Ich verharmlose SARS-CoV-2 nicht. Es ist (wie viele andere Krankheiten auch) für Menschen bedrohlich, kann krank machen, leider auch schwer krank und ist für manche sogar tödlich. Das ist nicht schön, aber wir scheinen verlernt zu haben oder verdrängen zu wollen, dass Krankheit und Tod seit Menschengedenken zum Lebenszyklus gehören. Ich plädiere natürlich für jede sinnvolle Maßnahme um Ausbreitung von Krankheit zu verhindern, Krankheitsverläufe abzumildern und Sterbefälle möglichst zu minimieren.
Seit Monaten diese eindringliche, propagantistisch anmutende Berichterstattung, fast tägliche Sondersendungen, immer neue "Rekord-Infektionszahlen" (die in Wirklichkeit zunächst einmal "nur" positive PCR-Testergebnisse sind), den Faktor der ungleich größeren Testanzahl im Vergleich zum Frühjahr (absichtlich?) verschweigend.....
Was mich in der Berichterstattung und öffentlichen Meinungsbildung stört, ist, dass wir täglich mit neuen "Zahlen des Schreckens" konfrontiert werden: "Neu-Infektionen auf Rekordniveau", "über 400 Corona-Tote an einem Tag", "Das ist wie wenn jeden Tag ein Flugzeug abstürzt (Zitat Söder)" usw., usw.
Jetzt kommt auch noch unser sonst eher für sein sachlich-ruhiges Auftreten bekannter Ministerpräsident Kretschmann ums Eck und "fordert einen raschen harten Lock-Down um das Schlimmste zu verhindern".
Wo waren denn all die Retter der Menschheit im Frühjahr 2018? Vor zwei Jahren hat das keinen Menschen interessiert wie viele an Grippe erkrankte in Deutschland pro Tag sterben. Jedenfalls kann ich mich an keine auch nur annähernd so intensive Berichterstattung erinnern, als eine massive Grippewelle im Frühjahr 2018 nachweislich tausenden von Menschen in Deutschland das Leben gekostet hat. Hierzu eine Statistik. Da sie vom Statistischen Bundesamt herausgegeben wird, dürften die Zahlen seriös sein. Hier kann man den Verlauf der wöchentlichen Sterbefallzahlen Deutschlands in den letzten 5 Jahren nachverfolgen:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Q...tiv/woechentliche-sterbefallzahlen-jahre.html
Die 2020er Zahlen gehen aktuell nur bis Woche 45. Es ist die hellrote "Kurve". Auf den ersten Blick würde ich im hellroten Kurvenverlauf 2020 jetzt kein "Katastrophenjahr" vermuten. Leichte Schwankungen um die Vorjahreszahlen herum. Die vermutlich Corona-bedingte Übersterblichkeit im April 2020 ist sichtbar, fällt aber deutlich geringer aus, als die grippebedingten Übersterblichkeitszahlen im Frühjahr 2017 und 2018. Im August 2020 gab es hitzebedingt, wie fast jeden Sommer, ebenfalls einen "Peak", dieser aber nachweislich ohne SARS-CoV-2-Beteiligung.
2017 lag die Sterbefallrate in den Wochen 1-8 signifikant über 2020. In diesen ersten 2 Monaten 2017 sind 23.812 Menschen mehr gestorben als im Vergleichszeitraum 2020.
Und im Grippewinter 2018 türmt sich zwischen Woche 6 - 13 ein bestürzender Berg von Übersterblichkeit über die 2020er-Linie auf. In diesen 8 Wochen 2018 gab es 28.590 Sterbefälle mehr als im Vergleichszeitraum 2020.
Im "Peak" 2018 (KW 10) sind 26.777 Sterbefälle gemeldet worden. Das waren im Durchschnitt 3.825 Sterbefälle pro Tag. In KW 10/ 2020 waren es 19.636, also 2805 pro Tag, oder 7141 Sterbefälle weniger pro Woche. Allein in dieser KW 10/2018 waren es im Durchschnitt also 903 - 1127 Sterbefälle
pro Tag mehr als im mehrjährigen Mittel. Die signifikante Übersterblichkeit hielt über mehrere Wochen an.
Gab es damals im Januar/ Februar 2017 oder im Februar/ März 2018 bestürzte Politiker und tägliche Sondersendungen? Gab es Maßnahmen? Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern.
Das heimtückische an SARS-CoV-2 ist, so wird uns immer wieder berichtet, dass es (noch) keine Impfung, (noch) keine wirksamen Medikamente und (noch) keine gesicherte Behandlungsmethode gebe. Deshalb sei dieser Virus so bedrohlich und die Lage so extrem ernst.
In den Frühjahren 2017 und 2018 sind grippebedingt viel mehr Menschen gestorben, als im mehrjährigen Mittel. Trotz Grippeimpfung, trotz verfügbarer Medikamente und trotz langjähriger Erfahrung hinsichtlich der geeigneten Behandlungsmethoden.
2020 war (zumindest in Deutschland) bezüglich Übersterblichkeit bisher kein sehr auffälliges Jahr.
Ich möchte mit diesen Zahlen die aktuelle Lage nicht verharmlosen, nur zum kritischen Nach- und Mitdenken anregen. Wollen wir künftig bei jeder Krankheitswelle das öffentliche Leben lahmlegen, Schulen, Restaurants, Sportstätten, Läden schließen? Koste es was es wolle?