Carbonschlauch oder Plätzlitechnik

Yeti

User
Bertram Radelow schrieb:
hi Christian,
ist bei Rumpfbrüchen Ausrichtung 0° (=Längsrichtung) für "mehr Härte" oder 45° für "mehr Torsionssteifigkeit" und mehr Längselastizität richtig?
Oder immer wie die Vorgabe, also 0°? Und wieso haben Rümpfe keine 45°-Lagen - bei einer besseren D-Box gehört das doch zum guten Ton?
Davon abgesehen kann man die kleinen Blätzli relativ gut so ausrichten, wie man möchte.
Bertram

Warum man bei manchen Rümpfen die +/-45° Lagen vergessen hat, musst du den Konstrukteur fragen ;)

Im Übrigen würde ich empfehlen, bei einer Reparatur die Fasern so auszurichten, wie es vorher auch war. Wählt man bei der Reparatur eine "richtigere" Faserausrichtung, dann wird es das nächste Mal neben der Reparaturstelle brechen, wählt man eine "falschere" Faserausrichtung, dann wird es das nächste Mal in der Reparaturstelle brechen. In beiden Fällen vermutlich bei geringerer Belastung...

Gruß Yeti

edit: @Steffen :D :D :D
 

Space

User
Einige Aussagen in diesen Fred erscheinen mir sehr zweifelhaft.

3 Lagen 80g = fester als 2 Lage 160g :confused:
Ich vermute stark, das der Harz/Fasernateil bei 3x80 zugunsten des Harzes ausschlägt. Nach dem aushärten wird der höhere Harzanteil als steifer empfunden. Fester ist das aber sicherlich nicht.

Auch halte ich den Tip die Plätzlis möglichst klein zu machen für Unfug. Die Fasern in ihrer vollen Länge tragen die Last. Je häufiger die Fasern unterbrochen, desto mehr unnötige Kraftübergänge müssen durch das Harz laufen welches es deutlich schlechter macht als das Glas.
Ich halte es bei Reperaturen so, daß die Gewebeflicken möglichst die Reperaturstelle um Centimeter überdecken. Die Reperaturstelle wird (manchmal auch mit der Schleifrolle des Dremels) releativ großflächig von mir an/ab-geschliffen und die Schäftfläche zum Übergang des Orginalgewebes groß gestaltet.
Spachteln, schleifen Lackieren muss ich doch sowieso. Da machen die paar cm^2 keinen Unterschied.

Thomas
 
hi,
noch ein Tipp am Rande: Die Reparatur mit eingefärbtem Harz vereinfacht das Lackieren enorm. Wenn die Fasern nicht wären, könnte man das glatt polieren...
Bertram
 
@ Space
Bei Blätzlis, die die Länge der Reperaturstelle überschreiten, sind die Fasern nicht optimal zum ursprünglichen Faserveraluf ausgerichtet - sie tangieren ihn nur auf einer gekrümmten Bahn !
Das ergibt also keine restaurierte Struktur, sondern nur eine "drangepappte" Verstärkung, die Verbindung lastet fast ausschliesslich auf dem Harz .

Viele Lagen dünnes Gewebe sind immer stabiler als wenige Lagen dickes Gewebe :
1. Sinkt immer eine Lage mit ihrer Struktur in die (gleiche) Struktur der anderen ein und verdrängt dort das Harz - somit kann bei gleicher Laminiertechnik ein deutlich höherer Faseranteil realisiert werden .
2. Werden die Fasern bei dickem Gewebe zu einem heftigen "Sinuskurs" gezwungen, da der Faserstrang in eine Richtung ja im "Slalom" um den dickeren Faserstrang in die andere Richtung gewebt ist .
Je geradliniger der Faserverlauf ist, desto höher ist die Steifigkeit, je gekrümmter, desto höher die Elastizität .
Die Fasern sind da ja durch die vielen Kurven auch um einiges länger und können somit bei gleichem spezifischen E-Modul mehr Arbeit aufnehmen .
In dem Fall hst du natürlich Recht wenn du sagst steifer, aber nicht fester, das kommt aber nicht vom hohen Harzanteil, denn der ist nicht steif, das sind die Fasern !

Falls du irgendwelche Zweifel an meiner Ahnungslosigkeit hast, überleg mal , warum GFK-Platten immer aus vielen dünnen Lagen, und nie aus einer Dicken bestehen, was ja wesentlich billiger wäre .......
 

Steffen

User
Im Prinzip kann ich Dir zustimmen, aber 2 Lagen 160er (=320g/qm) sind sicherlich fester und steifer als 3 Lagen 80er (=240g/qm).

Ausser der Verarbeiter ist total ungeschickt oder das 160er ist Leinen aus 50k Rovings während das 80er lecker 1/6 Atlas aus 1K-Fäden ist.

Aber wenn wir von den üblichen Verdächtigen sprechen, ist 3*80 sicher weniger als 2*160.

Theoretisch wie praktisch :D

Ciao, Steffen
 
@Steffen
Von 3 Lagen 80er vs. 2Lagen 160er hab ich nix gesagt , wollte nur darstellen, das man bei konstanter Laminatdicke und Webart mit dünneren Einzellagen mehr Festigkeit erreichen kann (wenn mans kann) :D

Zum Thema wickeln :
Teflonband eignet sich da auch sehr gut .
Ich kenn auch Leute, die auf Schrumpfschlauch schwören .....
 

Steffen

User
Hi,

Aber Space hat das geschrieben und Du darauf kommentiert.

Wobei ich dem:
Die Fasern sind da ja durch die vielen Kurven auch um einiges länger und können somit bei gleichem spezifischen E-Modul mehr Arbeit aufnehmen .
Übrigens gar nicht zustimmen kann.

Ciao, Steffen
 

Steffen

User
Arbeit ist Kraft mal Weg.

Viel Ondulation (Welligkeit) macht zwar viel Weg, aber keine Kraft mehr. Somit wäre also bestenfalls gleichviel Arbeit aufzunehmen aber sicher nicht mehr.

Dazu kommt die Tatsache, dass viel Ondulation gleichzeitig eine nicht-fasergerechte Belastung beinhaltet. Diese führt zu einem schnelleren Festigkeits- und Steifigkeitsabbau als die zusätzliche 'Zieharmonika' an Wegsteigerung bietet (das Harz trägt, nicht die Faser).

Somit ist mehr Welligkeit sicherlich zu keiner erhöhten Arbeitsaufnahme fähig.

Ciao, Steffen
 
So gesehen muss ich dir natürlich Recht geben ..
Aber letztendlich führt das doch dazu, daß viele dünne Lagen steifer, wenig dicke elastischer sind - sofern wir die Streckgrenze nicht ankratzen - oder ?
 

Steffen

User
Hi,

So pauschal gesagt: nein

im einzelnen Falle: ja, schon möglich.

Bei den üblichen Kandidaten (2/2-Köper in ca 1-4k Fäden), dürfte der Steifigkeits und Festigkeitsunterschied marginal sein und schwierig sein unter der Streuung nachzuweisen. Sicherlich ist der Verlust aus Blätzli-Kurzfaser-Kram größer als der Vorteil aus geringerer Ondulation feinerer Gewebe.

Fasern gehören immer so lang gelegt, wie handwerklich irgend möglich. Blätzli ist somit nur eine Methode für ungeschickte oder untrainierte Faserverarbeiter. Sie als beste Lösung darzustellen ist jedoch nicht richtig.

Am Rande: es gibt keine Streckgrenze in Glas- und Kohlefasern, sie sind nicht duktil. Laminate sind nur dann duktil, wenn sie nicht fasergerecht belastet werden.


Ciao, Steffen
 

Spunki

User
ungeschickte oder untrainierte Faserverarbeiter ...

ungeschickte oder untrainierte Faserverarbeiter ...

>>Blätzli ist somit nur eine Methode für ungeschickte oder untrainierte Faserverarbeiter<<

Gibts hier eigentlich wen der schon mal mit der "original-Blätzli" erfolgreiche und im weiteren Flugbetrieb auch haltbare Reparaturen ausgeführt hat?


Danke und Grüße

Spunki
 

Yeti

User
Spunki schrieb:
Gibts hier eigentlich wen der schon mal mit der "original-Blätzli" erfolgreiche und im weiteren Flugbetrieb auch haltbare Reparaturen ausgeführt hat?

Ja, gibt es bestimmt. Trotzdem würde jemand, der Erfahrung im Umgang mit Faserverbundwerkstoffen hat, sicherlich nicht aud die Idee kommen, die Fasern bei einer Reparatur möglichst klein zu zerstückeln, sondern das Gewebe so auf die Reparaturstelle legen, dass die Faserausrichtung beachtet wird, die Fasern möglichst lang sind und eine ausreichende Überlappung auf das intakte Laminat haben. Sowas nennt man Schäftung und macht auch nicht mehr Arbeit als die Blätzli-Technik. Im Gegenteil: Man spart sich das Zerhäckseln der Fasern.

Aber für dich sind ja sogar Kugeln wie Fasern, da ist wohl argumentativ nichts mehr zu holen.
 

Spunki

User
Glaub Dir aufs Wort Christian ...

Glaub Dir aufs Wort Christian ...

... trotzdem hätte ich auch gerne mal die Meinungen und Erfahrungen "ungeschickter oder untrainierter Faserverarbeiter" gehört!

Beste Grüße Spunki
 

Yeti

User
Du solltest in Steffens Aussage nicht versuchen, hineinzuinterpretieren, dass jeder, der die Blätzli-Technik anwendet "ungeschickt" oder "unerfahren" ist. Aber für diese Leute ist meiner Meinung nach das Verfahren gedacht: Wenn man sich keine Gedanken über eine richtige Faserorientierung macht (oder machen will), dann ist es vermutlich besser, viele kleine Schnipsel auf die Reparaturstelle zu legen, von denen dann auch ein paar die richtige Faserorientierung aufweisen, als alle Fasern falsch zu legen.

Ausgangspunkt dieser Diskussion war die Frage, ob eine mit Blätzlis geflickte Reparaturstelle eine höhere Festigkeit aufweist, als eine geschäftete Reparaturstelle. Wenn man mit ungerichteten Kurzfasern höhere Festigkeiten erzielen würde als mit gerichteten Langfasern (mit angepasster Faserorientierung), dann würde man hochbelastete Leichtbaustrukturen überall aus Fasermatten bauen. Das wäre nämlich viel billiger.
 
ich denke man kann "blätzli" technik so anwenden, daß man eigentlich schäftet.

also großräumig zuschleifen, fasergröße, art und orientierung am reparaturteil orientieren, usw. dann ist blätzli und schäften kein gegensatz mehr. alle diesbezüglichen fragen beantworten sich unter diesem blickwinkel von selber.

meine an typischen stellen bebrochenen teile sind an *den stellen jedenfalls nicht mehr gebrochen.

grüße
hannes
 

Giotto

User
Liebe Theoretiker.
Die Blätzli- (oder Plätzli) Technik ist nicht erfunden worden um die Faserverbund-Theorie auf den Kopf zu stellen. Selbstverständlich wäre es besser, wenn die Fasern optimal orientiert durchlaufen würden. Dann bitte macht Eure Flieger nicht kaputt, dann habt Ihr die optimale Faserorientierung; oder etwa doch nicht? Wie ist die optimale Faserorientierung an einem Rumpf? Ist die auf dem ganzen Rumpf gleich?
Also hört doch auf zu theoretisieren und probiert es einfach mal.
Der Vorteil ist nämlich lediglich der, dass man mit Plätzli sehr schnell und einfach reparieren kann und vorallem, dass man den ausgeschliffenen Keil sehr einfach wiederum auf Originaldicke auffüllen kann. Mehr nicht. Probiert es doch einfach mal statt zu motzen, es funktioniert nämlich einwandfrei und ich habe in meiner jahrzentelangen Modellflugzeit noch nie einen Bruch der mit Plätzli reparierten Stelle gesehen! Also was soll das gejammer?
Ich habe übrigens die Plätzli-Technik nicht erfunden. Diese Reparaturtechnik habe ich vor etwa 35 Jahren auf dem Hahnenmoos kennen gelernt als man dort noch fliegen konnte.
 
Hi,

ich wollte hier keine Grundsatzdiskussion losbrechen.

Ich wollte nur eine einfach Aussage über die Verarbeitung von Kohleschläuchen oder Blätzli in diesem Forum anregen.

Mein Rumpf ist mittlerweilen repariert und hat bei Windstärke 5-6 Bft. die ersten Belastungtests erfolgreich abgeschlossen.

Ich bedanke mich für die vielen Beiträge.

Gruß
Herwig
 

Steffen

User
Mein lieber Giotto.

Wenn der Rumpf nicht wieder an der gleichen Stelle bricht, ist das für mich nur der Beweis, dass er dort fester ist als vorher. Bei kürzeren Fasern kann das aber nur sein, wenn er auch schwerer ist.

Das ist vor allem in der Praxis so.

Warum probierst Du eigentlich nicht mal eine ordentliche Reparatur aus, die das gleiche wiegt und das gleiche hält? Wir Theoretiker machen das nämlich einfach so in unserer Praxis.

Aber es ist schon faszinierend wie sofort die physikalischen Realitäöten in die Theoretikerwelt verschoben werden. Schönes Totschlagargument :D

Mal eine Randfrage: woher weisst Du eigentlich, was Christian, Arne, Thomas und ich schon so gemacht haben?

@Herwig:
Ich wollte nur eine einfach Aussage über die Verarbeitung von Kohleschläuchen oder Blätzli in diesem Forum anregen.
Du siehst dass das nicht so einfach ist, weil immer wieder jemand auftaucht, der die schlechtere Methode wegen seiner Praxiserfahrungen als bewiesenermassen besser einstuft.
Besser/schlechter geht aber nur im Vergleich und der fehlt in diesem Falle.
 

Yeti

User
Giotto schrieb:
Liebe Theoretiker...

...Probiert es doch einfach mal statt zu motzen, es funktioniert nämlich einwandfrei und ich habe in meiner jahrzentelangen Modellflugzeit noch nie einen Bruch der mit Plätzli reparierten Stelle gesehen!

Niemand hat behauptet, dass es nicht funktioniert.

/*leicht offtopic*/
Man ist ja auch jahrelang nach Indien gesegelt, indem man Afrika umrundet hat. Dann kam Kolumbus der alte Theoretiker und musste es besser wissen. Man weiß ja, was er davon hatte: Indien hat er nicht gefunden.
/*leicht offtopic*/
 
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