Hallo, liebe Kollegen,
ich stelle fest, dass ich lange nicht mehr in diesem Forum war. Es liefen zu viele andere Projekte. Der Marchetti lag erst mal auf Eis. Deshalb muss ich gestehen, dass ich auch mit dem 4-Blatt-Ramoser nicht weiter gekommen bin. Der liegt in seiner Kiste und wartet.
Aber die Frage nach meiner Vorgehensweise zum Digitalisieren eines Bauplans will ich gerne beantworten. Meine Schrittfolge klingt vielleicht etwas kompliziert, ist aber einfach zu realisieren.
1. Einscannen eines Bauplans. Ich versuche, an einen A3-Kopierer zu kommen, der auch auf Stick speichert. Notfalls geht auch ein A4-Kopierer oder Scanner. Die Bilder setze ich in einer Bildbearbeitung zusammen (ich verwende PaintShop Pro), wenn die Teile zu groß für eine Scan-Seite waren. Die Gesamtansicht von Flächen oder Rumpf erfordert meist mehrere Stücke, die sorgfältig ausgerichtet aneinander gesetzt werden müssen.
2. Das Bild importiere ich in CorelDraw. Dort zeichne ich die benötigten Linien einfach nach. Einige Funktionen eines echten CAD-Programms vermisse ich dabei zwar, aber es geht für meine Begriffe (und Kenntnisse) schön einfach. Ich verwende das "Hilfsmittel" "Polylinie". Damit kann man von Punkt zu Punkt gerade Linien ziehen und anschließend zu Kurven umwandeln. Damit bekommt man relativ schnell auch komplexe Kurvenzüge in den Griff. Viele Teile sind aber einfach aus Geraden zusammengesetzt. Es ist dabei hilfreich, das eingescante Bild an einer Bezugslinie genau auszurichten. Beim Rumpf z.B. ist in der Regel die Längsachse im Bauplan eingezeichnet. Wenn man die genau horizontal ausrichtet, kann man sie auf die Null-Linie des Programms setzen und damit z.B. Symmetrien an den Koordinaten der Eckpunkte gut kontrollieren (klingt wohl komplizierter als es ist).
An dieser Stelle kann man wichtige Punkt kontrollieren und justieren. Wenn z.B. zwei Bauteile mit Nasen und Aussparungen ineinander greifen sollen, kann man sie übereinander schieben und genau sehen, ob das wirklich passt. Vor allem bei älteren Bauplänen erlebt man da einige Überraschungen, die Nacharbeiten von Hand erfordern würden.
3. Materialgruppen zusammen stellen. Ich richte jetzt Bauteile, die aus einer Holzsorte gefertigt werden sollen, so ein, dass sie zusammen gefräst werden können. Balsaholz-Teile müssen z.B. so platziert werden, dass sie aus einem 10 cm breiten Brett gefräst werden können. Meine Fräse kann max. 50 cm Länge bearbeiten. Auch das muss ich berücksichtigen.
4. hpgl-Export. Ich exportiere die so eingerichteten Zeichnungen im hpgl-Format (.plt). Damit habe ich bisher die besten Erfahrungen gemacht, jedenfalls bei der Kombination von Programmen, die verwende.
5. Jetzt kommt Shareware ins Spiel. Die hpgl-Zeichnung lade ich in das Programm BoCNC, welches kostenlos im download zu bekommen ist. Dort werden die Fräsbahnen berechnet. Das heißt, dass der Durchmesser des Fräsers berücksichtigt wird, angegeben wird, ob es sich um eine Innen- oder Außenkontur handelt, es werden Ecken in Taschen markiert (der Fräser fährt dort ein wenig in die Ecke hinein, um das Einlegen z.B. einer Leiste zu ermöglichen), die Stege werden markiert, an denen das Bauteil nach dem Fräsen im Brett hängt und andere Dinge mehr. Zum Schluss wird angegeben, in welcher Reihenfolge die Spuren gefräst werden sollen. Das Programm speichert dann wieder im hpgl-Format.
6. Mein Fräsprogramm will eine GCode-Datei. Die erzeuge ich mit einem einfachen Shareware-Programm namens hpgl2gcode.exe
Dort kann man einstellen, wie hoch der Fräser abheben soll bei Leerfahrten, wie tief er eintauchen soll beim Fräsen und wie schnell er fahren soll. Den erzeugten GCode speichere ich auf einem Stick.
7. Der Rechner, der meine Fräse steuert, läuft unter Linux. Das Fräsprogramm ist LinuxCNC, liest den GCode ein und lässt die Fräse schnurren.
Mir ist natürlich klar, dass jetzt so mancher von euch die Augen verdreht nach dem Motto " das mache ich alles mit einem Programm". Da sich aber nunmal dieser Weg bei mir so entwickelt hat und einwandfrei funktioniert, werde ich kein Geld ausgeben, um einen anderen lernen zu müssen. Umständlich ist eigentlich nur das Beschreiben gewesen.
Alle Klarheiten beseitigt?
Dann viele Grüße
Gottlieb