…oder doch nicht?
von Mirko Krämer.
von Mirko Krämer.
Vor einiger Zeit hatte ich den Sommerwind von Robert Schweißgut gebaut und geflogen. Das ist ein toller Bausatz und das Modell flog auch super. Aus reiner Neugier und auch, um für härtere Wetterlagen und Fluggelände besser gerüstet zu sein, hatte ich mir die Styroflächen für dieses Modell gekauft, jedoch nie fertig gestellt.
Der original Sommerwind, ein wirklich schönes Modell und ein zufriedener Pilot.
Der Sommerwind fliegt inzwischen in anderen Gefilden. Aber die Zweitflächen lagen immer noch auf dem Dachboden. Deren Wiederentdeckung brachte mich auf den Gedanken, sie doch endlich mal ihrem Bestimmungszweck zuzuführen.
Der Dachbodenfund
Einer meiner Vereinskameraden ist ebenfalls ein großer Fan der Schweißgut-Modelle und wir sind darüber immer mal wieder im Austausch. Bei ihm konnte ich einen der gedruckten Rümpfe in Augenschein nehmen, über die hier im Forum schon so viel und durchaus sehr kontrovers diskutiert wurde. Die tatsächliche Besichtigung hat mich bestärkt, die Flächen mit einem gedruckten Kunststoffrumpf zu einem (dann wieder) vollständigen Nurflügel zu ergänzen.
Da beide Baugruppen als "Zubehör" für den Sommerwind angeboten werden, gemeinsam aber durchaus ein komplett neues Modell ergeben, bin ich gerade nicht sicher, wie ich dieses Gebilde dann nennen sollte. Ich nenne ihn einfach "Sommerwind NG" (next generation). Der Name ist aber auch nicht so wichtig. Entscheidender ist das Ergebnis.
Bei den Flächen wusste ich schon länger, dass deren Qualität keinen Anlass zur Kritik gibt. Das sind sehr schön gefertigte Teile, die in kurzer Zeit einsatzfähig gemacht werden können. Darüber einen Baubericht schreiben zu wollen, ist echt übertrieben. Ich habe die Nasenleisten und Randbögen angeklebt, verschliffen, etwas verspachtelt, die Servos eingebaut und fertig...
Servoeinbau, ganz einfach und funktionell
Spannender war für mich, wie sich die gedruckten Teile zu einem Rumpf fügen würden und ob das alles mit den Flächen richtig zusammenpasst. Schon das lose Zusammenstecken der Teile lässt erahnen, dass die Zahl der Flüche minimal bleiben wird. Mit anderen Worten: Es passt einfach alles perfekt und ohne Nacharbeiten zusammen. Basta. Es ist also müßig, einen großen Montagebericht zu schreiben.
Ein erstes Zusammenstecken vor der Werkstatt.
Solche Spaltmaße machen zufrieden.
Ein paar Worte möchte ich trotzdem dazu verlieren. Denn was Robert Schweißgut hier liefert, ist das, was ich von einem guten Bausatz erwarte. Ich denke, da gibt es kaum etwas, was besser gemacht werden könnte. Die Materialien sind qualitativ hochwertig. Nicht nur für den Rumpf, auch für die Flächen gibt es jeweils eine vernünftig geschriebene Bauanleitung, die diesen Namen auch verdient. Die Ausführungen zum Einfliegen sind so klar und umfangreich, dass nichts mehr daneben gehen kann, wenn man nicht meint, es besser zu wissen und die Hinweise ignoriert. Das ist meines Erachtens nämlich der Hauptgrund, dass es Leute gibt, die mit diesen Flügeln nicht klarkommen oder über massive Schwierigkeiten berichten. Meine Meinung ist hier ganz deutlich: Das Problem steht unten am Sender. Das kannl nur selten jemand zugeben.
Aber da war ja der Rumpf aus dem Drucker, der schon so viel bemängelt wurde. Meist aber von denen, die noch nie einen hatten. Wenn man dieses Teil kritisieren möchte, dann vielleicht wegen des Gewichts. Schwer ist er wirklich, zumindest deutlich schwerer, als der Holzrumpf. Die Oberfläche ist natürlich nicht mit einem GfK-Teil zu vergleichen, glatt ist schon anders...
Zwei Kohleprofile verstärken die lange Rumpfnase.
Ob sich das Mehrgewicht negativ auswirkt, muss die Flugerprobung zeigen. Der Flügel soll ja auch bei schwierigen Wetterlagen (sprich: viel Wind) zum Einsatz kommen. Dann schadet etwas mehr Masse selten. Was die Oberfläche angeht, da kommt man wohl beim derzeitigen Stand der Technik nicht vorbei und muss eben den Kompromiss eingehen bzw. das Modell eher aus angemessener Entfernung betrachten. Wobei die Rumpfform wirklich super schön und die Linienführung sehr elegant ist. Das mit einem Holzrumpf so darzustellen, bedarf schon einiges an Aufwand und Können. Die Bespannung wäre noch mal ein weiteres Thema.
Kabinenhaube von unten, formstabil und leicht.
Die Teile des Rumpfes habe ich mit Harz zusammengefügt, mit Grundierung und Lackfarbe aus der Dose behandelt und dann ohne jede weitere Anpassung mit den Flächen verheiratet. Echt irre, dass die Steckungen komplett ohne Korrekturen passen. Wenn man die Magnete richtig einklebt, macht es beim Zusammenschieben der Flächen "Klack" und sie liegen satt am Rumpf an. So macht das Spaß. Gleiches gilt für die Kabinenhaube. Diese wird aus drei Teilen zusammengesetzt, vorne mit einem Stahldraht und hinten mit einem Magnet ergänzt und dann einfach mit besagtem "Klack" auf den Rumpf gesetzt. Bei aller Liebe zum Holzmodellbau, das macht schon Spaß.
Das einzige Stück klassischen Holzmodellbaus bei diesem Modell.
Das Seitenleitwerk ist identisch zur "Vollholzversion". Da darf sich der geneigte Modellbauer noch für eine gute Stunde in sowas ähnlichem wie klassischem Holzmodellbau üben. Auch hier ist die Passung zum Rumpf perfekt. Ich habe die vorgesehenen Magnete einfach weg gelassen, weil sich dieses Leitwerk nicht von allein aus dem Rumpf verabschieden kann. Mit anderen Worten: Es sitzt so stramm, dass beim Hineinschieben große Vorsicht geboten ist, um es nicht zu zerstören. Klar, mit ein paar Streicheleinheiten mittels Schleifklotz kann das schnell sehr leichtgängig gemacht werden. Aber warum?
Der Flächenanschluss, alles ist ohne Anpassungsarbeiten eingeklebt und es passt perfekt.
Um den Innenausbau des Rumpfs zu vollenden, ist es sinnvoll, das Leitwerk und die Flächen zu bespannen und betriebsfertig zu machen. Dann kann der Antrieb installiert werden und das Modell auf der Schwerpunktwaage ausbalanciert werden. Dazu schiebt man den Akku und Empfänger so zurecht, dass es möglichst perfekt passt. Bei mir kam der Empfänger nach hinten in den Rumpf, so weit es halt ging. Den Akku habe ich ebenfalls bis zum mechanischen Anschlag nach hinten geschoben, er liegt jetzt zwischen den Flächen. So passte bei mir der Schwerpunkt mit elektronisch gemessenen 47,5 mm (Sollwert: 48 mm). Auf ein Akkubrett habe ich verzichtet, da der Akku stramm genug eingeklemmt ist und sich nicht bewegen kann.
Wirklich genau wird es mit der elektronischen Schwerpunktwaage.
So sieht es jetzt im Rumpf aus, so passt der Schwerpunkt.
Ich bügele sehr gern am Küchentisch, da ist der Nachschub mit Kaffee einfacher...
Ich mag einfache Designs.
Am Ende des Berichts überlege ich noch immer, wie ich diesen Hybriden nun nennen soll. Ein richtiger Sommerwind ist es ja nicht. Also doch "Sommerwind NG"? Oder was ganz anderes? Ach was. Namen sind doch Schall und Rauch! Entscheidend ist, ob das Modell vernünftig fliegt. Und das macht es durchaus. Die Baugruppen lassen sich ohne Probleme zu einem Flugzeug zusammenfügen. Dafür braucht man weder besonders viel Zeit noch irgendwelche speziellen Fähigkeiten. Auch wenn Robert Schweißgut hier von seiner üblichen Linie, tolle Modelle ganz aus Holz zu konstruieren, ziemlich weit abweicht, entsteht doch ein cooler Flügel. Baufehler sind kaum möglich. Selbst wer dem Konstrukteur blind vertraut, kommt garantiert zum Erfolg.
Bereit zum Erstflug im Winter.
Leider lagen die Bauteile sehr lange in meiner Werkstatt, bis sie endlich zum fertigen Modell mutierten. Aus heutiger Sicht sollte ich mich selbst tadeln, nicht viel eher mit dem finalen Bau begonnen zu haben. So durfte ich mich zum wiederholten Male mit der großen Freude beglücken, mitten im Winter bei Schietwetter einen Erstflug zu machen. Das kriege ich irgendwie immer wieder perfekt hin.
Ich finde das Teil sehr elegant.
Eigentlich war beim Erstflug gar kein echtes Schietwetter. Es war halt nur sehr kalt, bedeckt und der Wind kam mit 10 km/h längs zur Bahn, sodass ich das Modell mit halber Leistung locker aus der Hand starten konnte. Sofort war das berühmte breite Grinsen im Gesicht. Der Flügel flog einfach geradeaus, ohne geringste Faxen zu machen. Mit voller Leistung stieg er sehr schön, ohne sich an der Latte aufzuhängen. Der anschließende Gleitflug ist echt pure Entspannung. Die Ruder wirken direkt aber nicht nervös. Die Geschwindigkeit ist natürlich etwas höher als beim original Sommerwind, ist aber auch nicht rennverdächtig. Das passt gut und sollte vor allem bei mehr Wind dafür sorgen, dass der Flügel nicht in der Luft parkt.
Ich will jetzt auch nicht alle Details des Einfliegens breittreten. Das wäre tatsächlich langweilig. Das Ding ist schlicht unkompliziert und gutmütig. Um es noch einmal ganz klar und deutlich zu schreiben: Ich habe die Vorgaben für den Schwerpunkt, die Ruderstellung und die Ausschläge so übernommen, wie Robert Schweißgut es vorgibt. Das passt perfekt!
Ein mehr als zufriedener Pilot.
So zeigt sich die Silouette im winterlichen Himmel.
Ein Flügel kommt zur Landung...
...und gleitet und gleitet und gleitet...
Fazit
Wer auf schwanzlosem Fliegzeugs steht, findet bei Robert Schweißgut noch immer tolle und vor allem voll alltagstaugliche Nurflügel. Die sind nicht auf Höchstleistung getrimmt und genau deshalb für mich so attraktiv. Auch wenn das ein ziemlich überschaubares Projekt war, hat es mir doch wieder richtig Spaß gemacht. Es muss also gar nicht immer groß, teuer und schnell sein oder vier Jahre bis zur Fertigstellung dauern. Es reichen auch zwei Servos, ein kleiner Antrieb, ein Flügel mit etwas Rumpf und fertig ist des Modellbauers Glück.
Technische Daten: SOMMERWIND NG | Einheit | |
---|---|---|
Spannweite | cm | 210 |
Länge | | |
Rumpf mit Spinner | cm | 71 |
Rumpf mit SLW | cm | 82 |
Gewicht | g | 1230 |
Weitere Angaben | ||
Motor | Joker 2834-8.5, 980 KV | |
Propeller | Aeronaut 11 x 6 | |
Spinner | mm | Ø 40 |
Regler | Skywing 40 A | |
Akku | Turnigy 3s, 2200 mAh | |
Empfänger | Graupner Hott, 6-Kanal |
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