Was auffe Augen,- aber mit Verstand...
Was auffe Augen,- aber mit Verstand...
Na,- wenn der Thread wieder lebt, lohnt es sich ja vielleicht, hier nochmal einige Aspekte zum Thema Sonnenbrille hervorzukramen:
Ich fürchte, es wird ein wenig nach "Klogschieterei" klingen, ist aber nicht so gemeint
Also: Fliegen mit Sonnenbrille?
Nützt? Nervt?
Da ich beruflich viel mit Gläsern und Filtern zu tun habe, hier mal einige unsortierte Aspekte aus modellfliegerischer Sicht,-
manches davon klingt ganz banal, wird aber oft außer Acht gelassen...
a) Eine Sonnenbrille verdunkelt, erfordert also an normalen (nicht gerade gleissend-hellen) Tagen einen Ausgleich im
Augapfel durch Öffnen der Blende/Pupille. Das führt (genau wie bei einer Kamera) je nach Umgebungshelligkeit
zu geringerer Tiefenschärfe/Schärfentiefe, wodurch das Organ Auge etwas mehr Arbeit mit der Anpassung hat.
Der ringförmige Muskel um unsere "Gummilinse" herum kann auf die Dauer durchaus Muskelkater (Augen-Kopfschmerz) bekommen.
b) Eine "Polaroid"-Brille blendet Lichtreflexe nicht-metallischer Gegenstände aus, die aus einer bestimmten Richtung einfallen.
(Eine Polaroidbrille, die nicht abdunkelt, gibt es m.W. nicht. Segler lieben sie wegen der lästigen Sonnenreflexe auf der Wasseroberfläche).
Auch die Luftfeuchtigkeit in der Atmosphäre stört die Sicht,- gemeint sind Dunst, Nebel, Diesigkeit etc. .
Zwischen dem Modell und der Brille liegt meistens ein optischer Schleier, der im Wesentlichen aus Sonnenreflektion auf atmosphärischen
Wassertröpfchen besteht. Ungefähr die Hälfte dieser Reflexe wird durch polarisierende Gläser "geschluckt".
Der Vorteil: Wir sehen das Modell klar und kontrastreich am abgedunkelten Himmel. Kontraste sind zur Umriss-Erkennung wichtig.
Nachteil: Wir sehen ggf. aber auch deutlich mehr Wolkenstruktur, und zwar in ebenfalls sehr kontrastreicher Abstufung.
Die Augen sind dadurch stärker abgelenkt und man muss sich stärker konzentrieren, die Silhouette des Modells
vor dieser ständig wechselnden "Landschaft" im Blick zu behalten.
Dass viele Hersteller ihre Sender-Displays mit polarisierenden Guckfenstern versehen, ist lästig.
Durch Interferenz mit der inneren Struktur einer Pol-Brille entstehen schillernde, abgedunkelte "Schlieren",
in denen man Mühe hat, etwas abzulesen.
Übrigens kann man sich den Polarisationseffekt einer Brille in feinen Abstufungen wählen.
Eine übertrieben starke Pol-Filterung kann bei langen Distanzen durchaus zu Fehleinschätzungen der Entfernung beitragen,
da die unterschiedliche Vergrauung und Aufhellung ferner Strukturen ein unbewusstes Hilfsmittel des Hirns ist,
"voreinander" und "hintereinander" zu interpretieren. Normalerweise geschieht das durch das Erkennen von
vollständigen (vorne) gegen unvollständigen (dahinterliegenden) Silhouetten, jedoch muss es sich dabei um wiedererkennbare,
"gelernte" Umrisse der Dinge handeln, was bei diffus-unförmigen Wolkenstrukturen ja eher nicht der Fall ist.
Das Auge "fliegt" (sakkadiert) vorzugsweise Flächen an, die einen hohe Helligkeits-Kontrast zueinander aufweisen.
Eine dunkle Modellsilhouette vor hellgrauem Himmel, z.B.... Es geht aber auch umgekehrt:
Ein sehr starker Pol-Filter kann den blauen Himmel soweit verdunkeln, dass man froh ist, wenn der Segler noch
scalemäßig weiße Flächenunterseiten hat. Dann hat man wiederum eine gute kontrastreiche Sicht auf's Modell, und jede Wolke
sieht wild-dramatisch aus. Solche Filtergläser machen sich in der Fotografie toll, sind aber als Brille eher anstrengend.
Es gibt (besonders bei Sonnenschein) aber nicht nur Helligkeits-, sondern auch auch Farbkontraste, die man nutzen kann.
Per Belichtungsmesser gemessen, kann Orange exakt genauso hell sein wie z.B. Hellblau, und wird dennoch hervorragend
am blauen Himmel wahrgenommen. Und wenn wir uns schon über die Farbwahl des Modells Gedanken machen,
- ich hatte mich
h i e r schon mal dazu ausgetobt - , sollten wir das
im gleichen Maß auch über die Farbtönung unserer Sonnenbrille tun. Also nächste Frage:
c) Bringt es dem Modellflieger etwas, eine (wie auch immer)
gefärbte, also nicht neutralgraue Sonnenbrille zu verwenden?
Letztlich hat sich unser biologisches Farbsehvermögen Jahrtausendelang in dem Farbspektrum unseres Sonnenlichts optimiert,
weil es seit Steinzeitgedenken (und das war vor einem Wimpernschlag der Geschichte) dringend für's Überleben nötig war.
Warum sollten wir es verfälschen?
Gesteigerte UV-Strahlung stellt allerdings eine Blaubetonung im kurzwelligen Bereich des Spektrums dar, die man durch eine
relativ gering sichtbare Tönung der Brille im Rot-Bereich herausfiltern kann. (S. Skylight-Filter in der Fotografie).
Ob eine stärkere rot/orange Tönung ein spürbarer Vorteil beim Fliegen ist, mag jeder selbst entscheiden.
US-Piloten trugen eine Zeitlang grün gefärbte RayBans. Im Grünbereich kann der urzeitliche Waldbewohner, der wir ja eigentlich
noch sind, die meisten Farbnuancen unterscheiden. So 'ne Retrobrille sieht schick aus, aber beim Fliegen in blauer Luft nützt's wenig.
Ich hatte mal eine, aber ich konnte darin keinen Vorteil entdecken. Auch heutige Berufspiloten sind wieder davon abgekommen,
selbst wenn die Dinger im Modebereich immer noch gern als "Pilotenbrille" verkauft werden. Soweit ich mir Überblick verschaffen konnte,
werden von Profis heutzutage meistens "neutraldichte" sprich farbeutral grau-transparente Gläser verwendet.
d) Gleitsicht-Brillenträger, besonders die mit Astgmatismus, kennen die "Verzeichnung/Verzerrung" beim Kopfneigen
sowie ober- u. unterhalb der Bildmitte,- das ist der gleitend korrigierten Brennweite zw. Nah- u. Fernbereichs-Sehen geschuldet.
Statt der 6 Muskelbänder, die den Augapfel bewegen (- es sind die schnellsten Muskeln, die wir haben -) werden nun in stetem
"Tunnelblick" die Nackenmuskeln und damit der ganze Kopf zum Punkt unseres Interesses geschwenkt, denn der scharf abgebildende
Teil des Gesichtsfeldes ist bei der Gleitsichtbrille ein relativ enges Fenster im Vergleich zu einer flächig korigierenden "1-Stärken-Brille".
Modellflieger brauchen eigentlich nur beim Fummeln am Starttisch den Nahbereich, beim Fliegen stellen die Augen dann
entspannt auf "Unendlich". Da ich nur mäßig kurzsichtig bin, ist meine Fliege-Sonnenbrille
keine Gleitsichtbrille. Ich kann
unter ihr hindurchschielen für den Nahbereich, und sehe den Luftraum in der Ferne scharf im (fast) uneingeschränkten Gesichtsfeld.
e) Brillen trägt man im Gesicht, einem für Modeartikel sehr geeigneten Ort.
Wenn man bedenkt, was in den letzten Jahren für z.T. groteske Formen und Farbgebungen hier in rascher Folge als "letzter Schrei"
gehandelt wurden, sollte man misstrauisch werden.
An der Physik des Lichts und an unserer Biologie hat sich seit dem Beginn des Industriezeitalters herzlich wenig
geändert, und neue Erkenntnisse gibt es auch kaum, mit denen sich das Tragen regenbogenfarben-schillernd-verspiegelter
Sonnenbrillen sinnhaft erklären ließe.
Basecaps, bzw. Hutkrempen aller Art können nicht nur modisch sein, sondern machen durchaus Sinn, indem sie einen Teil
der störenden Helligkeit aus dem Gesichtsfeld fernhalten. Die Pupille öffnet / entspannt sich etwas, weil sie von einem
flächig messenden "Belichtungsmesser" im Hirn angesteuert wird, der nun weniger Lichtmenge auf der Retina meldet.
Den erleichternden Effekt kennt man von der Sonnenblende im Auto, selbst wenn die Sonne nicht im Blickfeld steht.
Schluß-Statement:
Ich benutze (außer am trüb-winterlichen Himmel oder kurz vor Sunset) immer gern meine Sonnenbrille.
Farbneutral, aus hartem Glas mit UV-Schutz, statt aus schnell zerkratztem (Unschärfe) Kunststoff.
Meine Nase hält das Mehrgewicht locker aus, und Bügel und Nasenreiter sind (inzwischen) gut eingestellt.
Wann immer es "ziemlich" oder "ganz schön" hell ist, kommt sie zum Einsatz, denn ständiges Pupillezukneifen
strengt an, und ich habe keine Lust auf "Muskelkater" im Auge oder gar Kopfschmerzen dahinter.
Jeder findet das Auto gut, das er selber fährt
und ich sag mal, nach einigem Herumprobieren komme ich persönlich
mit denen hier bisher am Besten klar,- (nein,- die zahlen mir nix...)
Rxxxxstxxx Superior
PERFALIT 1.5 POLARIZED GREY
Solitaire Protect Plus
Zu guter Letzt noch eine kleine Farb-Veranschaulichung:
Herzl. Gruß
Jan