Symmetrisch oder nicht symmetrisch, das ist hier die Frage

Frei nach William Shakespeare (Sein oder nicht Sein) will ich mal einen Thread eröffnen, in dem es um unsere asymmetrisch gebauten Kunstflieger geht…. Oder sind die doch symmetrisch???

Erstmal Fakten auf den Tisch:

Schaut man sich auf Wettbewerben die Modelle der Kategorie F2B an, so stellt man fest, dass FAST ALLE asymmetrisch gebaut sind. Der Innenflügel (linker Flügel) ist länger. Aber es gibt (oder gab) auch Ausnahmen. Dazu gleich mehr.

Von der Umsetzung her gibt es hier im Wesentlichen zwei Ansätze:
  • Man baut zwei Flügelhälften mit unterschiedlicher Länge. Meist liegt der Unterschied bei 2-4 cm für große Kunstflugmodelle. Das geht bei Rippenflügeln besonders einfach. Auf vielen Bauplänen sieht man das entweder der Rippenabstand am Innenflügel etwas größer ist, oder das eine Rippe weniger im Außenflügel steckt.
  • Man baut zwei gleich lange Flügelhälften und baut sie versetzt in den Rumpf ein. Die Trennstelle, Mittelrippe, Stoßstelle oder wie man es auch immer nennen will ist also um ca. 1cm bis 2cm nach innen (links) versetzt. Dadurch wird der Innenflügel 2-4cm länger als der Außenflügel. So macht das z.B. Igor Burger mit seinen in Formen laminierten GFK-Sandwich Flügeln. Der Vorteil liegt hier darin, dass man die schwerere Flügelhälfte nach außen (rechts) nehmen kann. Dann spart man sich etwas Blei im Randbogen.
Selten sieht man auch Modelle, welche Symmetrisch aufgebaut sind, also Innenflügel und Außenflügel gleich lang sind. Mein „Erstlingswerk“ namens Blackadder war z.B. so gebaut. Und aus Gesprächen mit Claus Maikis habe ich später erfahren, dass auch manche seiner Modelle symmetrisch waren. Er und ich hatten dabei den gleichen Gedanken:

  • Alle Rippen für beide Flügelhälften fertigt man gemeinsam, in klassischer Methode zwischen zwei Schablonen, in einem Rippenblock. Die allergrößte Rippe ist dann die Mittelrippe. Die nächst kleinere ist dann Rippe L1 (links 1), die nächste R1 (rechts 1). Dann kommt Rippe L2 gefolgt von R2 und so weiter und so weiter. Alles wird dann mit gleichem Rippenabstand verbaut. Als Resultat erhält man zwei gleich lange Flügelhälften, wobei der linke dann etwas dicker ist und etwas mehr Profiltiefe hat.
Bei meinen nächsten Modellen (Big Kahuna 1 und 2) ging ich dann sogar noch einen Schritt weiter. Hier waren die Rippen CNC gefräst. Beide Flügelhälften waren genau symmetrisch aufgebaut und auch mittig im Rumpf verbaut. Die Modelle waren also perfekt symmetrisch. Auch das flog sehr gut!!

Unterm Strich sind aber 99% der Modelle asymmetrisch, mit dem Ziel, am Innenflügel etwas mehr Auftrieb erzeugen zu können. Der Grund liegt in der Unterschiedlichen Anströmgeschwindigkeit beider Flügelhälften. Durch den Flug auf einer Kreisbahn wird der Innenflügel etwas langsamer angeströmt als der Außenflügel. Wir reden hier von einer Größenordnung von 5% Geschwindigkeitsunterschied. Dies soll durch die Asymmetrie ausgeglichen werden.

Etwas komplexer ist die Situation bei den Flaps am Flügel:

Schaut man sich verschiedene Baupläne an, so sieht man bei den meisten, dass das innere (linke) Flap mehr Fläche hat als das äußere Flap. Bei anderen Modellen (z.B. meine Big Kahuna Modelle) sind die Flaps gleich groß, obwohl die Flügelhälften unterschiedlich lang sind. Manchmal sieht man sogar Baupläne, da ist der Innenflügel zwar größer, das innere Flap jedoch kleiner als das äußere. Irgendwie scheint alles zu funktionieren, wenn es entsprechend getrimmt wird. Für jede der Auslegungen gibt es eine passende Theorie und mindestens 20 Meinungen, warum die Theorie quatsch ist. Aber wie gesagt, in der Praxis fliegt alles, wenn es nur richtig getrimmt ist.

So, jetzt fragt man sich natürlich, warum macht man das beim Leitwerk nicht genauso?????


Viel Spaß beim Theoretisieren und Diskutieren. Benehmt euch aber bitte J

Feuer frei!!!
 

f4bscale

User
Nach den vorangegangenen Erklärungen müsste man das beim Leitwerk genau so machen wie an der Tragfläche.

Aber, schauen wir mal in die Entwicklungsgeschichte der Kunstflugmodelle. Da werdet ihr feststellen, dass es unzählige Versuche gegeben hat, die Flugeigenschaften für bessere Wettbewerbsergebnisse zu beeinflussen. In den wenigsten Fällen steckt allerdings eine vorherige theoretische Überlegung dahinter. Oft wird ins blaue experimentiert. Manschmal nach der Devise: "Ich hab das Modell des Weltmeisters verbessert. "...
Am Ende setzen sich dann die Formen und Bauarten durch, die von der Mehrheit als erfolgreich betrachtet werden. Da muss es nicht immer auch eine schlüssige Erklärung geben.
Wenn man dem Problem wirklich auf die Spur kommen will, dann müsste man schon gezielt experimentieren.
Das bedeutet ein Modell mit den unterschiedlichen Ausstattungen versehen. Dann die Flugeigenschaften vergleichen.
Unterschiedliche Piloten und Punktwerter werden diese aber auch unterschiedlich bewerten. Das scheint mir das Hauptproblem dabei zu sein.

Wolfram
 
Hallo !
Ausnahme :
Beim TEOSAWKI ist die Außenfläche größer, dazu gabs auch eine plausible Erklärung, ich find den Link nur gerade nicht.

Ich selbst hab nur Asymmetrische Modelle mit innen längerem Flügel.

Ansonsten bin ich beim Wolfram, ohne Tests wird sich da nicht so richtig was festklopfen lassen.
Mein Eindruck ist nur, das asymmetrischer Auftrieb sich bei langsamen Modellen mit geringer Flächenbelastung in den Figuren stärker bemerkbar macht als bei schnellen oder schwereren.

Was auch interessant ist, wie die Asymmetrie mit dem Randbogengewicht zusammenspielt.

VG,
Sebastian
 

Koziol

User
Slava Beljajev, der mit den wohl meisten Weltmeistertiteln im F2D hatte immer symmetrische Modelle und die flogen fantastisch: Engste Loopings ohne Ende sauber geflogen. Es kommt wohl eher auf den Schwerpunkt in Spannweitenrichtung an.
 

Hier ist das Dokument.
Soll jetzt aber nicht heissen, das alle den Außenflügel länger bauen sollen, wollte es nur mal als scheinbar auch OK fliegende Kuriosität zeigen.

Hat denn eigentlich schon mal jemand von euch gerechnet, wie hoch der asymmetrische Auftrieb durch die Kreisflugbahn ist ?
-> Frank hat ja 5% für die Geschwindigkeit genannt (weisst du für welche Leinenlänge und Spannweite der Wert gilt ?)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ach so : Ich denke, am Leitwerk wird symmetrisch gebaut da es im Luftstrom des Propellers liegt und dort dann andere Strömungsverhältnisse vorliegen. Die Anströmgeschwindigkeit über die Leitwerksspannweite müsste ziemlich symmetrisch ähnlich sein.

Da könnte man experimentieren, eine längere Außenseite zu bauen, um die verschiedenen Anströmwinkel durch den Propellerdrall auszugleichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lest euch mal den TEOSAWKI Artikel durch.
Eigentlich ist er symmetrisch, wenn man die Kurbelwelle des Motors als Mittelachse nimmt.
Und bei solchen Brettrumpf Modellen darf man nicht vergessen, ein Teil des Außenflügels wird vom Zylinder abgedeckt und verliert daher an Wirksamkeit.
 
Sebastian, die 5% sind ein grober Anhaltswert bei Kunstflugmodellen. Also so ca. 150cm Spannweite, 20m Flugradius. Da die Lage des MAC auch in die Berechnung einfließt lässt sich das schwer pauschalisieren.
 

f4bscale

User
Nun könnte man ja mal rechnen. Ich werde es warscheinlich nicht tun. Ziel der ganzen Aktion ist ja mehr Leinenzug zu bekommen. Da aber hierfür viele weitere Einflussfaktoren eine Rolle spielen ist mir das zu aufwändig. Ich habe allerdings nochmal im meinem Standardwerk für Fesselflug nachgeschlagen. Die Artikelsammlung von Claus Maikis ist mir in solchen Fällen sehr hilfreich.
Interessant, was Claus als Fazit einer längeren Erklärung zur Problematik schreibt.

Zitat:

Claus Maikis Artikelsammlung.jpg

Dem habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen.

Wolfram
 
Hallo Wolfram. Den Artikel kenne ich..
Tragfächensymmetrie hat nur peripher etwas mit Leinenzug zu tun meiner Ansicht nach. Leinenzug bekommt man auch hin, wenn der Außenflügel größer ist als der Innenflügel. Es braucht dann hält viel Blei im Randbogen um das zu viel an Auftrieb zu kompensieren. Dann hat man aber genau das, was es meiner Ansicht nach zu vermeiden gilt. Dann hat man ein aerodynamisches Problem mit Masse behoben. Das sollte man immer versuchen zu vermeiden. Umgekehrt genauso, wenn man ein Massenungleichgewicht durch aerodynamische Mittel versucht zu beheben.

Zu wenig Asymmetrie und man braucht zu viel Blei im Randbogen. So war es bei meinen BigKahuna Modellen. Zu viel Asymmetrie und man braucht zu wenig Blei.
Irgendwo dazwischen liegt die goldene Mitte.
 
Eins wundert mich schon wieder bei diesem Thema "Mehr oder weniger Auftrieb durch mehr oder weniger lange Flügelhälfte":
wie kann ein symmetrisches Profil überhaupt "Auftrieb" erzeugen? Wie funktioniert das so selbstverständlich?
Damals hat sich niemand erbarmt – vielleicht findet sich jetzt ein Kundiger, der mir endlich mal auf die Sprünge hilft...?

Bangt Albrecht
 
Hi Al,
Anstellwinkel!
Bei F2Blern liegt meistens Motorzugachse, Flügelprofilsehne und HLW-Sehne in einer Ebene, also EWD 0°. Dann musst du im Normalflug ein ganz klein wenig Höhenruder, und im Rückenflug Tiefenruder geben. Durch die extrem niedrige Flächenbelastung kannst du das nicht sehen, es reicht halt sehr wenig.
Klingt komisch, ist aber so
Andreas
 
Hallo !
Ich hab überlegt, ob man nicht mal einen Innen kürzeren Randbogen probiert. Den Auftrieb bekommt man ja halbwegs symmetrisch durch die Flächentiefe, so hätte man aber weniger induzierten Widerstand am Innenflügel. Ob mans merkt ? :D
Könnte gerade in den Wingovern und in den Ecken Vorteile bringen..
 

f4bscale

User
Nochhmal zum besseren Verständnis.

Mein Zitat von Claus ist die letzte Seite des Abschnitts in dem er sich mit dem Problem straffer Leinen beschäftig. In diesem Abschnitt betrachtet Claus auch die Problematik der Flächengeometrie. Diese Schlussbemerkung zeig mir nur das die Fragestellung eher theoretische Bedeutung hat.
Es gibt symetrische Modelle und asymetrische. Hat sich im Wettbewerbsbetrieb ein entscheidender Vorteil für die eine oder andere Art ergeben?
Es ist wohl eher ein Thema um in der flugfreie Zeit etwas zu philosophieren.
Wirklich Licht ins Dunkle bringen kann nur eine rechnerische Untersuchung.
Aber wer kann das?
Peter K. könnte es möglicherweise.

Wolfram
 
Ich denke, da ja beides funktioniert ist es eher eine Stilfrage.
Will man die Stabilisierung der Hoch- und Längsachse mitnutzen oder nicht, was aber auch nachteile mit sich bringt, wenn der Leinenzug variiert.
Ich würde persönlich auch eher zu symmetrischen Modellen Tendieren, wenn ich F2B fliegen würde. Bei meinen kleinen Modellen und den Combats bietet sich ja mangels Seitenfläche die Asymmetrische bauweise an.
 

f4bscale

User
Es hat mir keine Ruhe gelassen über die Problematik nachzudenken.
Das Ergebnis allerdings wird nicht jedem gefallen. Generationen von F2B Freunden bauen ihre Modelle asymetrisch. Ich möchte hier auch nicht als Klugscheißer gelten.
Deshalb betrachte ich jetzt mal nur die Verhältnisse bei einem symetrischen Modell.
Bekannt ist aus den vorherigen Beiträgen: 1,5m Spannweite 20m Flugradius und eine Differenz der Fluggeschwindigkeiten von 5%.
Da beide Flächenhälften die gleiche Zeit für eine Runde benötigen ist die Geschwindigkeit der Außenfläche größer. Sie muss ja in der gleichen Zeit den größeren Weg zurücklegen.

Für die Berechnung der Auftriebskraft für die jeweilige Tragflächenhälfte sind folgende Werte nötig:
Luftdichte, Auftriebsbeiwert des Profils, Flügelfläche und die Geschwindigkeit im Qudrat.

Luftdichte, Auftriebsbeiwert und Flügelfläche sind für jede Fläche gleich. Bleibt als veränderliche Größe nur noch die Geschwindigkeit. Da letztere im Quadrat in die Berechnung eingeht ist demnach die Auftribskraft außen größer.

Bei einem asymetrischen Modell ist der Auftriebsangriffspunkt der Innenfläche noch weiter zur Flugkreismitte verschoben. Das bedeutet der Radius für die Innenfläche wird kleiner und damit auch die Fluggeschwindigkeit für diesen Punkt.
Das bedeutet, die Auftriebskraft an der Innenfläche ist noch kleiner. Daran ändert die etwas größere innen Fläche nur wenig.

Wolfram
 
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