"Motorachse durch Schwerpunkt" ist eine nette Idealvorstellung, aber völlig praxisfremd. Das kann nur eher beiläufig mal passieren, wenn Motorsturz und Motoreinbaulage zufällig auf den Massenschwerpunkt des Modells zielen- Oder wenn das ganze Flugzeug um genau dieses eine Kriterium herum entworfen wird. Hand aufs Herz: Wer kennt eigentlich die exakte Höhenlage seines Schwerpunktes? Vielleicht F3A-Wettbewerbpiloten. Alle anderen Modellflieger messen nur die Lage in Flugrichtung, also bezüglich der Flächentiefe. Wenn überhaupt.
Gedankenexperiment: Motoraufsatz genau über dem Schwerpunkt montiert. Soll man da den Sturz so einstellen, dass die Motorachse durch den SP läuft? Also der Motor senkrecht nach oben zeigt (oder müsste er senkrecht nach unten zeigen?). Jedenfalls kommt man so garantiert keinen Meter vorwärts...
Bei Brett-Nuris (= Geier) stellt man den Motorsturz so ein, dass er im Reiseflug **kein** Moment erzeugt. da das Fluggerät ja eigentlich druckpunktfest ausgelegt sein sollte, also bei höherer Geschwindigkeit eben **nicht** wegsteigt. Ja, ich weiss, ist auch nur eine Idealvorstellung.
Je nach Höhenlage des Motors wird der Sturz jedenfalls variieren müssen. Motor über der Tragfläche erfordert Sturz nach oben, um das Nickmoment des Antriebs in Richtung Erdboden irgendwie auszugleichen. Motor unter der Tragfläche erfordert Sturz nach unten, da das Nickmoment nun den Flieger in Richtung Himmel dreht.
Klapptriebwerks-Seglerpiloten können ein Lied vom Motorsturz singen und starten vorsichtig mit Halbgas -- und die haben einen langen, langen Hebelarm zum Leitwerk. Beim Geier ist dieser Hebelarm nur eine Hand breit und daher sind die meisten Eigner eines Zechmann-Aufsatzes gehörig ins Schwitzen gekommen. Oder haben sehr weise gleich die Nummer mit dem Gummiseil aufgeführt. Zum Glück war der meist verwendete COX ausreichend leistungsschwach. Mein Kumpel Matthias hat das damals mit einem 08er TeeDee im Motoraufsatz experimentell durchgemacht. Ich habe dann das Wrack übernommen, restauriert und mit einem elektrischen Druckmotor knapp *hinter/unter* der Tragfläche gelöst. Auch leistungsschwach, aber momentfrei bei etwa Null Sturz zur Profilunterseite nach Augenmaß.
Ich kann nur empfehlen, den Motorsturz zu erfliegen. Ist besser, als Theorie. Also im Segelflug neutral trimmen und dann Gas geben, dann sieht man sofort, was passiert und kann nach der glücklichen Landung (im Gleitflug) mit der Sturzachse gegensteuern. Das bedeutet auch: Der Erstflug beginnt mit Gleitversuchen, um den SP erst mal grundsätzlich zu finden, dann mit vorsichtigem Kraftflug, der den Gleitflug erst mal nur verlängert. Wer das gleich mit Vollgas probieren will, braucht top-Reflexe, große Ruderausschläge und eiserne Nerven. Im schlimmsten Fall auch den Spaten. Also lieber ganz vorsichtig auf Höhe schleichen und erst dort mit mehr Schub spielen.