Rolf Germes schrieb:
Wenn das Einlassventil 30° vor OT öffnet , hat das meiste Abgas bereits den Zylinder über das Auslassventil verlassen . Wenn das Abgas zuvor noch beschleunigt wurde , herrscht zum Zeitpunkt des Öffnens vom Auslassventil*Unterdruck im Zylinder . Dieser Unterdruck wird zum Vorbeschleunigen des Frischgases verwendet , Stichwort : Masseträgheit des Frischgases ! Der Prozess des Ansaugens wird also früher in Gang gesetzt , als durch die Abwärtsbewegung des Kolbens allein , wodurch Zeit bei der Zylinderfüllung gespart wird . Damit das einströmende Frischgas nicht sofort über das noch offene Auslassventil entfleucht , muss eine Gegenmaßnahme getroffen werden , hier nun der Aufbau eines " Gegendrucks ", schwingende Abgassäule ( Resonanz ) , bis zum Schließen des Auslassventils .Die Masseträgheit des Frischgases wird ebenfalls genutzt , um vor dem Schließen des Einlassventils noch etwas Frischgas nachzuschieben .
Zusammengenommen kommt es einer Aufladung gleich , nur etwas anders als beim 2 Takter !
Rolf, hier (
*)meintest Du wohl eher "Einlassventil" anstatt "Auslassventil", ansonsten macht das keinen Sinn. (Hervorhebung "Auslassventil" durch mich)
Ich muss zugeben, theoretisch klingt das einigermaßen glaubhaft, was Du da schreibst (korrigiert man Deinen Schreibfehler). Um wie von Dir beschrieben zu funktionieren, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- die Ventilüberschneidungszeiten müssen wirklich
sehr groß sein,
- die Drehzahlen dürfen demgegenüber
nicht allzu hoch sein,
- falls bei ganz bestimmten Motoren unter ganz bestimmten Voraussetzungen dieses von Dir beschriebene Wirkprinzip wirklich funktionieren sollte (was, wie gesagt, theoretisch möglich ist), handelt man sich damit andererseits Nachteile ein, wie z. B. einen erhöhten Widerstand im Abgassystem, der den Abgasstrom bremst und somit die Leistung negativ beeinflusst.
- eventuell wäre eine noch größere Leistungssteigerung durch Verkleinern der Ventilüberschneidung zur Vermeidung des unerwünschten Austretens der Frischgase aus dem Auslassventil erreichbar, da man sich somit diese "Abgasstrombremse" ersparen kann.
- Außerdem gebe ich zu bedenken, dass ein Durchströmen von Frischgas bis über das Auslassventil hinaus sehr gefährlich für die Haltbarkeit des gesamten Motors wäre, da, wie bereits gesagt, dieses zur Zündung der Frischgase an den heißen Auspuffkrümmerteilen und damit zu "Fehlzündungen" führen würde. Ein so konstruierter Motor wäre folglich gar nicht brauchbar!
Wie dem auch sei: Es bleibt festzuhalten, dass das gar nichts mit dem sogenannten Resonanzauspuff bei 2-Taktern zu tun hat, wie Du ja selbst angemerkt hattest.
Edit: Bei dem von Dir beschriebenen Verfahren von einer "Aufladung" zu sprechen, halte ich doch für sehr gewagt! Unter einer Aufladung versteht man im Motorenbau etwas anderes: Aufladung (Aufbau eines Überdruckes
vor der eigentlichen Verdichtug im Brennraum) durch einen vom Abgasturbolader angetriebenen Verdichter oder durch einen keilriemenangetriebenen Kompressor oder auch durch einen fremdangetriebenen Kompressor).
Dieser Terminus "Aufladung" (als Beschreibung von motorinterenen Maßnahmen zur Verbesserung der Füllung) stammt wohl aus den Werbeabteilungen einiger Motorenhersteller.
Grüße
Udo