KAKADU - Crossover-Kunstflieger im Eigenbau

Hallo allerseits,
in diesem Beitrag möchte ich euch meinen Kakadu vorstellen, einen Kunstflieger, der so recht in keine Schublade passen will und soll.
Zuerst ein Bildhappen:

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Es soll das ganze Projekt beschrieben werden, also Konzept, Auslegung, Bau und Fliegen. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen, der etwas ähnliches vorhat, aber noch kein Packende wie er anfangen soll.
 
Warum?

Warum?

Angefangen hat alles damit, dass einer nach dem anderen aus unserer kleinen Wildflieger-Selbsthilfegruppe mit knapp 1m grossen Schaumkunstfliegern ankam. Was die damit geflogen sind, sah nach einer Menge Spass aus: mit relativ kleinen 3S Akkus verrückte Sachen machen, und das unabhängig vom Gelände und Wetter.
Die durchweg gekauften Modelle flogen alle passabel bis gut, waren aber
a) alles Edge-Extra-MXS Nachbauten und
b) mit teils haarsräubenden Detail"lösungen" verunziert.
Ich wollte auch den Spass, aber ohne Massenware und mit (trotz Schaum) seriöser Ausführung.
Wer jetzt vorschnell die Nase rümpft, liegt knapp daneben: der Kakadu ist nicht nur fliegerisch Crossover, sondern auch was die Bauausführung betrifft.
Wie vielleicht einige wissen, bin ich Holzbauer aus Überzeugung. Aber auch ich hatte meine Schaumphase, schon allein um zu wissen, worüber ich sonst immer lästere.
Der Kakadu ist Krönung und Abschluss meiner Schaumentwürfe. Warum das so ist, kriegen wir später...
 
Was soll der neue Vogel können?

Was soll der neue Vogel können?

Am Anfang eines Projektes steht immer die Frage:
"Was will ich eigentlich?"
Nur so kann man hinterher die Eigenschaften des Modells gezielt anpassen.

In diesem Fall war die Grösse dadurch gegeben, dass der komplette Flieger zusammen mit mindestems vier anderen im Kofferraum eines normalen Kombis transportiert werden sollte. So kommt man auf etwa 900mm Spannweite.

Die Modelle der Kollegen waren durchweg mit langsamlaufenden Motoren und grossen Propellern ausgerüstet, was zwar gut für 3D Gedöns und torquen ist, aber höhere Geschwindigkeiten lassen sich mit so einer Auslegung nicht erreichen.
Nun hab ich nix gegen 3D, aber als alter Sack ist mein Metier eher der klassische Kunstflug, gerne mit etwas Speed. Da ich den Flieger aber auch meinem Sohn in die Hand geben will und dessen Flugstil eher von heute ist, sollte das zumindest auch möglich sein - Stichwort Crossover!

Und weil ich schon immer gerne mal so richtig Messerflug machen wollte, bei meinen bisherigen Modellen aber immer zu doof dazu war, sollte die Neuschöpfung diese Flugphase bitteschön auch unterstützen.

Antrieb? Zur Verfügung stand ein 28mm/45g/1900/min/V Aussenläufer, der mit 3S und einer APC 7x4 E so um die 750g Schub liefert. Damit stand das Abfluggewicht auch schon fest, viel mehr als 500g sollte das Ding nicht wiegen.

Für die geforderte Fähigkeit zu höheren Geschwindigkeiten sollte die Stirnfläche so klein wie möglich sein.

Der Betrieb auf Asphalt soll genauso gut funktionieren, wie fliegen auf nem Acker.

Akkuwechsel ohne Tricks von oben muss einfach sein, viele der gekauften Flieger haben die Akkuklappe unter dem Rumpf und müssen immer irgendwie auf dem Schoss balanciert werden, um an den Akku zu kommen.

Soweit zum Konzept. Und mit all diesen Randbedingungen ging es an die konkrete Auslegung. Einen Bauplan vom Kakadu gibt es übrigens nicht. Der ist auch unnötig, wie wir im weiteren Verlauf sehen werden. Ein Element fügt sich logisch an das andere, so dass das Modell auch ohne Plan heute praktisch genauso aussehen würde, wollte ich es nochmal bauen.
 
Bauen - Tragfläche

Bauen - Tragfläche

Im Baumarkt gab es Schaumzeugs namens "Noma Plan", eine Innendämmung mit 4mm Dicke und glatter, weisser Oberfläche.

Und weil bei einem Flugzeug das wichtigste der Flügel ist, fangen wir gleich damit an. Wie gesagt, 900mm Spannweite, davon je 50mm pro Seite für die Randbögen.

Wurzeltiefe ist 270mm, am Randbogen 180mm, so aufgeteilt, dass sich bei 1/3t eine gerade Linie ergibt, auf der der Hauptholm liegt.
Die Forderung nach wenig Stirnfläche schreit nach einem dünnen Profil, und deshalb machen wir Nägel mit Köpfen: 7% sind genug! Ausserdem möchte ich beim Kakadu meine These von der Bedeutungslosigkeit des Profils untermauern, und deshalb werden Ober- und Unterschale ohne Rippen einfach über den Holm aus 5mm Balsa gebogen.
Für eine scharfe Endleiste werden die beiden Schalen hinten auf etwa 25mm angeschrägt. Damit die Endkante trotzdem handfest bleibt, kommt zwischen die angespitzten Endstücke eine 10mm breite Leiste aus 1mm Balsa. Zu sehen auf dem nächsten Bild:

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Die Querruder haben etwa 1/3 der Gesamtfläche und werden später aus der fertigen Fläche herausgeschnitten. Damit das verzugsfrei gelingt, gibt es an der Trennstelle zwei Hilfsholme aus 3mm Balsa, sowie in Rumpfnähe jeweils zwei Balsastücke zur Verkastung.
Die Fläche wird auf der Oberschale liegend aufgebaut und ist jetzt fertig zum Aufbringen der unteren Schale:

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Auf dem Bild sind die Holme schon mit Weissleim eingestrichen, die Verklebung der Endleiste erfolgt mit UHU Por. Dabei bleibt die Nasenleiste zunächst offen! Der Trick ist, dass die Schalen so noch nicht nennenswert gebogen werden und platt auf dem Baubrett liegend schön gerade verklebt werden können. Ist die Fläche in diesem Zustand durchgetrocknet, dann ist sie schon ein geschlossener Torsionskasten und kann sich nicht mehr verziehen.
Jetzt wird die Vorderkante oben und unten mit Por eingestrichen und ablüften gelassen. Im Vertrauen auf die bei www.aerodesign.de beschriebene Methode der optischen Peilung wird die Nasenleiste dann Stück für Stück zusammengedrückt. Das funktioniert tatsächlich, ein Beweisfoto gibt es später im Bericht.
Vor die Schaumnase kommt noch eine Balsaleiste, und die Enden bekommen Abschlussrippen aus 3mm Balsa. Damit ist der Kasten endgültig geschlossen und wird zum Durchtrocknen "aufgebahrt":

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Randbögen

Randbögen

Die Randbögen bestehen aus einem 1mm Balsakern und oben und unten je zwei Lagen Schaumzeugs.
Sieht vor dem Verschleifen so aus:

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...und nachher so:

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Der Rumpf

Der Rumpf

So, damit ist die Fläche bis auf das Ausschneiden der Querruder fertig.
Weiter gehts mit dem Rumpf. Dessen Länge ergibt sich daraus, dass aktuelle Kunstflugmodelle weitgehend quadratisch ausgelegt sind, also Spannweite = Länge. Dabei kommen auch ganz brauchbare Proportionen heraus, und deshalb gibt es hier beim Kakadu keine Experimente.

Den Irrtum mit 0° EWD hatte ich bei der Auslegung des Kakadu schon lange hinter mir, und so bekommt der Neue 0,3° EWD. HLW null, Fläche +0,3° und der Motor mit 0° in der Flächenebene sollte ein hinreichend neutrales Modell ohne unnötige Kippeligkeit um die Querachse ergeben.

Die lichte Innenbreite des Rumpfes ist mit gut 40mm passend für 3S1300mAh Akkus. Vorne dran kommt ein 40mm Aluspinner, der sich prima in die schmale Silhouette einstraken lässt.

Dann war da noch die Sache mit dem Messerflug: ordentlich Seitenfläche ist da sicherlich hilfreich.

Und wo sitzt die Fläche im Rumpf? Kurz nachgedacht: der SP liegt in der Nähe des Hauptholms bei ca. 1/3t. Im Messerflug (da isser wieder) mutiert der Vogel zum Nurflügel, wobei das nach oben ausgeschlagene Seitenruder den S-Schlag gibt. So ein Nuri hat den SP grob bei 1/4 t, so dass ein Viertel der Rumpflänge vor und der Rest hinter dem SP sein sollte.

Schliesslich müssen die Kräfte aus Motor, Fahrwerk und Aerodynamik irgendwie in die Struktur eingeleitet werden, und damit ist Schaum alleine überfordert.

Alle diese Überlegungen führten dann (ganz ohne Bauplan) zu diesen Rumpfseitenteilen:

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Was da so hölzern aussieht, ist 1mm Balsa, schön flächig mit dem Schaumzeug verklebt. Man erkennt die komplett gerade Linie an der Oberseite, in die Fläche und HLW versenkt sind. Die Kontur der Flächenunterseite habe ich mit einem weichen Eisendraht von der Fläche abgenommen und so auf sie Rumpfseite übertragen.
Es wird drei Spanten geben: Motorspant und je einen vor und hinter der Fläche. An diesen Stellen ist die Balsadopplung bis zur Unterkante durchgezogen.
Die vorne hochgezogene Rumpfkontur hilft bei Landungen ohne Fahrwerk. Oben auf die Schnurgerade Rumpflinie kommt später ein Turtledeck, das nach hinten in einen runden Rumpfrücken übergeht.

Der Hauptspant (also der vor der Fläche) trägt später das Fahrwerk. Dieses liegt noch als "Erbstück" irgend eines längst vergessenen RTF Fliegers rum und wird von unten in einen passenden Schlitz eingesteckt. Deshalb entsteht der Hauptspant aus diesen drei Teilen:

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Zusammengeleimt bilden die die Tasche, in der das Fahrwerk klemmt:

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Der Motorspant muss Luft reinlassen und den Motor auf die richtige Ebene bringen, während der letzte Spant nichts weiter können muss ausser rechtwinklig zu sein:

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Die beiden Spanten vor und hinter der Fläche werden rechtwinklig auf eine Rumpfseite geklebt. Danach legt man das ganze auf die platte Oberseite und klebt die andere Hälfte dran.
und schon kann man spasseshalber mal das Fahrwerk einstecken und das Gebilde auf die eigenen Räder stellen:

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Um den Rumpf hinten gerade zusammenzukleben, genügt dank gerader Oberseite ein Strich auf dem Baubrett, an dem die Mitte der Spanten und eben das Rumpfheck ausgerichtet werden:

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Und schon kann man sich den Vogel mit aufgelegter Fläche ansehen.

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Mit dem geplanten reichlich dimensionierten Seitenruder braucht man kein lenkbares Spornrad.
Der Kakadu bekommt deshalb als leichteste aller Möglichkeiten einen Schleifsporn aus Kohlestab, der sich sinnig an der hinteren Unterkante und oben an der HLW-Auflage abstützt.

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Es fehlt noch der Motorspant. Der hat inzwischen alle nötigen Bohrungen bekommen und passt wie geplant.
Im dritten Anlauf hatte ich auch raus, wie man das Schaumzeug mit dem Heissluftgebläse verformen kann ohne sich die Finger zu verbrennen, so dass die Nase schnell vervollständigt war:

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Das wars erstmal mit dem Rumpf, und der Aufwand bis hierher ist doch überschaubar.
Weiter gehts mit den Leitwerken, und da gibt es wieder zuerst etwas zum Nachdenken. Aber wie bis hier ergibt sich bestimmt auch dabei alles wieder wie von selbst...
 
HLW

HLW

Wie groß wird das HLW?
Fernab aller wissenschaftlichen Betrachtungen funktionieren Leitwerke mit 15-25% des Tragflächeninhalts seit jeher ordentlich. Neben den aerodynamischen Erfordernissen gibt es noch ein paar andere Kriterien: Aussehen und (Lage-)Erkennbarkeit zum Beispiel.
Weil es so schön einfach ist, gehen wir mal von 25% aus, denn ohne nachzurechnen kommt man auf ein Viertel des Flächeninhalts, wenn man alle Längenmaße der Tragfläche halbiert. Dabei entsteht ein geometrisch ähnliches Teil, das in jedem Fall optisch ins Bild passt. Die notwendigen Aussparungen für den SR-Ausschlag bringen das Ganze dann eher in Richtung 20% - passt.

Auch das HLW entsteht aus 4mm Schaum und wird vollständig mit Balsa eingefasst. Für die oben geforderten zackigen Manöver wird die Fläche grosszügig zugunsten des Ruders im Verhältnis zur Flosse aufgeteilt.

Die sieht so aus:

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Das komplette Leitwerk so:

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Mit dem fertigen HLW kann man zum ersten mal die Proportionen sehen. Auf dem Bild ist auch der vorne erwähnte Aluspinner montiert.
Sieht so aus, als ob das was wird:

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SLW

SLW

Die Größe des Seitenleitwerks ist bei so viel Rumpffläche hinter dem SP sicher kein schwieriges Thema. Ordentlich Ruderfläche und gute Erkennbarkeit sind hier die wichtigeren Überlegungen.
Und vor allem: passt der Apparat aufgebaut ins Auto? 90cm können ganz schön sperrig sein, und deshalb hab ich kurz nachgemessen. Das SLW entstand dann in derselben Bauweise, wie das HLW.
Alle Teile zusammen sehen ein bisschen nach ARF-Bausatz aus;)

f24t323p2654n2.jpg
 
Bitte gerne!
Ich wundere mich ein wenig über das Ausbleiben von Stimmen, denen das hier alles zu sehr vereinfacht ist;)
H.
 
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