitet in Reihenschaltung den Strom der anderen Zellen durch. Solange der Akku nicht belastet wird, bleiben die gesunden Zellen voll.
Und solange vom 3S noch zwei Zellen übrig bleiben, kann auch das BEC die Empfangsanlage weiter versorgen.

Eine offene Zelle verhindert, dass Strom fließt. Das bedeutet Totalausfall.

Eine brennende Zelle (als Resultat eines inneren Kurzschlusses) zündet auch Nachbarzellen, Modell und bei der "Landung" den Wald an. Sollte definitiv vermieden werden.

Grüße Stefan
 

Flugdeti

User
Hallo Aue,
solltest du jemals das Pech haben, dass ein Elektronikteil (gar nicht der Akku), zu einem Modellabsturz führt, mit anschließendem Akkubrand durch die mechanischen Einwirkungen auf den Akku, bei dem auch noch Sachschaden oder Personenschaden entsteht und sollte dann zufällig dieser Akku im Modell verwendet worden sein...... dann hast du ganz schlechte Karten beim Staatsanwalt, weil die Sachlage dann eindeutig scheint.
Alle werden einen Akkubrand als Ursache vermuten. Fahrlässige Verwendung defekter Teile.

Weder dir selber noch dem Staatsanwalt kannst du dann etwas Anderes beweisen... ist ja verbrannt....


Flugdeti
 

aue

User
Hallo Flugdeti,

langsam wird es aber unappetitlich, was du hier auffährst. Du beißt dich an diesem einen kleinen reanimierten LiPo fest und entwirfst Horroszenarien. Ich erinnere dich daran, dass:
- von jedem Flug ein Risiko ausgeht; mit zunehmender Größe und Gewicht ein entsprechend größeres
- von jedem LiPo, der ins Getreidefeld abstürzt, eine Brandgefahr ausgeht
- von jedem LiPo mit zunehmender Alterung und Gebrauch das Risiko eines Ausfalles oder auch einer Selbstentzündung gesteigert ausgeht
- ein jeder Pilot gegen Empfehlungen und Vorgaben verstößt, wenn er nicht vor jedem Flug einen Reichweitentest durchführt
usw. usf.

Akzeptiere, dass andere Menschen zu anderen Entscheidungen kommen. Du triffst deine für dich, ich meine für mich.
Wenn du noch etwas Substanzielles beizutragen hast, dann freue ich mich darüber, aber bitte keine moralisierenden Kommentare mehr.
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten