Differenzierung gegen Gieren, warum geht es mal, warum mal nicht?

dp-air

User
Sorry, aber das mit den Widerständen ist faktisch falsch!
Der Klappenauschlag hat, egal in welcher Richtung, fast immer den gleichen Einfluss auf den Widerstand.
Das Moment entsteht dadurch, dass das Auftriebsmoment sich vom Winkel her ändert.
Man versucht dann mittels asymmetrischer Verteilung der Widerstände dem entgegen zu wirken.
Das hat 2 gravierende Nachteile:
1. Ich verringere dadurch die Querruder Wirkung und muss mit größeren Ausschlägen arbeiten um die gleiche Wirkung zu erhalten.
2. Ich verringere den Auftrieb des Tragflügels, da sich normalerweise die Auftribssteigerung auf der nach unten ausschlagenden Seite mit der nach oben ausschlagenden Seite aufhebt!

Lässt sich mittlerweile in mehreren einschlägigen Büchern nachlesen.
Moinsen,
so einfach ist es leider nicht.
1. Klappen-/Ruderausschläge haben bei gewölbten Profilen schon unterschiedliche Auswirkungen auf den Widerstand.
2. Der induzierte Widerstand hat einen erheblichen Einfluss auf den Gesamtwiderstand.

Mal wieder zur Erläuterung. Bei QR-Betätigung wölbe ich das im Kreis aussen liegende QR nach unten um ein Drehmoment um die Längsachse zu erzeugen. Am kreisinneren QR umgekehrt.
Leider erhöhe ich durch die Auftriebserhöhung aussen auch den induzierten Widerstand. Dies führt zu der Drehbewegung um die Hochachse "aus dem Kreis heraus und damit genau gegenläufig zum gewünschten Ergebnis, dem Gieren.

Hier das Optimum für eine saubere Steuerreaktion zum Einleiten des Kreises zu erhalten ist von vielen Faktoren abhängig, z. B,
- Flugzeuggeometrie
- Profilierung
- Klappen Länge und -tiefe
- Fluggeschwindigkeit (Gewicht)

Daher ist das Festlegen auf eine reine Lehre, wie ordentliche Seitenkompensation etwas einfach und nach meiner Erfahrung nicht ausreichend.

Probiert mal flugphasenabhängige Mischungen je Geschwindigkeit.
Ich habe -stark vereinfacht- im Langsamflug mehr Differenzierung (auch zwangsläufig bedingt durch die ohnehin verwölbten Flügel) und mehr SR-Ausgleich. Je schneller die Fluggeschwindigkeit, desto weniger Differenzierung und SR Kompensation.
 
dass in der manntragenden Segelfliegerei keine Mischer genutzt würden, kann sicher nicht bestätigt werden: da gibt es V- Leitwerksmischer und Differentialmischer, bei Wölbklappenfliegern entsprechend überlagert. Manche Flugzeuge gleichen sogar das Bremsklappenmoment mit einer zusätzlich gemischten kurzen Wölbklappe aus: alles rein mechanisch, wie in der Modellfliegerei vor der Erfindung der Computersender. Diese Mischer dienen nicht nur dem Komfort, sondern vor allem der Sicherheit; trotz des für Segelflieger wichtigen Fadens.
Kein Grund also, alles aussteuern zu wollen, was das Modell so an Eigenarten mit sich bringt.
Zu dem Diskutierten kommen aus meiner Sicht noch ein paar Einflussgrößen für die Kompensation des Gierens hinzu, z.B. Massenträgheit und Hebelverhältnisse.
Gieren kann auch ein Sekundäreffekt sein, wenn beim Einleiten einer Kurve die Nase hochgeht: dies kann etwa durch einen Seitenruderausschlag entstehen, etwa wenn dieses wie bei der ASW 15 gepfeilt ist, oder auch WEGEN starker Differenzierung durch einen Querruderausschlag, besonders bei Hochdeckern.
Von Dieter habe ich gelernt genau auf die Reaktion des Modells beim Betätigen allein des Seitenruders oder des Querruders zu achten und gegebenen Falls zusätzlich einen Seite-Tiefe- Mischer und /oder einen Quer-Tiefe- Mischer zu setzen. Erfolg zeigt so ein Mischer bei ruppigem Thermikwetter. Und auch bei zügiger Gangart können mit dem Quer-Tiefe -Mischer Fassrollen teilweise begradigt werden.
Viel Spaß beim Probieren!

Heinz
 

Steffen

User
Wieder so eine unnötige Verkomplizierung.
Nein, alles andere ist eine falsche Vereinfachung.


Oder es durch passende Differenzierung gar nicht erst entstehen lassen?
Man kann es nicht "nicht entstehen lassen"
Man kann es etwas reduzieren, aber mit dem Preis den Auftrieb gleichzeitig zu reduzieren.
Differenzierung ist nämlich nichts anderes als leichtes negatives Wölben beim Querruderausschlag.
Damit reduziert man den Auftrieb des Aussenflügels und die Auswirkung der kippenden Auftriebvektoren.

Denn das wichtigste zu erkennende Ding ist, dass es eben kein Widerstandgetriebenes Ding ist, sondern der Auftrieb das negative Moment erzeugt.
Das Rollgiermoment ist Dimensionen größer als das Querrudergiermoment.
 

steve

User
Das Rollgiermoment ist Dimensionen größer als das Querrudergiermoment.

In der praktischen Bedeutung kommt es sehr auf die Geschwindigkeit an. Je näher man an der Abrissgeschwindigkeit fliegt, desto bedeutsamer wird dieses Phänomen. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt es ab - zumindest in der Praxis.

Als Konsequenz daraus empfiehlt es sich im unteren Geschwindigkeitsbereich die Kurven mehr mit dem Seitenruder einzuleiten - im oberen Geschwindigkeitsbereich dann mehr mir Querruder.

Unten herum stört bei Differenzierung auch der von Drela beschriebene Pitching-Effekt, also das aufstellende Moment um die Querachse. Den kann man, wie von mir oben beschrieben, aber mit etwas Tiefe beim Einleiten einer Kurve bei Differenzierung ausgleichen, bzw. das kommt mit der Übung dann irgendwann wie ein Reflex.
 
Nachdem das "negative Wendemoment" bei Querrudergeben wie schon in vorhergehenden Beiträgen erläutert wurde, ganz stark vom Flugzustand - Langsamflug mit hohem CA, Schnellflug etc.. - abhängt, stelle ich wie bereits dp-air oben vorgeschlagen hat, meine Ruderdifferenzierung und/oder Seitenruderbeimischung flugphasenabhängig ein, was ja mit den heutigen Computersendern eine praktikable Lösung darstellt.

Meine Vorgehensweise dabei:
Nach Voreinstellung mit Erfahrungswerten, teste ich die Einstellungen im Flug so, dass ich das Modell direkt von mir wegfliegen lasse (so dass ich in das Heck schaue) und abwechselnd Quer links und rechts steuere - dabei beobachte ich die entstehende Bewegung des Modells um die Hochachse - bei passender Einstellung bleibt die Flugzeugachse ruhig ohne nach links oder rechst auszupendeln.
Bei Nurflügeln noch zusätzlich, ob bei Querruder nicht auch eine Höhenruderwirkung (Moment um die Querachse) auftritt.
(--> bei Nurflügeln, vor allem solche mit nur einer kombinierten Quer/Höhenruderklappe je Flügel sollte man vorrangig nur die auftretende Höhenruderwirkung durch entsprechende Differenzierung weg kompensieren, dem Giermoment kann man mit zum Querruder zugemischtem Seitenruder entgegenwirken - bei Mehrklappen-Nurflügel gibt es noch andere Möglichkeiten, ist aber ein eigenen Thema!

Das Spiel wiederhole ich in allen Flugphasen.

In der Einstellung Speed bzw. Kunstflug überprüfe ich die Einstellung bei Rollen im hohen Geschwindigkeitsbereich und auch bei vertikalem Flug.

Bei mir meistens eine Kombination von Querruderdifferenzierung und Seitenruderzumischung - grundsätzlich je mehr Auftrieb/Thermikstellung je mehr Differenzierung und auch Seitenruderbeimischung - bei Speed kein Seitenruder udn Optimierung auf "schönes" Rollverhalten mit geringster Differenzierung.

Die Seitenruderzumischung schalte ich per 3-Wegeschalter dazu, um mich im Flug an die vorwiegende Flugzeugtrimmung anzupassen (wenn gut trägt, und flotter geflogen wird, dann weniger Zumischung - das ist zumindest die Idee dahinter.
 

Steffen

User
In der praktischen Bedeutung kommt es sehr auf die Geschwindigkeit an. Je näher man an der Abrissgeschwindigkeit fliegt, desto bedeutsamer wird dieses Phänomen. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt es ab - zumindest in der Praxis.
Das ist nicht so, wie man sehr gut im Segelflugzeug am Faden sehen kann.

In jeder Geschwindigkeit werden Seitenruder und Querruder gleichsinnig und gleich stark gegeben um den Faden gerade zu halten.
je nach Flugzeug ist das SR zu QR Verhältnis zwar unterschiedlich aber für dieses Flugzeug immer gleich solange ich nicht im extremen Langsamflug durch den QR-Ausschlag in den lokalen Stall laufe.
 

dp-air

User
Das ist nicht so, wie man sehr gut im Segelflugzeug am Faden sehen kann.

In jeder Geschwindigkeit werden Seitenruder und Querruder gleichsinnig und gleich stark gegeben um den Faden gerade zu halten.
je nach Flugzeug ist das SR zu QR Verhältnis zwar unterschiedlich aber für dieses Flugzeug immer gleich solange ich nicht im extremen Langsamflug durch den QR-Ausschlag in den lokalen Stall laufe.
Im Modellflug wird aber anders geflogen als bei den Manntragenden. Ein Wendeversuch mit z. B. 35 G kommt bei den Manntragenden höchstens 1 x vor. Wenn der Flieger es mechanisch hergeben sollte, ist mindestens der Pilot das begrenzende Moment.
Das typisch "Einleiten - Rum" gibt es so nicht. Hier ist das saubere Rollen um die Längsachse - ohne Seitenrudereffekte/Gieren angestrebt. Der Flieger sollte wie an der Schnur rollen. Eine Drehbewegung um die Hochachse wäre störend, weil bremsend.
 

piei

User
Ok, ich weiss, dass ich jetzt ein riesen Fass öffne, aber ich sags mal so:
Differenzierung ist eigentlich der falsche Weg das negative Rollwendemoment zu bekämpfen.
Ich verwende z.B. dafür einen Mischer Quer—> Seite.
Natürlich gibt es Situationen, bei denen eine Differenzierung erforderlich ist, aber zum reinen Kreisen in der Thermik eigentlich nicht.

Daher würde ich empfehlen:
Differenzierung raus und dann einen Mischer Quer nach Seite definieren.
Sorry, aber jeder Flieger (Manntragend)hat eine Differenzierung Segler sowie Motorflieger, ausser Akro Maschinen. Vermutlich nicht wegen lustig.
Und dass es fürs Thermikkreisen keine Differenzierung braucht ist ziemlich laienhaft, da erst recht. Um so grösser der Segler umso wichtiger, das ist halt aufwendig, die richtige Einstellung zu erfliegen, aber das lohnt sich, da ist richtig Leistung drin.

Gruss Peter
 
Sorry, aber jeder Flieger (Manntragend)hat eine Differenzierung Segler sowie Motorflieger, ausser Akro Maschinen. Vermutlich nicht wegen lustig.
Und dass es fürs Thermikkreisen keine Differenzierung braucht ist ziemlich laienhaft, da erst recht. Um so grösser der Segler umso wichtiger, das ist halt aufwendig, die richtige Einstellung zu erfliegen, aber das lohnt sich, da ist richtig Leistung drin.

Gruss Peter
Hi Peter,

den weiter vorne verlinkten Text von Prof. Mark Drela hast du gesehen?
Und so ganz nebenbei, bevor jetzt einer kommt und meint dass das nur von nem Theoretiker kommt, der gute Mann hat ein paar richtig geile und wegweisende Segelflugmodelle konstruiert, gebaut und geflogen ...

Viele Grüße
Peter
 

Robinhood

Vereinsmitglied
Ich fliege seit 20 Jahren Segelflugzeuge mit langsam, aber stetig wachsenden Spannweiten und dachte, eigentlich schon einiges zum Thema zu wissen. Mein 5m-Segler hat mich aber an die Grenzen dessen gebracht, was ich in Theorie und Praxis über die Querruderdifferenzierung weiß. Tatsächlich recht wenig, wie ich im Laufe der bis dato durchwegs erfreulich sachlichen Beiträge erkennen mußte. Ich sehe das Ausgangsproblem aus #1 aus einem anderen Blickwinkel und bin sehr auf die Ergebnisse der Umprogrammierung gespannt.

Ich mache das nächste Fass auf: Bei einem Mehrklappensegler (ganz im Besonderen beim 6-Klappensegler): Mitnahme von den mittleren und inneren Klappen zum Querruder in welchen Flugphasen?
 
Man kann bei diesem Thema die Möglichkeiten des Modellfluges nicht mit der Grossfliegerei vergleichen.

Da sind alle Ruderansteuerungen und Mischer rein mechanisch und es gibt Sicherheitsvorgaben.

Aktuell gibt es auch bei den Großen die ersten Projekte mit Fly by wire und wenn das erst mal fertig entwickelt und abgenommen ist, wird dort sicher auch mehr mit variablen Mischern und Flugphasen gearbeitet.
 

Robinhood

Vereinsmitglied
Danke Peter für den Link. Hier lese ich
Deflected ailerons deform the load distribution away from the ideal near-elliptical shape, and hence increase induced drag.

Auf deutsch in etwa: "Ausgeschlagene Querruder verformen die Lastverteilung weg von der idealen nahezu elliptischen Form und erhöhen damit den induzierten Widerstand."

Habe ich nicht in dem anderen Drela-Artikel gelesen, daß ausgeschlagene QR keinen relevanten Widerstand erzeugen? Ich kapier' es nicht so ganz...
 
Der Widerstand ist natürlich vorhanden, aber für die Erklärung des negativen Wenderollmoments nicht wirklich maßgebend.

Wenn man die Querruder betätigt will man diesen Widerstand möglichst gering halten und in dem zweiten Artikel steht wie es geht.
 
Wenn man die gekippten Auftriebsvektoren von Drela gemäß der klassischen Betrachtungsweise zerlegt, in der man Kräfte senkrecht nach oben "Auftrieb" nennt und Kräfte waagerecht nach hinten "Widerstand", dann ergibt sich folgendes:
Durch die nach unten ausgeschlagene Klappe wird der Auftriebsvektor nach hinten verkippt. Nach Kräftezerlegung in eine senkrechte Kraft ("Auftrieb") und eine waagerechte Kraft ("Widerstand") ergibt sich eine waagerechte Kraftkomponente nach hinten, also mehr "Widerstand".
Und der durch Klappenausschlag nach oben nach vorne gekippte Auftriebsvektor ergibt weniger Widerstand, bzw. sogar Vortrieb.

Das eine nach unten ausgeschlagene Klappe mehr "Widerstand" (also größere Kraftkomponente entgegen der Flugrichtung) erzeugt, und eine nach oben ausgeschlagene Klappe weniger "Widerstand" (also geringere Kraftkomponente entgegen der Flugrichtung) ist also auch nach Drelas Erklärung nach wie vor richtig (wenn man unter "Widerstand" alle nach hinten wirkende Kräfte versteht, was ja durchaus üblich ist).

Was falsch ist, ist die alte anschauliche Erklärung, dass die nach unten ausgeschlagene Klappe durch das Ausschlagen in den Luftstrom hinein mehr Widerstand erzeugt, und die nach oben weniger, weil sie im Windschatten liegt.

Beste Grüße,

Lutz
 

Robinhood

Vereinsmitglied
Jetzt habe ich es verstanden :D! Aerodynamik und Physik für Dummies, verständlich erklärt und nachvollziehbar. Danke!
 
Hallo,
ich gebe jetzt mal zu das ich von der Aerodynamik wie ihr kein Ahnung habe, durch die vielen Stunden am Flugphasen Programmieren ist mir bei einer Alten Version von OTX (2.1.? 2016oder2017) an meinen Taranis eins aufgefallen.
Beim Wechsel in eine Flugphase werden die Klappen in die Richtige Position gebracht, auch der Arbeitsweg von unteren Ausschlag zum oberen ist OK. Wenn man jedoch die Geschwindigkeit der Servoausschläge von einer zum Anderen Flugphase verringern will (z.B. von Thermik auf auf eine Andere Flugphase in 1S) laufen die Servos von Max nicht auf die Nullstelle der Flugphase sondern auf die von Neutral und dann erst auf die Nullstelle der Flugphase. Der Effekt fällt im ersten Moment nicht auf, erst wenn man mit der Nase an der Klappe/Querruder hängt. Dadurch bekommt der Flieger kurz vor der Wagerechten einen Kick in die eine oder andere Richtung.
Der Fehler war nur in einer Version von OTX und ist direkt behoben worden.
Gruß Thomas
 
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