Was das Risiko eines LiPos betrifft, hochzugehen, gilt doch immer. Auch ein nicht-verunfallter ist doch irgendwann mal runtergefallen, angestoßen oder sonstwie mechanisch beansprucht worden. Im Zweifelsfalle reicht auch das für eine Beschädigung oder Beeinträchtigung einer Isolierschicht aus.
Andreas,
obiges ist inkorrekt. Mechanische Schäden äussern sich anders. Der Mechanismus bei Über-Entladung ist wie folgt:
Stufe 1: Während der Anfangsphase der Entladung und sogar einer leichten Über-Entladungsphase wandern die Lithiumionen aus der Anode über das Elektrolyt zur Kathode. Diese Lithiumionen interkalierten in den Kathodenkristall. Es gibt dabei keine signifikanten Nebenreaktion im Akku, ausser einer durch den hohen DOD (Entladetiefe) verstärkte Zyklen-Alterung. Das geht so bis zu ca. 2.8V/Zelle (unter Last) und beschreibt den normalen Entladeprozess.
Stufe 2: Wenn die Batterie stark über-entladen wird und das Anodenpotential ansteigt, wird die Kupferfolie des Stromkollektor an der Anode zu Cu+ und weiterhin zu Cu2+ oxidiert. Dann diffundieren einige der Cu2+-Ionen zur Kathodenseite, angetrieben durch die Konzentrationsdifferenz zwischen Kathode und Anode. Außerdem zersetzt sich die SEI-Schicht durch dem übermäßigen Verlust von Lithiumionen in der Anode. Währenddessen lagert sich metallisches Lithium auf der Kathodenoberfläche ab, da dessen Aufnahmekapazität überschritten wird.
Stufe 3: Mit der kontinuierlichen Abscheidung von Lithium auf der Oberfläche der Kathode entsteht dort eine Beschichtung mit metallischem Lithium. Die wie oben beschrieben auf die Kathode übertragenen Cu2+ Ionen reduzieren sich zu Cu+ Ionen und Cu-Metall, um metallische Dendriten zu bilden. Diese Dendriten wachsen kontinuierlich an und schließlich wird der Separator durchschlagen, was einen internen Kurzschluss verursacht.
Stufe 2 und 3 laufen relativ langsam ab, hinterlassen aber bleibene Effekte im Akku. Einer davon ist die Schicht aus metallischen (und reaktiven!) Lithiums die auch einen signifikanten Verlust an verfügbarer Kapazität mit sich bringt. Ein anderer sind Cu-Dendriten in verschiedenen Wachstumsstadien, welche durch den Separator Richtung Anode wachsen. Wenn sie es schaffen auf die andere Seite zu kommen, gibt es einen internen Kurzschluss. Der kann selbstlimtierend sein, aber das ist "Prinzip Hofffnung", nicht "Sicherheit". Man sieht dem Akku von aussen nicht an, dass er in einem derartigen kritischen Zustand ist. Er scheint noch ganz normal mit gewissen Kapazitätseinschränkungen zu funktionieren.
Daher kann ich nicht empfehlen extrem tiefentladene Lipos zu "reanimieren". Jeder nachfolgende Ladevorgang und Verwendung ist im wahrsten Sinne ein Spiel mit dem Feuer. Es kann eine Weile gut gehen, aber auch ganz schnell ein Fall für die Feuerwehr.