Willi hat mal wieder völlig recht gehabt.
Bullring hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, das war ja auch nur eine kurze Episode - entsprechend selten ist der Motor auch. Hier nochmal 2 Bilder zur zeitlichen Einordnung:
Zur Erklärung: die erste Spalte links zeigt die alten Nasenkolben/Querspüler. In der 2. sind auch Querspüler, aber meines Wissens alle ohne Nase mit PDP-Spülung. In der Mitte dann der erste "S", ein Schürle-gespülter mit rundem Zylinderkopf, etwas größer im Durchmesser - so wie der Bullring. Dann weitere "S" und "G" Motoren, im Prinzip wie der "S" davor. Ganz rechts 2 X-45, auch Schürle-gespült, aber älter als der Bullring. Im Vordergrund 2 ältere Expansionsdämpfer.
Noch 2 Sätze zum
Perry
Directional
Porting: Das war eine Alternative zur Umgehung des Schnürle-Patents. Dabei dienen 4 sehr kleine Spülkanäle auf der Auslassseite der Kolbennase dazu, die Zylinderfüllung zu erhöhen. Damit werden Querströmer auf das Leistungsniveau von Schnürle-Spülern angehoben. Die Methode wurde sehr erfolgreich bei HB 40, 61, K&B 61, ST G60, V60, C35 eingesetzt. Außerdem natürlich bei Bullring/Como-Motoren.
Jetzt noch kurz zur Geschichte der Bullring-Motoren. SuperTigre hatte bereits Schnürle-Motoren, die X-Seriie im Programm. Um sich von diesen drehzahlorientierten Rennmotoren abzugrenzen, brauchte es eine Nachfolgeserie für die G21/**er. Das wurde dann auf Anregung des amerikanischen Importeurs die Bullringserie. Differenzen zwischen ST und dem Importeur führten zur Trennung und von da an wurde aus den Bull Rings die amerikanische Marke COMO. ST entwickelte daraufhin die erste S-Serie. Diese Anekdote hat mich nur durch Hörensagen erreicht, daher gibt es keine Garantie für Echtheit. Falls jemand genaueres weiß, immer heraus damit...
Nun zu deinem Exemplar. Ich gehöre eigentlich nicht zu denen, die beim ersten Staubkörnchen gleich nach dem Sandstrahler ruft, aber hier ist wirklich eine Grundreinigung fällig.
als würde der nach etwas Zuneigung bitten
Ich finde er schreit schon...
Außer der halb aufgeweichten dicken Verharzung sehe ich noch keine echten Schäden an dem Maschinchen. Der hintere Gehäusedeckel muss auch ab. Ich gehe davon aus, dass Kolben mit Pleuel nicht herausgehen, ohne die Laufbuchse zu ziehen. Der Vergaser muss ab, damit die Gummiteile keinen Schaden nehmen. Es könnte helfen die Verkrustungen außen an der Laufbuchse im Auspuffkanal vorsichtig abzuschaben. Weiches Alu oder Hartholz benutzen. Auf dem Kolben die Auslassseite oben mit einem eingekratzten Pfeil markieren, die Rückseite des Pleuels markieren. Die Position der Buchse lässt sich später zwar herleiten, kann aber auch oben markiert werden.
Dann das Gehäuse erwärmen. 3-5 Minuten mit der höchsten Stufe des Heißluftföns dürfen es schon sein. Anschließend mit einem Holzdübel von unten hinten im Gehäuse die Buchse nach oben schieben. Kolben vorher auf OT stellen. Besser wäre es, die Buchse durch Aufklopfen des umgedrehten Gehäuses auf einen Holzklotz zu entfernen. Keinesfalls die Buchse oben mit einer Zange greifen!
Kolben-Pleuel muss nicht getrennt werden. Keinesfalls versuchen den Ring abzunehmen! In diesem Stadium ginge das nur in Stücken. Eventuell nach Sicht und Handdrehprüfung die Kurbelwelle herausdrücken.
Dann alle Teile in einem Ultraschallbad mit Tickopur reinigen. Geduld, das kann dauern. Besonders die Kugellager und die Ringnut hinter dem Ring brauchen Zeit. Notfalls Lager und Kolbenring tauschen.
Den Wiederzusammenbau behandeln wir später.
Viel Erfolg
Andreas