Lehren und Vorrichtungen im Freiflug-Modellbau

Präzises Anschleifen der Gehrung am Flächenknick

von Andreas Hornung.​

Manche Arbeiten beim Bau von Freiflugmodellen lassen sich durch die Zuhilfenahme von Lehren oder Vorrichtungen enorm erleichtern und dabei oftmals gleichzeitig eine deutlich höhere Präzision und Wiederholgenauigkeit erzielen. In dieser Beitragsserie (Teil 4) werden solche nützlichen Hilfen vorgestellt. Es geht hier immer um die Arbeit mit Schülern.

Wer kennt dieses Problem? Als Schüler tut man sich schwer, die einzelnen Flügelteile mit den nötigen passgenauen Gehrungen zu versehen. Meist wird es irgendwie rund und in den Bereichen der Nasen- und Endleisten werden die Bauteile zu kurz. Beim Fügen kippeln die Klebeflächen aufeinander und man weiß nicht welches nun die richtige Position ist.
Erst im Laufe der Jahre entwickelt man die Fähigkeit, den Vorgang sauber auszuführen. Wirkliche Präzision ist jedoch ohne eine brauchbare Vorrichtung nicht zu erzielen.


1. Einfach, aber noch nicht optimal.

Aus den eigenen Erfahrungen heraus ergab sich die Zielsetzung zum Bau einer Vorrichtung mit welcher diesem anspruchsvollen Arbeitsgang der Schrecken genommen wird. Aus einem Arbeitgang, der für den Modellbaugruppenleiter in der Vergangenheit mit dem Einsatz von viel Zeit und Nerven verbunden war, soll damit ein Arbeitsgang werden, bei dem er sich zurücklehnen und den Baufortschritt seiner Schützlinge genießen kann, um nur ab und zu einen Hinweis zur Handhabung der Sandpapierfeile zu geben.

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Vorrichtung 1 mit Flügelohr und Sandpapierfeile​

Ein erster Versuch der Konstruktion einer brauchbaren Vorrichtung zu besagtem Zweck orientierte sich an dem gängigen Prinzip, das jeweilige Bauteil an das stirnseitige Ende eines Baubretts zu legen und die Gehrung mit einer schräg gestellten Sandpapierfeile anzubringen. Die Vorrichtung besitzt hierfür einen Aluwinkel, der mittels extrem großer Rändelmuttern an einem Stück Tischlerplatte montiert ist.

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Die Rändelmuttern bilden gleichzeitig die Füße der Vorrichtung. Im Aluwinkel befinden sich zur Aufnahme der Rändelschrauben zwei Langlöcher. Dies ermöglicht den Spalt zwischen dem kurzen Schenkel des Aluwinkels und der Stirnseite des Lehrentisches zu variieren, um so den Winkel einstellen zu können, in welchem die Feile positioniert werden muss. Es ist darauf zu achten, dass die Einstellungsnut stets so erfolgt, dass sie parallel ist. Auf dem Lehrentisch ist in Längsrichtung ein 3 mm hoher Anschlag zum rechtwinkligen Einlegen der Bauteile aufgenagelt.

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Vorrichtung 1 – einstellbare Führungsnut​

Diese Vorrichtung ist sehr einfach zu bauen. Jedoch erfordert es einiges an Übung, um mit ihr ein perfektes Ergebnis zu erzielen. Die lineare Bewegung der Feile in der Nut sorgt wieder für einen „Kippeldrang“ des Bauteils und damit zur Ausbildung der bekannten Radienform. Abgesehen davon, dass die gewünschte Rechtwinkligkeit nun besser zu erzielen ist, hat sich nicht wirklich viel geändert. Eine präzise Einstellung des passenden Gehrungswinkels durch variieren der Nutbreite, gestaltet sich sehr schwierig. Jedoch - wer den Bau der nachfolgenden Vorrichtung scheut, der mit deutlich größerem Aufwand verbunden ist, kann mit dieser einfachen Vorrichtung und etwas Übung gute Ergebnisse erzielen. Für Schüler stellt sie aber keine große Hilfe dar.


2. Der Aufwand hat sich gelohnt.

Die deutlich besseren Ergebnisse werden mit einer Konstruktion erzielt, welche nach einem von Wolfgang Schweidler empfohlenen Prinzip arbeitet. Die Vorrichtung besitzt einen schräg stehenden Auflagetisch (550 mm x 170 mm) für die Bauteile mit beidseitigen Anschlägen aus Aluminium und eine zweigeteilte Werkzeugauflagefläche als Schleifebene.

Zum passgenauen Anschleifen einer Gehrung werden Schleifebene und der Auflagetisch für das Bauteil im richtigen Winkel zueinander eingestellt.

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Vorrichtung 2​

Hierfür besitzt die Vorrichtung zwei Knebelschrauben, welche zum Verstellen gelöst werden müssen.

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Vorrichtung 2 - Mechanik​

Eine Scala zur Winkelvorwahl besitzt die Vorrichtung (noch) nicht. Im Laufe der Zeit kann man an geeigneter Stelle Markierungen mit einer Reißnadel anbringen, um schneller die richtige Einstellung zu finden. Beim ersten Arbeiten mit dieser Vorrichtung wurde der richtige Winkel durch fortwährendes Probieren ermittelt. Beim Bau einer ganzen Flügelserie - wie es in unserem Grundkurs Modellbau der Fall ist - geschieht dieser Vorgang nur einmal. Anschließend können alle Schüler selbstständig sämtliche Gehrungen an ihre Tragflächenteile anschleifen. Dies war das Ziel, welches mit dem Bau der Vorrichtung verfolgt wurde.
Bei kreisenden Bewegungen der Sandpapierfeile wird der stärkere Andruck beim Herabbewegen der Feile aufgebracht, damit das Bauteil nicht flattert. Das Bauteil wird dabei sehr behutsam nur Stück für Stück nach vorne geschoben. Es erfolgt bei jedem Schleifgang nur ein minimaler Materialabtrag, bis die Gehrung auf der gesamten Fläche vollkommen eben angebracht ist. Das zu bearbeitende Flügelteil liegt dabei auf dem Lehrentisch auf und mit Nasen- oder Endleiste an einem der Anschläge an. Die Vorrichtung ist gleichermaßen für Links- und Rechtshänder nutzbar.

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Im Drehpunkt von Auflagetisch und Werkzeugauflagefläche wurde eine Stahlachse mit einem Durchmesser von 12 mm eingebaut, um das zu bearbeitende Bauteil möglichst nahe an der Schleifebene abzustützen. Sie fluchtet mit der Oberfläche des Auflagetisches. An den Enden auf 6 mm abgedreht dient die Achse gleichzeitig als Scharnierbolzen.

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Vorrichtung 2 - Detailausführung​

Als mögliche Verbesserungen der Vorrichtungen sind eine Winkelvorwahl mittels Spindelverstellung und die Anbringung einer Scala zu nennen. Im Praxiseinsatz soll sich zeigen, ob diese funktionalen Verbesserungen sich als wünschenswert herausstellen.

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Für den Bau der Vorrichtungen wurde 18 mm Tischlerplatte verwendet. Die Grundlage für die wesentlichen Metallbeschläge der beiden Vorrichtungen bildeten vorhandene Aluminiumwinkelprofile mit einer Stärke von 2 mm, aus denen die benötigten Teile materialsparend
herausgeschnitten wurden.
Im Schülerbereich gehen wir davon aus, dass hauptsächlich Rechteckflügel gebaut werden. Zum Anschleifen von Trapezflügeln müssen bei beiden Vorrichtungen entsprechende Passdreiecke (z.B. aus 4 mm dickem Sperrholz) eingelegt werden.

Entgegen der Vorgehensweise anderer Modellsportfreunde verkleben wir die Mittelstücke und Ohren vor dem Bespannen miteinander. Deshalb benötigen wir keine Lehre zum Fügen der Bauteile. Einigermaßen präzise angeschliffene Gehrungswinkel und Modellbauklammern sind fast, alles was wir für diesen Arbeitsgang benötigen.

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Das Ergebnis​

Da wir in den Ohren die üblichen Schränkungen einbauen und auch bei der V-Form etwas Asymmetrie nicht unerwünscht ist, werden die richtigen Winkel einfach durch Nachmessen an der Nasenliste eingestellt. Die Nachjustage erfolgt durch verändern der Klammerpositionen. Unter Umständen ist es hilfreich, während des Abbindens Sandpapierfeilen zur Abstützung der Ohren zu nutzen und das Mittelstück etwas zu beschweren.

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Den Modellsportfreunden, die sich zum Bau einer solchen Vorrichtung entscheiden, wünsche ich viel Freude damit! Es macht viel Spaß damit zu arbeiten, und noch mehr Freude zu sehen, wie Grundschüler dadurch in die Lage versetzt werden, diesen anspruchsvollen Vorgang selbstständig auszuführen und dabei perfekte Ergebnisse zu erzielen – der Dank dafür gebührt Wolfgang Schweidler, für seine Entwicklungsarbeit.

Zur Beantwortung offen gebliebener Fragen stehe ich, wie immer, sehr gerne zur Verfügung.

Kontakt: as.hornung@t-online.de

aus: THERMIKSENSE 4/2021
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja das ist eine Luxusausführung. Ich baue mir für so was ne schiefe Ebene aus einem Brett (Winkelvorgabe) auf dem Arbeitstisch auf und gehe dann mit einer Schleiflatte über das aufgelegte Werkstück pendelnd von vorne drüber. Modellbauer sind ja auch immer irgendwie Werkzeugbauer : ) Vergessen geht da nichts, jeder macht es halt anders.
 

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