Ein ungewöhnlicher Nurflügel mit 2,50 m Spannweite
von Knut Zink.
von Knut Zink.
Wenn ich wieder mal einen 6 m-Segler in vier bis sechs Monaten gebaut habe, dann steht mir der Sinn nach einem etwas kleineren, schnell zu bauenden "Zwischenprojekt". Ganz egal, welche Modelle ich baue, irgendwann komme ich immer wieder auf den Nurflügel zurück. Irgendwie kommt diese Modellart dem natürlichen Fliegen, beispielsweise dem der Greifvögel, am nächsten. Eine Weihe hat nun mal kein Leitwerk, nur drehbare Schwanzfedern. Ich will hier auch auf keinen Fall den Urvater aller Nurflügler, den Zanoniasamen, unerwähnt lassen, ihn aber auch nicht weiter diskutieren.
Es gibt vor allem in der Nurflügelszene viele unterschiedliche Varianten. Mich faszinieren seit jeher die Typen, die an Vögel erinnern, also nicht die geraden rechteck- oder trapezförmigen Bretter. So zum Beispiel "Das Bunte Huhn" oder eben der "Flying Cloud". Gerade kann schließlich jeder.
Ich weiß natürlich auch, dass ein Nurflügel mit Seitenruder eigentlich ein Schwanzloser ist. Nur „reine“ Flügel ohne Winglets oder Seitenleitwerk dürften eigentlich Nurflügel heißen, siehe Horten. Das nur für die Experten.
Der Flying Cloud ist ein schwanzloses Brett mit vogelähnlicher Flügelgeometrie und er gefällt mir.
Bei meiner Recherche stieß ich dann auf die Firma Air Fly in Nörvenich, die den Flying Cloud im Programm hatte.
Baubeschreibung
Rumpf
Der Rumpf hat eine ungewöhnliche Form. Die Innereien werden nicht durch einen Deckel von oben eingebaut, sondern durch eine große seitliche Öffnung, die mit einer Platte verschlossen wird. Diese wird mit vier M3 Nylonschrauben auf einen Falz im Rumpf geschraubt und so kommt man sehr gut an die gesamte Elektrik heran. Ungewöhnlich sind auch die Spanten. Es sind nicht die üblichen Rechtecke, sondern Stege, die im Zick-Zack durch den Rumpf verlaufen.
Außerdem kann der Winkel zwischen Flügel- und Rumpfsehne verstellt werden (EWD). Dafür gibt es hinten am Flügel, wo der Torsionsdübel sitzt, verschiedene Einsätze im Rumpf. Somit kann der Motorsturz in einem großen Bereich verstellt werden, ohne dass man den Motor demontieren und Unterlegscheiben beilegen muss. Man ändert einfach den Einstellwinkel.
Ansonsten wird der Rumpf wie üblich gebaut, vorne zuerst achteckig und dann rund geschliffen.
Ich habe noch einen neuen Motorspant aus 2 mm GfK hergestellt und auf den mitgelieferten Spant aus Sperrholz geklebt. Das erschien mir stabiler als nur ein Holzspant.
Flügel
Die Flügel sind ähnlich ungewöhnlich aufgebaut wie der Rumpf. Der Holm besteht aus zwei breiten, waagerecht liegenden Sperrholzfrästeilen, die auch mit zick-zack-förmig angeordneten „Spanten“ verklebt werden. Der Rückwärtsknick kann somit sehr schön ausgeführt werden.
Dann gibt es ganze und halbe Rippen, die nur von oben auf den Sperrholzholm geklebt werden. Die Flügelunterseite ist damit gerade. Eine Beplankung ist nicht vorgesehen.
Der Randbogen wird aus drei Balsa-Frästeilen gemacht.
Für die Querruderservos gibt es Brettchen, die Ausfräsungen in Form der Servos haben. Es passen 13 mm-Servos hinein.
Kein Witz! Die Servos heißen wirklich so.
Die Holmbretter werden mit 2 mm Balsa vorne und hinten senkrecht verkastet. Das ergibt einen sehr verwindungssteifen Flügel.
Die Nasenleiste besteht aus drei Streifen 3 mm Balsa und wird in Form geschliffen. Die drei Streifen sind notwendig, da der Nasenleistenverlauf sehr stark gebogen ist.
Die Endleiste besteht aus 2 mm Balsa. Für die Form der Endleiste richtet man sich nach dem Verlauf der Rippenenden. Ich habe das untere Brett etwa 5 mm über die Rippenenden überstehen lassen, damit ich es schräg nach dem Rippenverlauf anschleifen kann.
Die Querruder bestehen aus je einem 5 mm Balsa-Frästeil in einer geschwungenen Form mit fachwerkähnlichen Verstrebungen innen. Darauf klebt man nur auf der Oberseite ein 2 mm Balsabrett und schneidet dieses der Form entsprechend aus. Zum Anschlag schleift man eine Schräge an die Querruder. Zuletzt wird das ganze Querruder zur Endleiste hin schräg geschliffen. Das ergibt sehr leichte und verwindungssteife Ruder.
Finish
Ich habe mich für weiße Folie entschieden. Ok, die 5 m-Rolle war gerade im Keller vorrätig. Querruder, Randbögen und das Seitenruder habe ich in orange bebügelt.
Der Rumpf wurde ebenfalls mit weißer und oranger Folie bebügelt. Der Rumpfboden wurde blau, warum auch immer.
Entgegen der üblichen Gepflogenheit habe ich nicht zuerst die Unterseite des Flügels, sondern die Oberseite bebügelt. Das hatte folgenden Grund: Im hinteren Drittel haben die Rippen quasi ein gewölbtes Profil, S-Schlag. Da löst sich gerne die Bügelfolie von den Rippen ab und das schöne Profil ist dahin. Man könnte nun die Rippen, die haben keine Aufleimer und sind deshalb sehr schmal, mit Balsaloc einstreichen. Schneller und sicherer geht es aber, wenn man die schon aufgebügelte Folie von oben an die Rippen drückt und von unten Sekundenkleber reinlaufen lässt. So bleibt das S-Schlag-Profil erhalten.
Noch ein paar Rohbaufotos…
…weil's einfach schön aussieht.
Erstflug
Die Querruder sind nach Plan um 12 mm hochgestellt, der Schwerpunkt ist da, wo er im Plan eingezeichnet ist, 3 cm von der Nasenleiste, direkt am Rumpf gemessen. Auf Quer und Höhe liegen noch 50% Expo, man weiß ja nie.
Kräftiger Abwurf mit Halbgas, der Flying Cloud stieg leicht, dann Vollgas und es ging steil nach oben. In etwa 100 m Höhe habe ich das Gas weggenommen und der Flying Cloud segelte recht flott nach unten. Ein Thermikfloater ist er also nicht. Das wusste ich aber schon vorher.
Da kein Hangwind vorhanden war, bin ich einfach mit mehrfach kurz eingeschaltetem Motor in der Gegend rumgeflogen.
Dann habe ich mal eine Landung probiert. Das ging flott und problemlos. In Bodennähe kann man stark ziehen und das Modell landet relativ sanft.
Auch der zweite Flug verlief ähnlich. Ich habe dann den Schwerpunkt mal etwas zurückgenommen, damit wurde der Flying Cloud schön langsam, was mehr meinem Naturell entspricht. Ein anderer Modellflieger sieht das vermutlich nicht so.
Mein Résumé
Mit dem Flying Cloud hat man einen flotten Hang-Nuri mit außergewöhnlichem Aussehen. Das wollen ja die meisten Modellflieger, kein Einheitsmodell.
Der Bausatz ist komplett, die Konstruktion gut durchdacht, die Laserteile super. Sogar Sekundenkleber ist dabei!
Auch die Kommunikation mit dem Hersteller war sehr gut, „ene kölsche Jong“ eben. Nach Aussage von Robert Richter hat jeder, der mit einem Kölner mehr als 10 Minuten telefoniert, einen neuen Freund. Es war jedenfalls ein sehr kompetentes Gespräch mit Robert Richter. Man merkte ihm schon seine D Max-„Die Modellbauer“-Aktivitäten stark an.
Die Motorisierung des Flying Cloud ist völlig ausreichend, es braucht nicht mehr Power. Damit kann der Flying Cloud auch auf einem Platz ohne Hang gut gestartet und geflogen werden.
Technische Daten: Flying Cloud von AirFly | Einheit | Maß - Bemerkung |
---|---|---|
Spannweite | mm | 2500 |
Länge | mm | 750 |
Fluggewicht | g | ~1790 |
Flügelfläche | dm² | ~48 |
Flächenbelastung | g/dm² | ~37 |
Antrieb | ||
Motor | | BL-Motor JOKER J2834-9.5 V3 |
Regler | A | 30 |
Akku | | 3S, 4000 mAh (330 g) |
Propeller | | 11 x 8“ Klapp-Propeller |
Spinner | mm | Ø 40 |
Servos | | CORONA 13 mm - zwei Stück |
Ruderausschläge | | |
Klappen-Nullstellung | mm | 12 (nach oben) |
QR - HR | mm | 50 nach oben - 35 nach unten - jeweils 50% Expo |
weitere Angaben | | |
Hersteller | | AirFly (Nörvenich) |
Preis | € | 175 |