Hartmut Siegmann
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Jan,
ich versuche das Phänomen und die Abläufe eines Spiralsturzes mit Hilfe eines Dir halbwegs bekannten Modells, dem Super-Diablotin , zu erklären.
Spiralsturz und Größe des Seitenleitwerks
Stell Dir vor, Du fliegst im Messerflug und Du schaltest den Motor aus. Was passiert mit Deinem Super-Diablotin? Er geht in einen senkrechten Sturz über. Warum fällt er nicht einfach quer horizontal - Rumpf parallel zum Horizont - dem Erdboden entgegen? Weil er ein Seitenleitwerk hat. Würden wir ihm das nehmen, würde der Rumpf einigermaßen parallel in der Luft bleiben, aber dank Seitenleitwerk geht die Rumpfspitze nach unten.
Fliegen wir nun einen Kreis mit 90° Querlage mit Deinem Super-Diablotin, mit kräftig Gas und gezogenem Höhenruder. Jetzt nehmen wir wieder das Gas heraus. In welche Richtung er fällt ist klar: nach unten. Aber welche Richtungsänderung macht er dabei? Die Schnauze dreht sich dem Erdboden entgegen, das ganze endet wieder im senkrechten Kurven-Sturz, dem Seitenleitwerk sei dank. Das wäre also bereits ein erster Spiralsturz Fall!
Jetzt stell Dir mal vor, wir konnten oder wollten uns keinen Antrieb leisten. Wir befinden uns im Kurvenflug und überziehen etwas. Der Flieger kippt dann etwas über den kurveninneren Flügel ab, der Kreisradius wird enger. Jetzt greift das Seitenleitwerk dummerweise genau so ein, wie beim Kreis mit Deinem Super-Diablotin, wenn wir das Gas rausnehmen: Die Rumpfspitze wird gen Erdboden gedreht. Die ohnehin schon durch das leichte Abkippen enge Kurve wird noch enger und die Folge ist der sogenannte "Spiralsturz", bei der sich der Kurvenradius immer mehr verkleinert und der Flieger immer steiler gen Erdboden rast!
Wenn wir nun ein ganz kleines Seitenleitwerk einbauen, dann fällt der Flieger zwar beim Überziehen in den Kreis rein (Kurvenradius wird verkürzt), aber er dreht mit der Schnauze nur ganz wenig nach unten nach, weil die Flosse, die diese Drehung erzeugt, sehr klein ist. Und da gibt es für Knickohrenflieger tatsächlich eine Seitenleitwerksgröße, bei dem der Spiralsturz kaum noch auftritt.
Zur Abgrenzung: Der Spiralsturz ist eine Flugfigur in Spiralform Richtung Erdmittelpunkt mit sehr hoher Fluggeschwindigkeit! Es ist kein Strömungsabriss (Stall)! Das sanfte Überziehen nutzen wir hier nur als Nicht-Gleichgewichtsmanöver, um eine Störung im Kurvenflug zu haben. Wenn wir ständig einen perfekten Kreis fliegen würden (Libelle in der Mitte), gäbe es auch keinen Spiralsturz, daher bitte nur als einleitendes Manöver für einen Nicht-Gleichgewichts-Kurvenflug verstehen, nicht als Teil des "Spiralsturzes".
Thermiken und Einkreisen
Bei Deiner Frage nach dem Mechanismus des Flügeldrehens sind wir an dem Punkt angelangt, den ich eigentlich gerne vermieden hätte, weil wir nun einen Wahrsager brauchen: Haben wir eine Thermik, die nur eine Blase ist oder gar ein Schlauch und wenn, wie schneiden wir die an?
Erklärungsmodelle für verschiedene Fälle
Wir haben einen Freiflieger und der fliegt ständig Linkskreise...
Wie und warum man eine Thermik bei eingestellter Kurve treffen kann, ist hoffentlich klar geworden. Der Mechanismus, warum man in einer Thermik bleibt, habe ich in meinem letzten Beitrag in Grundzügen beschrieben, der Mechanismus ist im Detail erheblich komplexer, das kann man nur in einem Video vernünftig zeigen, was da alles passiert. Hier spielen dann in der Tat leichte Abkipper (leicht, kein Vollabriss) beim Umdrehen eine ganz wichtige Rolle, aber das würde ein Normalpilot niemals als Abkipper bezeichnen, bestenfalls als Wackler. Dennoch sind gerade diese Kleinigkeiten die Tricks, die man beherrschen muss, wenn man ein perfekt selbst zentrierendes Modell einstellen möchte.
Text zu lang, aber Fragen hoffentlich geklärt?!
Siggi
[ 29. Oktober 2003, 03:25: Beitrag editiert von: Hartmut Siegmann ]
ich versuche das Phänomen und die Abläufe eines Spiralsturzes mit Hilfe eines Dir halbwegs bekannten Modells, dem Super-Diablotin , zu erklären.
Spiralsturz und Größe des Seitenleitwerks
Stell Dir vor, Du fliegst im Messerflug und Du schaltest den Motor aus. Was passiert mit Deinem Super-Diablotin? Er geht in einen senkrechten Sturz über. Warum fällt er nicht einfach quer horizontal - Rumpf parallel zum Horizont - dem Erdboden entgegen? Weil er ein Seitenleitwerk hat. Würden wir ihm das nehmen, würde der Rumpf einigermaßen parallel in der Luft bleiben, aber dank Seitenleitwerk geht die Rumpfspitze nach unten.
Fliegen wir nun einen Kreis mit 90° Querlage mit Deinem Super-Diablotin, mit kräftig Gas und gezogenem Höhenruder. Jetzt nehmen wir wieder das Gas heraus. In welche Richtung er fällt ist klar: nach unten. Aber welche Richtungsänderung macht er dabei? Die Schnauze dreht sich dem Erdboden entgegen, das ganze endet wieder im senkrechten Kurven-Sturz, dem Seitenleitwerk sei dank. Das wäre also bereits ein erster Spiralsturz Fall!
Jetzt stell Dir mal vor, wir konnten oder wollten uns keinen Antrieb leisten. Wir befinden uns im Kurvenflug und überziehen etwas. Der Flieger kippt dann etwas über den kurveninneren Flügel ab, der Kreisradius wird enger. Jetzt greift das Seitenleitwerk dummerweise genau so ein, wie beim Kreis mit Deinem Super-Diablotin, wenn wir das Gas rausnehmen: Die Rumpfspitze wird gen Erdboden gedreht. Die ohnehin schon durch das leichte Abkippen enge Kurve wird noch enger und die Folge ist der sogenannte "Spiralsturz", bei der sich der Kurvenradius immer mehr verkleinert und der Flieger immer steiler gen Erdboden rast!
Wenn wir nun ein ganz kleines Seitenleitwerk einbauen, dann fällt der Flieger zwar beim Überziehen in den Kreis rein (Kurvenradius wird verkürzt), aber er dreht mit der Schnauze nur ganz wenig nach unten nach, weil die Flosse, die diese Drehung erzeugt, sehr klein ist. Und da gibt es für Knickohrenflieger tatsächlich eine Seitenleitwerksgröße, bei dem der Spiralsturz kaum noch auftritt.
Zur Abgrenzung: Der Spiralsturz ist eine Flugfigur in Spiralform Richtung Erdmittelpunkt mit sehr hoher Fluggeschwindigkeit! Es ist kein Strömungsabriss (Stall)! Das sanfte Überziehen nutzen wir hier nur als Nicht-Gleichgewichtsmanöver, um eine Störung im Kurvenflug zu haben. Wenn wir ständig einen perfekten Kreis fliegen würden (Libelle in der Mitte), gäbe es auch keinen Spiralsturz, daher bitte nur als einleitendes Manöver für einen Nicht-Gleichgewichts-Kurvenflug verstehen, nicht als Teil des "Spiralsturzes".
Thermiken und Einkreisen
Bei Deiner Frage nach dem Mechanismus des Flügeldrehens sind wir an dem Punkt angelangt, den ich eigentlich gerne vermieden hätte, weil wir nun einen Wahrsager brauchen: Haben wir eine Thermik, die nur eine Blase ist oder gar ein Schlauch und wenn, wie schneiden wir die an?
Erklärungsmodelle für verschiedene Fälle
Wir haben einen Freiflieger und der fliegt ständig Linkskreise...
- ...diesem Flieger wird es kaum möglich sein, rechts tangential liegende Bärte anzuschneiden, es sei denn diese Thermik verfügt über einen starken Abwindring! Der drückt rechts auf den Flügel und zwingt das Modell in eine Rechtskurve, wodurch das eigentlich links kreisende Modell einen rechts liegenden Bart anfliegt. Ist das Modell erst einmal in dieser Thermik, läuft o.g. Szenario ab.
=> Steigen! - Die Thermik liegt rechts, hat aber keinen Abwindring. Unser Modell kreist links in Ruhe weiter und wird nie merken, dass rechts eigentlich eine Blase steht.
=> Nix Thermik - Eine Thermik wird frontal angeschnitten, egal ob Blase, Schlauch, Ballon oder Diddl Maus. Das Modell fliegt seine Linkskurve weiter und öffnet bzw. schließt den Kreis in bewährter Manier.
=> Steigen! - Eine Thermik ohne Abwindring (Blase) wird tangential mit dem rechten Flügel angeflogen. Das Modell ist sowieso schon in einer Linkskurve und die Thermik hebt den Flügel rechts noch einmal an. Das Modell kreist sehr eng nach links weg, wird dabei schneller und mit etwas Glück schneidet es die Blase dann frontal an. Mit Pech ist der Kreis zu eng, das Modell wird diese Blase rechts liegen lassen.
=> Glückssache - und so weiter...
Wie und warum man eine Thermik bei eingestellter Kurve treffen kann, ist hoffentlich klar geworden. Der Mechanismus, warum man in einer Thermik bleibt, habe ich in meinem letzten Beitrag in Grundzügen beschrieben, der Mechanismus ist im Detail erheblich komplexer, das kann man nur in einem Video vernünftig zeigen, was da alles passiert. Hier spielen dann in der Tat leichte Abkipper (leicht, kein Vollabriss) beim Umdrehen eine ganz wichtige Rolle, aber das würde ein Normalpilot niemals als Abkipper bezeichnen, bestenfalls als Wackler. Dennoch sind gerade diese Kleinigkeiten die Tricks, die man beherrschen muss, wenn man ein perfekt selbst zentrierendes Modell einstellen möchte.
Text zu lang, aber Fragen hoffentlich geklärt?!
Siggi
[ 29. Oktober 2003, 03:25: Beitrag editiert von: Hartmut Siegmann ]