THOR.evo F3f/F3b

vanquish

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Das Leitwerk
Das Leitwerk der EVO-Variante hat eine geänderte Geometrie erhalten und ist um etwa 17% gewachsen. Das Profil an der Wurzel entspricht dem Original aus 2012 und wird auf der ersten Hälfte des Leitwerks auf eine modifizierte Variante davon gestrakt. Die deutliche Vergrößerung der Fläche begründet sich zum einen aus den Erfahrungen mit größeren Leitwerken am 2012er Modell und zum anderen am kleineren Öffnungswinkel von nun 97°. Die Änderung der Geometrie begründet sich einzig und allein in meinem persönlichen Geschmack: "Schaut bessa aus":
LW Polaren 008.JPG


LW Polaren 007.JPG
Eine Besonderheit der Leitwerksform ist, dass sie auf den ersten 26mm dieselbe Flächentiefe hat. Das heißt, Experimentierfreudige können aus einer Form unterschiedlich große Leitwerke bauen.

Bevor es an das CAD, CAM und dann in die Werkstatt geht, noch ein kurzer Vergleich der beiden Profile. Die folgenden Grafiken zeigen die Typ2-Polaren beider Profile an der Wurzel und "relativ weit außen". Wichtig sind weiters die Typ1-Polaren bei den Wenden. Hierfür habe ich die Re-Zahlen für F3f-Flüge von 65, 50 und 30 Sekunden und entsprechende negative Klappenausschläge zwischen -2° bis -9° gerechnet. Zuguter letzt sieht man noch eine Grafik bei Re 90.000, was wieder "relativ weit außen" beheimatet ist. Man sieht schön, dass das modifizierte Profil im relevanten Ca-Bereich (-0.1 bis -0.5) deutlich weniger Widerstand hat.
LW Polaren 001.JPG LW Polaren 002.JPG LW Polaren 003.JPG
LW Polaren 004.JPG LW Polaren 005.JPG LW Polaren 006.JPG
 

vanquish

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Das CAD habe ich wie gewohnt in Rhino gezeichnet. Auch wenn es für das CAM nicht notwendig ist, mache ich mittlerweile für viele meiner Projekte vollständige Zeichnung. Vollständig heißt, dass dabei auch Kleinigkeiten wie Passtifte, Dummies, Inlays,... gezeichnet werden. Das ganze ist im Grunde nur eine Fingerübung, bei der man aber immer wieder neue Dinge im CAD entdecken kann. Die Herangehensweise ist dabei identisch zu den Tragflächen, nur eben etwa die halbe Arbeit, weil die Profile am Leitwerk in der Regel symmetrisch sind. Das heißt, ich zeichne ein Teil und spiegle das im CAD oder CAM dann einfach entsprechend.
LW Rendering 001.jpg LW Rendering 002.jpg LW Rendering 003.jpg
LW Rendering 004.jpg LW Rendering 005.jpg LW Rendering 006.jpg

Die Passstifte an der Endleiste sind parallel zur Scharnierlinie im Abstand von 45mm gesetzt und können so als Anschlag beim Anritzen des Scharniers genutzt werden:
LW Rendering 007.jpg

Was das CAM angeht, so bin ich aktuell in einer "Lernphase". Mein altes Mastercam 7 ist langsam zu alt für die immer aufwendigeren CAD-Zeichnungen. Außerdem läuft es nur unter WinXP. Alternativ verwende ich für die meisten 2D-Sachen (Konturen, Taschen, Bohrungen) mittlerweile Estlcam. Für die 3D-Bearbeitung versuche ich mich in Fusion360 und lerne stetig dazu. Diese Software ist wirklich mächtig... Seit kurzem gibt´s hier ja leider eine Einschränkung der Funktionalität bei der Gratis-Lizenz. Allerdings habe ich noch nicht genau nachgesehen, ob diese Einschränkungen auch von mir benötigte Dinge betreffen... Auf den ersten kurzen Blick macht´s jedenfalls nicht so den Eindruck.
 

vanquish

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Leitwerk fräsen
Bei den Leitwerken verwende ich ebenfalls einen 6mm 1-Zahn Schaftfräser zum Schruppen und für den Ausschnitt der Formen aus dem Rohmaterial. Geschlichtet wird mit einen 2mm 1-Zahn Schaftfräser, welchen ich in weiterer Folge auch für die Bohrungen der Passstifte, sowie die Nuten verwende. Der Formenrand wird von mir noch mit einem 8mm 3-Zahn Fasenfräser 60° gefast. Beim Material setze ich auf gegossenes Plexiglas in der Stärke 20mm. Das Rohmaterial wird dabei wieder erst auf der Rückseite geplant, um so etwaige Spannungen aus dem Block zu bekommen und einen Verzug der Formen zu verhindern bzw. so gut wie möglich zu reduzieren.

In der Werkstatt schaut das Ganze dann etwa so aus:

Die Inlays für die Wurzelrippe habe ich mir von www.laserteileonline.de aus 3mm starkem Edelstahl erstellen lassen. Die gelieferte Qualität ist grundsätzlich sehr gut, die Teile sind absolut maßhaltig. Dennoch gibt es fertigungsbedingt auch hier in den Ecken ein leichte Rundung. Ich werde das im CAD wohl noch etwas abändern und neue Teile lasern lassen.
2020-08-27 06.49.54.jpg
 

vanquish

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Kosten und Aufwand
Ich habe per PM eine Frage gestellt bekommen, die aber vermutlich für viele andere -vor allem potentielle Einsteiger- auch nicht ganz uninteressant sein dürfte. Nämlich die Frage nach Materialpreis und Zeitaufwand. Ich sehe es hier im Forum immer wieder: Viele wollen selbst Formen herstellen in der Hoffnung, so günstig an gute Modelle zu kommen und scheitern dann aber schon im Ansatz. Andere wiederum schreiben von exorbitanten Kosten, weit jenseits der Realität so wie ich sie kenne. Nun ja, im Grunde muss ja jeder selbst für sich entscheiden, wieviel Zeit und Geld er ins Hobby stecken will und die finanziellen Schmerzgrenzen sind wohl auch sehr individuell. Ich habe in den letzten Jahren nun doch schon einige Urmodelle und Formen gebaut und/oder fräsen lassen. Daraus habe ich persönlich(!) folgendes gelernt:
  • Urmodelle fräsen zu lassen, diese abzuformen und im Anschluss zu verkaufen, um Kosten zu sparen --> lohnt sich finanziell nicht wirklich. Man bekommt meist nicht mal die Materialkosten zurück. Es existiert auch immer das Risiko, dass die Urmodelle trotz noch so gewissenhafter Vorbereitung beschädigt werden. Ich halte es für sinnvoller, nicht mehr benötigte Urmodelle zu überfräsen. So spart man sich zumindest die Materialkosten beim nächsten Projekt, welches früher oder später ganz sicher kommen wird.
  • Urmodelle fräsen zu lassen, und diese dann zu verleihen, um Kosten zu sparen --> lohnt sich unterm Strich finanziell nicht wirklich, kostet dafür aber extrem Nerven und führt zu vermehrtem Wachstum grauer Haare. Einhalten von Deadlines, Nachverhandeln von Abformgebühren, Beschädigungen der Urmodelle (i.d.R. ohne dazu zu stehen),... alles gehabt. Gibt natürlich auch absolut problemlose Ausleiher, aber einbrennen tun sich halt die schwierigen Fälle. Keine Ahnung, ob ich daraus wirklich gelernt habe, da ich mir so ein Verleihprojekt in der 2m-Klasse mittlerweile wieder vorstellen könnte.
  • Formenbau zu betreiben, um damit zwei, drei, vier "günstige" Modelle zu bekommen --> lohnt sich finanziell nicht wirklich. Das Material kostet, Fräszeit kostet mehr (wenn mans nicht selber machen kann), Material für die Modelle kostet und mindestens die ersten beiden Modelle sind Lehrteile.
  • Entwicklung und/oder Formenbau zu betreiben, weil man gerne etwas konstruiert, baut und das Ergebnis seiner geistigen und handwerklichen Ergüsse in der Luft sehen will. Weil man auf die Technik oder dieses -ich sag mal- HighTech-Material AFK/CFK/GFK steht, weil man sehen will, ob und wie "Aerodynamik" in der Praxis funktioniert. Weil man doch noch irgendwo Modell-"Bauer" sein und vielleicht mit seinen Händen was machen will; als Ausgleich/Entspannung zu Beruf und Familie, weil das Bauen mindestens gleich viel Hobby ist, wie das Fliegen --> lohnt sich ABSOLUT (gleich wie andere Hobbys aber auch)
Materialkosten THOR.evo
Wie weiter vorne schon erwähnt, beziehe ich das Plexiglas für den THOR.evo bei der Röhm GmbH. Man kann dort im Onlineshop die einzelnen Zuschnitte eingeben und sieht sofort die Preise. Vermutlich gibt es günstigere Quellen, aber auch teurere. Ich selbst bin aber sehr zufrieden und vor allem weiß ich, dass ich gegossenes Plexiglas bekomme, wenn ich dieses bestelle. Das ganze könnte man anstelle von Plexiglas auch aus Aluminium machen. Preislich ist der Unterschied gering:

Flügel unten: 2 Stück ... 160x34x2.5cm ... 570€
Flügel oben: 2 Stück ... 160x34x3cm ... 790€
Leitwerk (alle 4): 1 Stück ... 92x44x2cm ... 175€
Rumpf: 1 Stück 1 Stück ... 150x24x2.5cm ... 260€
Steckhaube: 1 Stück ... 42x24x2.5cm ... 60€
Versand: 100€
Gesamt: 1955€

In der Preisklasse gibt´s schon ein paar richtig gute Modelle am Markt...

Die Verbinderformen und die Aludummys habe ich extern fertigen lassen. Dafür habe ich aber gleich insgesamt 6 Sätze machen lassen. Hier ist der Punkt, dass die Menge den Einzelpreis halt massiv drückt. Ich kann da nur sagen: 6 Sätze kosten bei weitem nicht 6-mal soviel wie ein Satz. Das CAM und bestücken der Maschine ist halt auch teuer, fällt aber nur einmal an, egal wie viele Bauteile man dann fräst.

Zeit am PC
Der ganze Schmarrn muss ja zuerst mal digital erstellt werden. Ich kann ehrlich gesagt nicht sagen, wie viele Stunden da für die Profilberechnung und Auslegung draufgehen. Ich mach das eigentlich immer mal so nebenbei auf der Couch vorm TV... Heute mal ne halbe Stunde, morgen dann den ganzen Nachmittag, weil sturmfrei und Regenwetter. Beim THOR.evo gab´s jetzt nicht so viel zu rechnen, weil die Profile im Grunde schon existieren. Beim CAD-Modell ist´s ähnlich. Ich kann echt keine genaue Stundenzahl nennen. Wenn´s echt nur für´s Fräsen genügen soll, sind´s so etwa 1.5h für den Flügel, etwas weniger für´s Leitwerk und je nach Aufwand 2-3h für Rumpf und Steckhaube. Aber wie vorne schonmal erwähnt, sind die Details wie Passstifte, Dummies, Holmstege, Servos,... dann zeitaufwendig. Für das THOR.evo CAD wie hier gezeigt, würde ich mal so ganz grob 7h rein fürs CAD in den Raum werfen.

Fräszeit THOR.evo
Die Fräszeit bei den Aluteilen kann ich dir nicht sagen, weiß ich nicht. Wird aber sicher nicht die Welt sein, denn die Teile wurden auf richtigen Industriemaschinen beim Experten erstellt. Da sind Leistung und Dynamik halt kein Vergleich zu den modellbauertypischen Hobbymaschinen.
Die Plexiglasformen, die ich mache dauern schon so ihre Zeit. Reine Maschinenlaufzeit für eine Flächenunterseite liegt irgendwo so bei 18 Stunden herum. Also mit Planen, Schruppen, Schlichten, Taschen, Ausschneiden,... Da kann man aber sicher noch durch bessere Rampeneinstellungen und Restmaterialstrategien ~1h einsparen. Die Zustellung beim Schlichten könnte man evtl. auch noch erhöhen und hier massiv Zeit einsparen. Das heißt dann aber anschließend wieder mehr Handarbeit.
Kommt dann noch das Aufspannen/Umspannen, Einrichten und Reinigen der Fräse dazu. Da bin ich dann auch schnell mal bei 30-60 Minuten.
Die vier Leitwerksformen fräse ich in einem Lauf. Die benötigen so etwa 9-10h komplett.

Ich will niemanden davon abraten, so ein Projekt wirklich von Grund auf zu starten. Wenn einem sowas interessiert, kann ich nur Mut zusprechen! Gibt auch extrem viele Informationen dazu hier im Forum. Aber so von null auf hundert was wirklich brauchbares zu schaffen, kann schon sehr herausfordernd werden, auch finanziell...
Ein Blick zu Sven Hollenbeck und seiner Energija-Reihe oder Martin Weberschock mit Device & Co wäre aber jedenfalls vor Projektstart empfehlenswert.

Liebe Grüße,
Mario

PS: Hinterfragt NIEMALS NIE den Sinn eines Hobbys 🧐
 
Zuletzt bearbeitet:

v.p.

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Hallo Mario,
Wie kommst du mit den 1-Schneidern klar?
Ich war bei plexi ziemlich enttäuscht von den 1-schneidern und bin mitlerweile bei 3-schneidern mit minimalmengenschmierung angekommen. Mit deutlich höheren Vorschüben als vorher.

Is nen Extrem interessanter Beitrag von dir :-)
Danke, dass du das alles teilst ;-)

Beste Grüße
Max v.P.
 

vanquish

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Servus,
Hm, ich kann zu den Einschneidern nichts negatives sagen. Komm damit sehr gut zurecht und hätte aktuell keinen Grund, was anderes zu probieren. Fräsparameter im Großen und Ganzen aus dem Garant-Handbuch übernommen. Sie räumen schön aus und das Schnittbild find ich top... Zum aufgerufenem Preis der Pro-Acryl Fräser erwarte ich das aber auch...
MMS muss ich leider erst nachrüsten.
 

v.p.

User
Okay.
Evtl sollte ich dann einfach mal bei den höher wertigeren fräsern gucken.
Mit dem Sorotec Plexi-Fräser bin ich nicht mal annähernt an das schnittbild, die spanqualität und die Geschwindigkeiten von den "günstigen" Alufräsern gekommen.
Aber danke für deine Infos ;-)

Beste Grüße
Max v.P.
 
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