Pappelsperrholz, Durchbrüche
Pappelsperrholz, Durchbrüche
Ich erlaube mir mal eine Ausführung zu dieser Pappelholz-CNC-Thematik. Wie durch ein Wunder (namens
Bernd Langner) bin ich nun zum Thread-Opener geworden. Also, ich darf vllt. mal etwas OT gehen?
Wenn so neue "Technologie" kommt, gibt es ja oft ein Zuviel, ein Über-das-Ziel-Hinaus. Bei den meisten
CNC-Kits passiert genau das. Da wird dann CNC oder "gelasert" zum fast alleinigen Qualitätskriterium. Und der
Newbe glaubts gerne. Das meiste, was ich da bisher sah, war Mist.
Dabei ist diese Art Holz-Modellbau schon seit Jahrzehenten umfassend abgehandelt. Es reicht im Prinzip aus,
einige
Annual Yearbooks von
Frank Zaic zu besitzen, vielleicht auch des russichen Autors
Gajewski usw
. Dann weiß
man eigentlich alles, was es über diese Art Modellbau zu wissen gibt. Wohlgemerkt: Ich rede vom traditionellen
Holzmodellbau - wir sind hier im Retro-Bereich!
Dieses Wissen scheint zunehmend verloren zu gehen. Die Produzenten scheinen sich im traditionellen Holzmodellbau
von Flugmodellen oftmals nicht (mehr) auszukennen. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür war u. a. dieser Beitrag eines
Herstellers, der für sich reklamierte, den Holzmodellbau sogar quasi neu erfunden zu haben:
http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/681036-Dr-Kaputtski-vom-PEPE-Aircraft
Die großen Veränderungen im Holzflugmodellbau waren beispielsweise die Einführung von Harzen und Glasgewebe
(bereits in den 50, 60ger Jahren im Ostblock) und später natürlich die Einführung von Balsaholz, welches viele
ursprünglich genutzte Hölzer in der Folge verdrängte. Balsaholz, als Füllholz und Verpackungsmaterial industriell
verwendet, ist eigentlich für den Flugmodellbau ungeeignet (
sic!). Anfälligkeit gegen Feuchte, wenig homogen,
anfällig gegen Verzug usw.
Der Modellbau lernte im Laufe der Zeit, mit den Nachteilen umzugehen. Sowohl bereits in der Konstruktion, wie auch
in der handwerklichen Bearbeitung. Die Einführung dieses Materials in Baukästen geht u. a. auf Robert Becker zurück
(also "robbe") und es waren unter anderem die Fa. Graupner, die dann herstellerseitig für wesentliche Verbesserung dieses
Materials sorgte.
An vielen Stellen meiner Bauberichte geht es genau darum, die Nachteile des Balsaholzes in den Griff zu bekommen.
Weiter oben in diesem Bericht etwa zeige ich, wie man das Folieren am Ende der Ruderklappen durch Aufkleben von
dünnem Sperrholz umgehen kann. Folie hält auf Balsa-Stirnholz eben unzureichend gut.
Pappelsprerholz - oder was man dafür hält
Mit der exzessiven Verwendung von Pappelsperrholz im Flugmodellbau verhält es sich im Grunde recht ähnlich, wie
zuvor beim Balsaholz. Wiederum ist das Holz für unsere Zwecke eigentlich trotz vieler angenhmer Eigenschaften eher
ungeeignet. Es neigt zum Verzug, ist anfällig gegen Feuchte und verklebt sich zudem schlechter, als man meinen sollte.
Die industriell eigentlich vorgesehene Verwendung ist ein ganz andere, weshalb die Qualitätsstreuungen auch enorm sind.
Schon die Dicken weichen oftmals von den Lieferangaben ab. Die Verklebung ist nicht wasserfest, weil dies bei der
Verwendung auch nicht gefordert ist: Nichttragende Verblendungen im Innenbereich, Schablonenbau,
Schmuckumverpackungen usw.
Es gibt zudem etliche Pappelarten, auch die Espe wird dem Pappelholz zugeschlagen. Die Unterschiede sind für uns
Modellbauer nicht ganz unerheblich, etwa was Festigkeit und Verklebarbkeit angeht. In der Industrie sind sie völlig
unerheblich und werden deshalb nicht weiter ausgewiesen. Hier interessiert allenfalls die Polierbarkeit, bzw. die Möglichekit des
Beizens (wg. Lackierbarkeit u. Veredlung, siehe Schmuckumverpackungen für Zigarren und Wisky!).
Zudem ist als Pappelsperrholz ausgewiesenes/vermutetes Material durchaus mal auch etwas ganz anderes. Während die
Birkensperrhölzer, die wir beziehen meist von marktbeherrschenden finnischen Herstellern stammen, kommen die
Pappelsperrhölzer oftmals auch aus Südamerika. Dort gibt es über 250 Holzarten, welche sich für die handwerkliche
Verarbeitung eignen. Auch der Erfahrenste wird sich hüten, die Art des Holzes verbindlich bestimmen zu wollen. Sogar
wenn Äste zu sehen sind ist das fast unmöglich.
Als einziger wirklicher Vorteil des Materials bleibt im Grunde der günstige Preis und die Verfügbarkeit, sowie natürlich die
recht einfache Bearbeitung.
Jetzt muss man sich allerdings fragen: Wenn ich schon die Mühe des Selbstbaues eines Flugmodells auf mich nehme -
will ich es dem Baumarkt überlassen, wann mein Rumpf verzieht? Wer entscheidet, wann der Flieger vorm Leitwerk abbricht?
Sind die Hersteller überhaupt noch fähig, die Verklebungen und Fügungen der Lagen fachgerecht zu beurteilen, oder sind sie
froh, einigermaßen schön aussehende astfreie Platten ergattert zu haben? Über die Festigkeit/Haltbarkeit kann aufgrund
dieser Umstände überhaupt keine Aussage getroffen werden.
Eine möglichst wasserfeste Verklebung (und Fügung) der Lagen ist für den Verzug um so entscheidender, desto weniger
Lagen das Sperrholz aufweist. Die finnischen Sperrhölzer, die wir im Modellbau überwiegend verwenden, können meist
als wasserfest verklebt bezeichnet werden, auch wenn sie so nicht normiert sind. Prüfen lässt sich dies, indem man das
Holz in siedendes, bzw. kochenden Wasser legt und die Zeit misst, die es benötigt, bis sich das Sperrholz delaminiert.
Durchbrüche - god for one but not for all
Der Weg, im Flugmodellbau zu einem guten
Finish zu kommen, also der angemessenen Oberfläche, ist lang
und beschwerlich. Es verhält sich da wie mit dem Leichtbau, hat mit Veruch und Irrtum und fortgesetzter
Übung zu tun. Gleichwohl ein Albatros nicht glatt ist und trotzdem hervorragend fliegt, verbindet man doch
mit einem Flugmodell eine glatte und gefällige Oberfläche. Handwerklich gesehen liegt darin eine gewisse
Herausforderung.
Allerings sind die Qualitätsansprüche hier so unterschiedlich wie die Menschen selber. Somit kann es hier
kein Richtig und kein Falsch geben. Aber: es gibt gewisse Gewöhnungseffekte. Wer noch nie einen gelungenen
Selbstbau aus der Nahe gesehen hat, der wird ein durchschnittliches ARF wahrscheinlich für gelungen halten.
Die Mitstreiter, die sich auch in diesem Thread über die besagten "Durchbrüche" mokieren, die heute so gerne
als Aufbauhilfen in Seitenwände geschnitten werden, haben an das Finish wahrscheinlich etwas gesteigerte
Anforderungen, andere nehmen die Problematik gar nicht wahr. Versierte Selbstbauer aber wissen, dass jeder
Durchbruch und Materialübergang eine "Baustelle" nach sich zieht und sich insbesondere bei Verwendung von
Folie sehr wahrscheinlich später abzeichnen wird.
Faktisch muss nun verspachtelt werden. Dabei fallen 1K-Spachtel, aus, da sie langfristig einfallen. Infrage kommt
hier z. B. selbstgefertigter Spachtel aus Harz und Mikroballoons. Dann wird sich das Holz allerdings um die so
stabilisierte Stelle aufwerfen. Zu guter Letzt reagieren die Spachtel und Verklebungen natürlich auf Hitze, wenn
gebügelt wird. Da wundert sich der Modellbauer, dass die frisch bebügelte Fläche wieder genau die Nahtstellen
aufweist, die doch zuvor so fein verschliffen waren.
Nimmt man solche Unebenheiten wahr, dann muss man - gemeiner Weise - von "Baufehler" sprechen. Denn es ist
klar: Der Modellbauer hat hier das Material nicht beherrscht.
Der Weg, zu einem glatten Finish zu kommen besteht also immer darin, Durchbrüche und Materialübergänge
per se
zu vermeiden. Herr Masaki etwa weiß dies, den er ist ein genialer Modellbauer. Die Kits seiner Firma
"Thermal Studio" verwenden sehr wohl die heute leicht anzufertigen (gelaserten) Aufbauhilfen in Form von Schlitzen
für die Spanten. Aber dennoch bleiben die Seitenteile geschlossen, denn er konstruiert einen "Käfig" aus Hartholz
in den Rumpf hinein:
Auch beim 'MiniFEX' von Jonas Kessler, der sich ja oben schon zu Wort gemeldet hat, findet man geschlossene
Rumpfseitenwände vor:
http://www.rc-network.de/forum/show...as-Kessler)-Neuer-kompakter-FMT-Elektrosegler
Abschließend möchte ich mich wiederholen: Die Maßstäbe für Qualität sind so verschieden, wie die Menschen.
Was den Einen glücklich und stolz macht, reicht vielleicht dem Anderen noch lange nicht aus. Also ist dies kein Grund
für Verdruß oder gar Streit.
Aber vielleicht doch noch eine Geschichte dazu, über die es sich vielleicht nachzudenken lohnt?
Die handwerklich höchste Qualität wird allgemein dem englischen Kunsttischler
Robert Chippendale (1718-1779)
zugeschrieben, die Güte seiner Arbei wurde bislang nicht mehr erreicht. Natürlich haben sich Generationen von
Handwerkern und auch Wissenschaftlern damit beschäftigt herauszufinden, wie diese Meisterschaft überhaupt möglich
war und wie man das organisieren kann. Schließlich hat Chippendale schon in jungen Jahren viele Angestellte beschäftigt.
Der Schlüssel dafür waren schließlich die öfters aufgefundene Buchstaben, die man an sonst unzulänglichen Stellen bei
Renovierungsarbeiten fand: BIC. Man hielt dies zunächst für Initialien oder ähnliches. Erst in jüngerer Zeit wurden diese
Zeichen dann als Kurzform für
As Best as I can (So gut wie ich kann), kurz:
Best I can identifiziert. Ok...