Die ElseâŠ
Ich habÂŽs schon wieder getan. Mich um einen alten Flieger gekĂŒmmert. Warum tue ich mir das eigentlich an?
In meinen Sturm- und Drangjahren hatte ich schonmal eine, eine LS-3 von MPX. Sie war toll und ich bin sie sehr gern geflogen! Als ich damals den Baukasten kaufte, habe ich mir gesagt âDas ist der teuerste Baukasten, denn du je kaufen wirst!â. Hmm, wie sich die Zeiten doch Ă€ndern⊠Der tatsĂ€chlich teuerste âBaukastenâ war dann letztlich der fĂŒr meine Pulsar XP.
Mittlerweile ist die Selbstfliegen-Zeit auch schon wieder vorbei und es ging zurĂŒck zu den Wurzeln. In der Zeit der manntragenden Fliegerei habe ich an Modellen und BaukĂ€sten das gesammelt, was ich ehedem schonmal hatte und gern geflogen bin und auch das, was ich gern gehabt hĂ€tte, aber mir entweder nicht leisten konnte oder aber zu unfĂ€hig fĂŒrÂŽs Fliegen der Teile war.
Nach dem eCharly
https://www.rc-network.de/threads/zeigt-mal-eure-retromodelle.11880251/post-12628712 tat sich ein modellbauerisches Loch auf. Bei der Durchsicht des Fundus fiel mir eine LS-3 in die HĂ€nde, die ich in der Selbstfliegen-Zeit als gebrauchtes Modell gekauft und mit einer Restaurierung begonnen hatte. Die hatte ich abgebrochen, weil es mir damals zu viel Arbeit war. Gut, mache ich halt mal an der Else weiterâŠ.
So lag sie dann vor mir:
FlĂ€chen und Höhenleitwerk schon entblĂ€ttert und der Seitenruderholm war ausgetrennt. Die Kabel fĂŒr die Querru-derservos hatte ich bereits eingezogen. Bei der nĂ€heren Inaugenscheinnahme fiel mir dann auch wieder ein, warum ich mich damals rausgebremst hatte. Der Blick in den Rumpf offenbarte ein Pappdrama ohne Ende:
Es waren die serienmĂ€Ăigen Einbauteile verwendet worden. Auf ein Anschleifen des Rumpfs vor dem Einkleben hatte der Vorbesitzer allerdings verzichtet und stattdessen eben eine Menge Klebeharz verwendet, wahrscheinlich nach dem Motto âViel hĂ€lt ja vielleicht auchâ.
Egal, das musste sowieso alles raus, denn ich wollte den Flieger ohnehin elektrifizieren. Bei uns gibtŽs keinen verwendbaren Hang und keinen Schlepper. Und Hochstart macht bei einer PlatzlÀnge von rund 150m auch nicht so den Sinn. Also alles raus! So sahŽs aus:
Die wenigste MĂŒhe machte das EmpfĂ€ngerhaltebrettchen oben in der Bildmitte. Das war ziemlich unten im Rumpf eingeklebt und mit Werkzeug schwer zugĂ€nglich. Wie kriegÂŽ ich das denn raus? Ich habÂŽ einfach in der Mitte mal ÂŽnen Finger drunter gehakt und -zack- schon warÂŽs drauĂen! EpoxyrĂŒmpfe sollte man halt doch anschleifenâŠ
Im Rumpf waren dann noch jede Menge Kleberreste vorhanden:
Die Billigdremel wurde mein Freund! Nach einiger Zeit hatte ich das ganze unnötige Harz rausgedremelt:
Wer die Rumpfbreite der Else kennt, weiĂ auch, wie hoch der Dremelhaufen ist....
Wegen der Elektrifizierung wurde gleich noch die Nase passend fĂŒr einen 40er Spinner abgetrennt und der 240g-Bleiklotz entfernt:
Die nĂ€chste Aktion am Rumpf war das Verputzen, Verspachteln und Verschleifen der Naht, die war nicht wirklich MPX-wĂŒrdig.
Dann war schonmal ein vernĂŒnftiger Zustand fĂŒr den Wiederaufbau erreicht. Die erste Aktion war, statt der Höhenleitwerk-Umlenkhebelmimik ein Servo direkt in die Seitenflosse einzubauen. Ein 12er Servo mit zweieinhalb Kilo wurde kurz unterhalb der Leitwerksauflage eingeklebt (nach vorangegangenem Funktionstest, logisch!).
Das HLW selbst erforderte verstÀrkte Aufmerksamkeit. Beim ersten Hinsehen wies es einen Bruch in der Beplankung auf
Das nĂ€here Betrachten zeigte dann aber, dass es auch kurz neben der Rumpfauflage angebrochen war. Was tun? Neues Leitwerk bauen, das noch rohbaufertige aus dem anderen LS-3 Bausatz nehmen oder reparieren? Ich entschied mich fĂŒr Letzteres und spendierte ihm eine dĂŒnne Glasmanschette. Wenig Arbeit, wiegt so gut wie nix, hĂ€lt und wird dem Vogel gerecht.
Danach gingŽs an die FlÀchen. Die Querruderkabel waren ja schon eingezogen, soweit, so gut. Die Klappen wollte ich aber auch nicht mechanisch aus dem Rumpf betÀtigen. Die damalige EinhÀngefummelei war mir noch zu gut in Erinnerung, trotz der Jahre. Ich wollte elektrisch betÀtigte Klappen haben. Aber was tun mit den vorhandenen KlappenschÀchten? Die Innereien fehlten schon. KlappenschÀchte ausbauen? Och Manno!
Also erstmal elektrische Klappen bestellt und geguckt. Und siehe da, die waren so schmal, dass sie in die vorhandenen SchĂ€chte der alten Klappen passten, bingo! Also nur innen in VerlĂ€ngerung der Klappen etwas Platz geschaffen fĂŒr den E-Antrieb, ĂŒber den KlappenschĂ€chten etwas Abachi weg genommen und schon konnten die neuen Klappen montiert werden. Weil ich mich beim Einziehen der Kabel an den ursprĂŒnglichen BetĂ€tigungsbowden entlang gehangelt hatte, habe ich jetzt halt zwei Kabel, die rĂ€umlich getrennt voneinander aus jeder Wurzelrippe kommen und im Rumpf eingesteckt werden mĂŒssen. Damit kann ich leben.
Im Rumpf wurde ein Fahrwerksschacht eingebaut, weil ich das Rutschen auf dem Rumpfboden bei unserer Hartpiste nicht mag. Darauf kam dann ein schrĂ€g gestelltes Brettchen, an das man mit den alten Fingern noch gut dran kommt. In dieses wurden vier VerlĂ€ngerungskabel eingeklebt, in die dann die Kabel aus den FlĂ€chen eingesteckt werden und die ihrerseits zum EmpfĂ€nger fĂŒhren:
Vor dem Einbau der restlichen Technik gingÂŽs zunĂ€chst an die OberflĂ€chenbearbeitung. FlĂ€chen und HLW sollten wieder ein weiĂes Folienfinish bekommen und spĂ€ter etwa so aussehen wie das Kartonfoto. Also schleifen, entstauben, mit feuchtem Lappen abwischen und zu guter Letzt noch mit ÂŽnem Honigtuch drĂŒber.
Aber welche Folie? Ich brauchte 2m weiĂ fĂŒr oben und 2m rot fĂŒr unten. Bei solchen Restaurierungsprojekten nehme ich eigentlich gern Oracover. Vier Meter Oracover = âŹ62,80. Vier Meter Kavan(China?)-Folie = âŹ47,96, macht ein Delta von âŹ14,84 oder knapp 24% (beim gleichen HĂ€ndler). Gut, probiere ich halt mal die Kavan-Folie, ob sie tut. Und sie tat. Sie hat sich völlig problemlos verarbeiten lassen, auch auf dem im Wurzelrippenbereich nicht so einfachen Untergrund (hatte ich schon von den Kleberorgien erzĂ€hlt?).
Das Finish sollte so werden, wie es sich aus der Abbildung auf dem Baukastendeckel ergibt. Ich habÂŽ ja noch einen rohbaufertigen Kasten und damit auch einen Dekorsatz. Den zu verwenden ging aber gar nicht. Erstens hĂ€tte ich damit den Bausatz angeknabbert und zweitens waren die Aufkleber doch schon ziemlich vergilbt. Was tun? Klar, abfotografieren, inÂŽs Fotoprogramm laden und verbessern. Es geht sicherlich auch deutlich weniger umstĂ€ndlich und professionell ohnehin sicher ganz anders, aber ich kannÂŽs halt nur so. Den mit dem Tintenstrahler ausgedruckten Aufklebersatz habe ich vor der weiteren Verwendung mit Klarlack ĂŒberlackiert.
Oben der originale, vergilbte Satz (sieht realiter noch etwas gelber aus als auf dem Foto) und unten der nach-gemachte. Die Ăberbelichtungen im rechten Teil der Aufkleber sind Spiegelungen meiner Werkstattbeleuchtung. Da die Buchstaben ja nicht einzeln ausgeschnitten werden, hĂ€tte sich die gelbe Tönung der Folie auf dem weiĂen Untergrund der FlĂ€chen und des Rumpfs doch deutlich hervorgehoben.
Mit den Aufklebern und rot lackierten FlÀchenspitzen gefiel mir das schonmal ganz gut:
Der Rumpf ist mit Ausnahme des NĂ€schens auch schon lackiert und beklebt.
Es wurde dann Zeit fĂŒr den Technikeinbau. Erstmal Motor, Regler und Akku platzieren und ĂŒberschlĂ€gig nach dem Schwerpunkt gucken. Die Else war erwartungsgemÀà schwanzlastig, also alles so weit vorn einbauen, wieÂŽs Sinn macht. So siehtÂŽs jetzt innen aus:
Beim Anlenken des Seitenruders ĂŒberkamÂŽs mich nochmal, ich hĂ€tteâŠâŠâŠ.. Die vorhandene Anlenkung bestand aus einer im Rumpf hinten verklebten AuĂenbowde, in die eine Innenbowde schwimmend eingesteckt war, in der wiederum der eigentliche 0,8er Anlenkdraht verlief. Aber irgendwie war das schwergĂ€ngig und hakte. Da ich kein 40kg-Servo im Fundus hatte, musste ich mich der Sache annehmen und habe dabei festgestellt, dass die AuĂenbowde hinter der TragflĂ€chenbrĂŒcke angeschmolzen(!) und deformiert war, warum auch immer. Das konnte keine leichtgĂ€ngige Anlenkung werden.
Was tun? AuĂenbowde ersetzen, logisch, oder? Blöd war nur, dass die AuĂenbowde am Heck etwa 5cm vom Rumpfende entfernt unter dem SLW mit der Rumpfröhre verklebt ist. Rausmachen wĂ€re nicht das Thema gewesen, aber an der Position kriege ich doch nie wieder ÂŽne AuĂenbowde verklebt ohne zuvor den Seitenleitwerksholm wieder raus zu trennen und darauf hatte ich grad gar keine Lust.
Also AuĂenbowde hinter der beschĂ€digten Stelle abtrennen und mit einer neuen Bowde anschuhen. Mit stark verbogenen Fingern konnte ich die Bowde im Rumpf so weit hochdrĂŒcken, dass ich sie durch die Ăffnung des FlĂ€chenhaltegummis mit einem PuksĂ€geblatt durchsĂ€gen konnte. Zum Anschuhen habe ich dann ĂŒber die neue AuĂenbowde ein StĂŒckchen passendes Kunststoffröhrchen geklebt und hatte somit eine Bowde mit einer Art HĂŒlse am Ende
In die alte Bowde steckte ich einen geölten 2mm-Stahldraht, damit war die schön steif, konnte nicht ausweichen und ich hatte eine FĂŒhrung fĂŒr das neue Bowdenteil. Also Klebstoff auf die alte Bowde, etwas auch in die neue HĂŒlse, das Ganze dann zusammengeschoben und aushĂ€rten lassen. Die AushĂ€rtezeit habe ich genutzt, um zu beten, dass sich der Stahldraht danach wieder wĂŒrde rausziehen lassen. Ich muss brav gewesen sein, denn er lieĂ sich problemlos ziehen!
Also neue Innenbowde eingeschoben. Sie lieĂ sich tatsĂ€chlich ĂŒber den instandgesetzten Bereich schieben, hakte dort aber natĂŒrlich, denn ich hatte ja den SĂ€gebereich an der alten Bowde mangels ZugĂ€nglichkeit nicht entgraten können. Macht aber nix. Die neue Innenbowde wurde im Cockpitbereich mit der neuen AuĂenbowde verklebt und somit fixiert. In ihr gleitet jetzt wieder ein 0,8er Stahldraht, als sei nie etwas Anderes gewesen.
Die Else hat ja noch eine Flachstahlsteckung mit der Problematik, dass die FlĂ€chen bei einer unsanften Landung nach vorn schwingen und den Rumpf im Nasenleistenbereich zusammendrĂŒcken und beschĂ€digen. Da muss also ein Drucksteg eingebaut werden. SerienmĂ€Ăig ist das ein BuchenholzdĂŒbel. Mein Vorbesitzer hatte mir aber ein wunderschönes Alu-Drehteil mit zwei Gewindebolzen mit Links- und Rechtgewinde mitgeliefert,
das eingeklebt und âauf MaĂâ gespreizt wurde. Der rote Schraubensicherungslack ist eine Marotte von mir, die aus meiner manntragenden Schrauberzeit ĂŒbrig geblieben ist. Roter Sicherungslack sagt mir âHier bin ich fertig!â. AuĂerdem reicht ein Blick, um zu sehen, ob sich etwas gelockert oder bewegt hat, denn dann kriegt der Lack gut erkennbare Risse.
AusgerĂŒstet wurde die Else mit einem Torcster 3548/5-900 an einer CAM Carbon 13x6,5â und einem (vorhandenen) 3S3000. Im Stand nimmt der Antrieb ~47A auf, entsprechend einer Eingangsleistung von rund 520W. Die Abflugmasse betrĂ€gt 2.966g einschlieĂlich der 240g fĂŒr den Akku und 190g Blei. Das macht etwa 170W/kg und reicht mir fĂŒrÂŽs ElsÂŽchen.
Wenn ich die 190g Blei zu den 240g Akku addiere, komme ich auf 430g oder umgerechnet auf 3S5.800. Das wĂ€re dann sinnvolles Gewicht ohne Blei und ermöglicht an einem guten Tag langes entspanntes Fliegen. SchauÂŽn mer mal, im FrĂŒhjahr.
Heute warÂŽs dann soweit, die Else durfte Herbstluft schnuppern:
Bei leichtem SĂŒdwest, 12 °C und bereits bedecktem Himmel wurde sie auf die Reise geschickt. Und sie zog davon, als habe sie nie etwas anderes getan, schnurgerade und mit diesem Antrieb unter etwa 45° aufwĂ€rts. Oben angekommen, habe ich sie in den Horizontalflug gedrĂŒckt und dabei der Motor abgestellt.
Drei Klicks auf âTiefâ hat sie benötigt, dann zog sie unbeirrt ihre Bahnen. Den Schwerpunkt hatte ich nach der Planangabe auf 90mm gelegt und erstmal passt der fĂŒr mich. Mal schauen, ob ich noch etwas variieren werde, wenn die Else mich und ich sie besser kenne.
Die Klappen wirken gut, sie nimmt dabei die Nase etwas runter und es geht abwĂ€rts ohne nennenswertes Fahrtaufholen. Somit lieĂ sich auch die Landung völlig problemlos einteilen und durchfĂŒhren. Mit 38s Motorlaufzeit war sie insgesamt 12 Minuten geflogen und hatte dabei 1085mAh verbraucht, nicht schlecht fĂŒr einen Erstflug und die heutige Witterung.
Ich denke mal, die Else und ich werden im FrĂŒhjahr viel SpaĂ miteinander haben.
GruĂ, Peter