Warum stürzte die Boeing 737 max, zweimal ab?

BZFrank

User
Nur zwei AoA Sensoren alleine bringt eigentlich nichts, das MCAS muss bei einer Diskrepanz der AoA-Sensorwerte abgeschaltet werden.

Hast ja recht, aber Boeing will da wohl ohne Hardwareänderungen raus kommen. Der nachträgliche Einbau eines weiteren AoA Sensors wäre zu teuer.

Der neue Algorithmus ist daher, soweit mir bekannt:

MCAS nimmt den Mittelwert beider AoA Sensoren, es sei denn beide unterscheiden sich mehr als 5 Grad voneinander. In diesem Fall wird ein Alarm ausgelöst ("AoA disagree") und MCAS / Autopilot schalten sich ab (und der Pilot muss übernehmen).
 
MCAS nimmt den Mittelwert beider AoA Sensoren, es sei denn beide unterscheiden sich mehr als 5 Grad voneinander. In diesem Fall wird ein Alarm ausgelöst ("AoA disagree") und MCAS / Autopilot schalten sich ab (und der Pilot muss übernehmen).

Der Fall "AoA disagree" wird wohl öfters vorkommen. Ist die Frage, wie lange dann noch geflogen werden darf? Was wird in der
Minimum Equipment List zum "AoA disagree" stehen?
 
...hat man ja beim Ju-52 Absturz in den Schweizer Alpen gesehen, dass das auch keine Lösung sein kann. :confused:
Nur das die Tante Ju ein Flugzeugmuster von 1932 ist. Und nach 87 Jahren noch immer (flog) fliegt.

Moderne Verkehrsmaschinen sind dagegen wie Moderne Autos, Handys, Computer & Co: Kaum in Produktion, sind oft (manchmal auch gravierende) Nachbesserungen nötig und sie sind quasi schon wieder veraltet. Denn das nachfolge Modell ist schon auf dem Reißbrett; sprich, im Computer.
Ist aber auch echt komplex so‘ne Moderne Technik. Das kann dann auch schon mal überfordernd werden.

Tatsache ist daher auch: Die werden nie zu Oldtimer werden. Die Technik erlaubt das nicht.
Moderne Flugzeuge stehen sich nach einigen Jahren im Dienst in einer Wüste erst die Beine in den Bauch und werden schließlich verschrottet. Alle, durch die Bank. (Okay, ein paar werden irgendwo als Museumsausstellungsstück stehen.)

Ich wunder wann der erste A380 ausgemustert und zum „Ersatzteillager“ wird.
 
Danke. Das wusste ich nicht.

Aber es passt zu dem was ich geschrieben hatte. Und auch perfekt zur heutigen Zeit:
Schnelle mache Fix. Hauptsache die Neuproduktion hechelt von einem Rekord zum nächsten.
Tja, und dann geht was schwer schief. Wie oftmals wenn (mal wieder) nicht bis zu Ende gedacht wurde.
Das muss dann entweder irgendwie ganz schnell und billig „repariert“ oder weggeschmissen werden. Ex & Hopp.

Toll!
 
Wichtig ist ja die Flugsicherheit auch bei einem neuen Flugzeug 737 max. Laut Aussagen der Firma Boeing ist aber die Sicherheit nicht gefährdet. Ob man das glauben kann und darf !! ??
Boing wird nie die ganze Wahrheit herauslassen alleine wegen der evt. Folgeansprüche der verunglückten Passagiere.
Ich als Modellflieger kann nur bestätigen, dass beim Windenhochstart unserer Segler die Dosierung beim Windenstart wichtig ist, genauso wie bei bemannten Windenstarts. Die Strömung reisst ab, wenn zu wenig Druck oder zu viel drauf ist da muss man dann mit dem Höhenruder/Seite dagegenhalten.
Obwohl bei einem Passagierflugzeug der Schub natürlich anders ist irgendwie ist es doch etwas vergleichbar.

Gruss Werner
 
Ich als Modellflieger kann nur bestätigen, dass beim Windenhochstart unserer Segler die Dosierung beim Windenstart wichtig ist, genauso wie bei bemannten Windenstarts. Die Strömung reisst ab, wenn zu wenig Druck oder zu viel drauf ist da muss man dann mit dem Höhenruder/Seite dagegenhalten.

Fun Fact: Echte Segelflugzeuge funktionieren wie jedes Modell. Wenn man beispielsweise eine ASK-21 richtig ausgetrimmt hat, dann macht sie einen perfekten Windenstart ohne jede Steuerbewegung - wie ein Freiflugmodell. Immer sehr eindrucksvoll für den Flugschüler...
 

BZFrank

User
Das ist ja der Grund für MCAS. Die Vorgaben für ein Verkehrsflugzeug sind so, dass es ausgetrimmt seinen jeweiligen normalen Flugzustand auch ohne Autopilot beibehalten sollte. Es darf also nicht von selbst die Nase hochnehmen, in Flugzustände geraten die kritisch sein können. Schon immer hat die 737 (und jeder andere Jet mit Triebwerken unter der Rumpfmittellinie) die Nase bei Schuberhöhung gehoben. Nur war das bisher immer ein leicht austrimmbarer, gleichbleibender Effekt.

Die neue Triebwerksauslegung der MAX Reihe erzeugt aber u.U. ein variables Pitch-Up-Moment, abhängig von Flughöhe, Anstellwinkel und Schubvorgabe. Diese "Instabilität" forderte ein aktives System, welches dagegen arbeitet und den für den Piloten bisheriger 737 "Normalzustand" wieder herstellt. Damit wurde auch geworben: Keine/nur minimale Neuschulung bisheriger 737 Piloten notwendig. Ein Kostenfaktor.
 

Eci

User
Das ist ja der Grund für MCAS. Die Vorgaben für ein Verkehrsflugzeug sind so, dass es ausgetrimmt seinen jeweiligen normalen Flugzustand auch ohne Autopilot beibehalten sollte. Es darf also nicht von selbst die Nase hochnehmen, in Flugzustände geraten die kritisch sein können. Schon immer hat die 737 (und jeder andere Jet mit Triebwerken unter der Rumpfmittellinie) die Nase bei Schuberhöhung gehoben. Nur war das bisher immer ein leicht austrimmbarer, gleichbleibender Effekt...

Bei der 737MAX kommt nun eben ein aerodynamischer Effekt hinzu, dass nämlich beim Flug mit etwas erhöhtem Anstellwinkel die von unten angeströmten großen und weit vorne liegenden Triebwerksgondeln Auftrieb erzeugen und so die Flugzeugnase nach oben drücken. Mit weiter zunehmendem Anstellwinkel verstärkt sich dieser Effekt, sodass es ohne Gegensteuern zum Stall kommt.
Die MAX ist aerodynamisch instabil, was nicht weiter verwundert, da ist es sich um die dritte Neuauflage eines Grundentwurfs aus den 1960er Jahren handelt. Irgendwann passt alles nicht mehr zusammen...
 

Hans Schelshorn

Moderator
Teammitglied
Das ist ja der Grund für MCAS. Die Vorgaben für ein Verkehrsflugzeug sind so, dass es ausgetrimmt seinen jeweiligen normalen Flugzustand auch ohne Autopilot beibehalten sollte.
...

Und ich dachte, moderne Verkehrsflugzeuge wären auch schon instabil ausgelegt, wie die neuesten Kampfflugzeuge. Wird bei zivilen Maschinen wegen des Spritsparens so gemacht. Die können nicht mehr ohne Computer fliegen. Dazu fehlt ihnen auch die mechanische Steuerung, es gibt nur noch computergenerierte Steuerbefehle. Arbeitet die Trimmung noch mechanisch?

Servus
Hans
 

HPR40

User
Bei der 737MAX kommt nun eben ein aerodynamischer Effekt hinzu, dass nämlich beim Flug mit etwas erhöhtem Anstellwinkel die von unten angeströmten großen und weit vorne liegenden Triebwerksgondeln Auftrieb erzeugen und so die Flugzeugnase nach oben drücken.

Ich tipp mal eher auf Vortex Generatoren die den Flügel zieren werden.

Die Zeitung schrieb unter Berufung auf zwei mit der FAA-Untersuchung vertraute Quellen, dass das Problem als entscheidend für die Flugsicherheit eingestuft werde. Boeing bezeichnete es indes als "relativ geringfügige Angelegenheit", die der Konzern zusammen mit dem MCAS-Update beheben werde. "Wir haben bereits eine Lösung dafür in Arbeit",

Quelle:
https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-04/flugzeugabstuerze-boeing-737-max-softwareprobleme
 
Und ich dachte, moderne Verkehrsflugzeuge wären auch schon instabil ausgelegt [...] Die können nicht mehr ohne Computer fliegen.
Man kann es bestimmt nicht 1:1 übertragen, aber wenn man sich anschaut das Modellbauer angeblich ohne Computer unfliegbares Fliegzeugs dann doch fliegen; dann fragt man sich als Laie irgendwo, wie das bei diesen ach so instabilen Konstruktionen trotzdem funktioniert. (Kopfkratz.)

es gibt nur noch computergenerierte Steuerbefehle. Arbeitet die Trimmung noch mechanisch?
Komische Frage Hans. Servos sind ja bekanntermaßen der Übergang von elektrisch zu mechanisch. Also ist die Trimmung letztlich Mechanisch.
 

UweHD

User
...Arbeitet die Trimmung noch mechanisch?...
Die Trimmung wirkt über eine Spindel direkt auf die gesamte Höhenflosse. Die Spindel wird dabei sicherlich nicht direkt vom Piloten, sondern elektrisch oder hydraulisch bewegt.

Hier sieht man gut, welchen Verstellweg das z.B. beim A320 hat:
(Quelle: Wikipedia)

1280px-Estabilizador_horizontal-Airbus_A320.jpg
 
ist eigentlich jemandem die "negative" profilierung des hlw aufgefallen???;)
 

SUCHER

User
Guten Morgen
In der F.A.S. stand ein Artikel aus dem ich hier frei zitieren möchte.
Durch die Verwendung der neuen Triebwerke waren die Ingenieure vor fast unlösbare Probleme gestellt.Normalerweise tragen Triebwerke nicht zum Auftrieb bei.Durch die Verlegung nach vorne entsteht bei einem Anstellwinkel von ab 14° aber ein Auftrieb.Dieser Auftrieb muss kompensiert werden.Dazu die Elektronic.Um Kosten zu sparen,und eine Nachschulung der Piloten,wurde das System in den Handbüchern nicht erwähnt.Die Piloten waren also vollkommen ahnungslos.
Bei der zweiten in Äthiopien abgestürzten Maschine soll der Anstellwinkel auf 20° gestanden haben.
Gruss Günther
 

Eci

User
Bei der zweiten in Äthiopien abgestürzten Maschine soll der Anstellwinkel auf 20° gestanden haben.

Welcher Anstellwinkel?
Das HLW lässt sich zwischen -4,2° (nose down) und +12,9° (nose up) trimmen.

Der linke AoA Sensor zeigte (fälschlich) einen Anstellwinkel des Flugzeugs von +74° an. Das löste den verhängnisvollen nose-down-trim des MCAS aus.
 
Aus Gründen der Flugstabilität werden Verkehrsflugzeuge immer etwas kopflastig geflogen. Das HLW muss also Abtrieb (negativen Auftrieb) erzeugen.
Aha. Daher wohl auch der wenig negative aber eher reichlich positive Weg.

Das HLW lässt sich zwischen -4,2° (nose down) und +12,9° (nose up) trimmen.

Der linke AoA Sensor zeigte (fälschlich) einen Anstellwinkel des Flugzeugs von +74° an. Das löste den verhängnisvollen nose-down-trim des MCAS aus.

Komisch. Mehr als diese -4,2° gehen doch schon rein mechanisch nicht. Da hätten +12,9° eigentlich reichen müssen um die Maschine waagerecht zu bekommen. Gesetz dem Fall das +/- 0° (wie auf dem Foto) der Normal, sprich, Flugzustand ist.
Also selbst dann, wenn das MCAS -4,2° einstellt und beibehält.
Es sei denn, dass das MCAS aktiv verhindert das die Piloten dem dauerhaft entgegen steuern können. Aber das wäre ja Irre. Damit gäbe es gar keine manuelle Steuerung mehr.

Ja ich weiß auch, das die Airliner Piloten heutzutage nur noch in einem gewissen Rahmen selbst steuern dürfen. Die „Rolle“, der „Looping“ sind unmöglich, nicht mal ansatzweise...

Aber +74° sind derartig absurd dass das Computer Trio das als Fehler hätten erkennen müssen. Zumal wenn das nur ein Sensor meldet, derweil alle anderen Sensoren andere, gleiche und auch noch plausible Werte melden.
Denn auch das Computer Trio kann keine Rolle oder Looping einleiten. Auch dort sind Grenzen gesetzt.

Diese Grenzen können nur von speziell geschulten (Test) Piloten abgeschaltet werden.
Dann fliegt der Flieger total Manual.
 

UweHD

User
...Es sei denn, dass das MCAS aktiv verhindert das die Piloten dem dauerhaft entgegen steuern können. Aber das wäre ja Irre. Damit gäbe es gar keine manuelle Steuerung mehr. ...
Ich denke du missverstehst da was.
Das MCAS verstellt über die Trimmspindel die gesamte Leitwerksflosse (siehe auch mein Foto weiter oben). Im Fall der abgestürzten Maschinen konnte MCAS offenbar die Flosse bis an den Anschlag auf "tief" trimmen, zumindest war die Position der Spindelmutter am Wrack dementsprechend.
Der Pilot kann natürlich jederzeit mit dem Stick dagegensteuern, aber er steuert lediglich das vergleichsweise kleine Höhenruder - und verstellt nicht die komplette Höhenflosse.

Im Prinzip musst du dir das vorstellen, als ob du mit einem Flugzeug unterwegs bist, das mehrere Grad negative EWD fest eingestellt hat. Viel Spaß beim Gegensteuern!
 
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